Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Peter Dittmar
Rn. 186
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Nach § 91 Abs. 2 AktG ist der Vorstand einer AG, KGaA bzw. SE dazu verpflichtet, ein Risikofrüherkennungssystem einzurichten (in § 91 Abs. 2 AktG und § 317 Abs. 4 wird der Terminus "Überwachungssystem" sowie in § 321 Abs. 4 der Terminus "internes Überwachungssystem" verwendet). Der AP muss gemäß § 317 Abs. 4 bei börsennotierten AG, KGaA bzw. SE i. R.d. Prüfung beurteilen (dies gilt auch für Prüfungsverpflichtungen nach § 53 Abs. 1 HGrG oder bei freiwilligen Prüfungen), ob der Vorstand die ihm nach § 91 Abs. 2 AktG obliegenden Maßnahmen in geeigneter Form getroffen hat und das danach einzurichtende Überwachungssystem seine Aufgaben erfüllen kann, nämlich Risiken für eine Bestandsgefährdung früh zu erkennen. Zudem muss der AP gemäß § 321 Abs. 4 in seinem Prüfungsbericht auch darauf eingehen, ob Maßnahmen erforderlich sind, um das Überwachungssystem zu verbessern. Die Prüfungspflicht gilt allerdings nur bei börsennotierten AG, KGaA und SE. Für andere als die in § 317 Abs. 4 genannten UN existiert keine gesetzliche Vorschrift, die den AP explizit dazu verpflichtet, das Risikofrüherkennungssystem bei jeder AP zu prüfen (vgl. WP-HB (2023), Rn. O 20). Dies ist auch nicht möglich, da nicht alle UN verpflichtet sind, ein derartiges Überwachungssystem einzurichten. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist aber eine Ausstrahlungswirkung von § 91 AktG auf die GmbH und UN anderer Gesellschaftsformen gewünscht (vgl. BT-Drs. 13/9712, S. 15; Beck Bil-Komm. (2022), § 317 HGB, Rn. 111). Diese Ausstrahlungswirkung ist notwendig, weil alle prüfungspflichtigen KapG und auch PersG nach § 264a auf die Chancen und Risiken i. R.d. Lageberichterstattung eingehen müssen, was ohne ein Risikofrüherkennungssystem i. S. d. § 91 Abs. 2 AktG kaum zu leisten ist.
Rn. 187
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Das nach dem FISG vom Vorstand einer börsennotierten AG, KGaA bzw. SE verpflichtend einzurichtende IKS sowie Risikomanagementsystem nach § 91 Abs. 3 AktG ist kein gesonderter Prüfungsgegenstand des AP (vgl. Gros/Velte, DK 2021, S. 68 (73)). Anders als aus § 91 Abs. 2 AktG ergibt sich nämlich aus § 91 Abs. 3 AktG keine gesetzliche Erweiterung des Prüfungsauftrags.
Rn. 188
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Ein UN, dessen Risikofrüherkennungssystem nicht gemäß § 317 Abs. 4 vom AP geprüft werden muss, kann den Prüfungsauftrag aber um die Prüfung des Risikofrüherkennungssystems erweitern. Hierzu ist eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen UN und AP im Prüfungsauftrag zu treffen. Aus einer solchen Vereinbarung folgt, dass der AP das Risikofrüherkennungssystem in einem § 317 Abs. 4 entsprechenden Umfang zu prüfen hat (vgl. Bonner HGB-Komm. (2022), § 317, Rn. 154).