Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
Rn. 87
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
§ 318 Abs. 3 Satz 1 legt fest, welche Personen berechtigt sind, einen Antrag auf gerichtliche Ersetzung des AP zu stellen: Dies sind die gesetzl. Vertreter, der AR sowie die Gesellschafter. Voraussetzung für die Antragsberechtigung ist damit eine bestimmte Stellung im UN. Die in § 318 Abs. 3 Satz 1 geregelte Antragsberechtigung gilt für Ersetzungsanträge sowohl hinsichtlich des EA-Prüfers als auch hinsichtlich des KA-Prüfers. Bei einem Antrag auf Ersetzung des KA-Prüfers sind dabei nur die Gesellschaftsorgane sowie die Gesellschafter des MU antragsberechtigt, da § 318 Abs. 1 Satz 1 die Kompetenz zur Bestellung des KA-Prüfers generell dem MU zuordnet.
Rn. 88
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Als gesetzl. Vertreter sind bei der AG der Vorstand, bei der KGaA die persönlich haftenden Gesellschafter sowie bei der GmbH die Gf antragsberechtigt. Die Antragsberechtigung steht den gesetzl. Vertretern dabei nicht persönlich, sondern als Gesamtorgan zu. Die entspr. Gesellschaftsorgane müssen folglich einen wirksamen Beschluss über den Antrag fassen. Die dabei erforderlichen Mehrheitsverhältnisse bestimmen sich nach den gesetzl. oder gesellschaftsvertraglichen Regeln, die für die Geschäftsführung gelten. Die Antragsberechtigung der gesetzl. Vertreter als Organ hat zur Konsequenz, dass einzelnen Organmitgliedern kein Antragsrecht zusteht (vgl. ADS 1995, § 318, Rn. 324; Brönner 1970, § 163 AktG, Rn. 16; Zimmer 2002, § 318, Rn. 47). Dies gilt auch dann, wenn einzelne Organmitglieder allein oder gemeinsam über Vertretungsmacht verfügen.
Rn. 89
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Das Antragsrecht der gesetzl. Vertreter wird in bestimmten Fällen zu einer Antragspflicht. Duldet der Vorstand einer AG die Wahl eines AP, obwohl ihm bekannt wird, dass der AP die Prüfung nicht ordnungsgemäß durchführen kann, so muss der Vorstand die gerichtliche Ersetzung des AP beantragen. Anderenfalls verletzt er seine Sorgfaltspflicht nach § 93 AktG. Verzichtet der Vorstand in diesem Fall auf einen Ersetzungsantrag, so ist er schadensersatzpflichtig (vgl. Brönner 1970, § 163 AktG, Rn. 16). Die Pflicht zur Antragstellung gilt auch für die Gf einer GmbH (vgl. Lutter/Hommelhoff 2009, Anh. § 42 GmbHG, Rn. 26).
Rn. 90
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Der Antrag auf gerichtliche Ersetzung des AP kann ferner vom AR gestellt werden. Analog zum Antragsrecht des Vorstands ist auch der AR nur als Organ antragsberechtigt. Bei GmbH bzw. PersG sind fakultativ gebildete AR dann antragsberechtigt, wenn ihre Rechte und Pflichten i. W. denen entsprechen, die AR bei AG und KGaA gem. §§ 95 ff. AktG haben (vgl. Zimmer 2002, § 318, Rn. 47). Ein Antragsrecht des AR besteht daher nur dann, wenn dieser auch Überwachungsaufgaben hat (vgl. Lutter/Hommelhoff 2009, Anh. § 42 GmbHG, Rn. 26). AR bei GmbH oder PersG, die allein Beratungsaufgaben haben, sind mangels einer Strukturgleichheit zum aktienrechtlich vorgeschriebenen AR folglich nicht antragsberechtigt. Bei der Beurteilung, ob dem AR ein Antragsrecht zusteht, kommt es nicht darauf an, ob das zu beurteilende Gremium im Gesellschaftsvertrag als AR, Beirat, Verwaltungsrat oder anders bezeichnet ist (vgl. Zimmer 2002, § 318, Rn. 46). Entscheidend sind allein die ihm zugewiesenen Aufgaben.
Rn. 91
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Schließlich sind die Gesellschafter berechtigt, einen Antrag auf Ersetzung des AP zu stellen. Bei der GmbH steht dieses Recht jedem Gesellschafter zu; bei AG und KGaA setzt § 318 Abs. 3 Satz 1 voraus, dass die Anteile der den Antrag stellenden Aktionäre gemeinsam den zwanzigsten Teil des Grundkap. oder einen Börsenwert von 500.000 Euro erreichen. Diese Beschränkung des Antragsrechts auf eine qualifizierte Aktionärsminderheit soll das UN vor einem missbräuchlichen und mutwilligen Betreiben des Verfahrens schützen (vgl. BT-Drucks. 15/3419, S. 36). Für das Antragsrecht des § 318 Abs. 3 gelten die allgemeinen Grenzen des Rechtsmissbrauchs. Daher ist eine illoyale, grob eigennützige Rechtsausübung durch antragsberechtigte Aktionäre, die sich den Lästigkeitswert ihres Antrags abkaufen lassen wollen, unzulässig (vgl. Ebke 2008, § 318, Rn. 70). Bei der Berechnung der Anteilsquote kommt es entspr. dem Wortlaut der Regelung auf den Kap.-Anteil und nicht auf den Anteil an den Stimmrechten an. Bei der Berechnung der Anteilshöhe ist dem Wortlaut der Regelung folgend auf den Börsenwert abzustellen. Der Börsenwert einer börsennotierten AG, KGaA oder SE ergibt sich aus dem Produkt aus der Zahl der von den Aktionären, welche das Ersetzungsverfahren einleiten möchten, gehaltenen Aktien und dem Börsenkurs des UN für den Tag vor der Wahl des AP. Der Börsenkurs inländischer UN bestimmt sich gem. § 5 Abs. 3 WpÜGAngebV grds. nach dem nach Umsätzen gewichteten Durchschnittskurs der der BaFin nach § 9 WpHG börslich gemeldeten Geschäften. Für an ausländischen Finanzplätzen notierte UN, sind die Vorschriften des § 6 WpÜGAngebV zur Bestimmung des Börsenwerts anzuwenden (vgl. BT-Drucks. 15/3419, S. 36). Der Börsenwert ergibt sich g...