Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
Rn. 87
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
§ 318 Abs. 3 Satz 1 legt fest, welche Personen berechtigt sind, einen Antrag auf gerichtliche Ersetzung des AP zu stellen: Dies sind die gesetzlichen Vertreter, der AR/Verwaltungsrat sowie die Gesellschafter. Voraussetzung für die Antragsberechtigung ist damit eine bestimmte Stellung im UN. Die in § 318 Abs. 3 Satz 1 geregelte Antragsberechtigung gilt für Ersetzungsanträge sowohl hinsichtlich des JA-Prüfers als auch bezüglich des KA-Prüfers. Bei einem Antrag auf Ersetzung des KA-Prüfers sind dabei nur die Gesellschaftsorgane sowie die Gesellschafter des MU antragsberechtigt, da § 318 Abs. 1 Satz 1 die Kompetenz zur Bestellung des KA-Prüfers generell dem MU zuordnet.
Rn. 88
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Als gesetzliche Vertreter sind bei einer AG bzw. dualistisch strukturierten SE der Vorstand (im Falle eines monistischen SE-Systems: die geschäftsführenden Direktoren), bei einer KGaA die persönlich haftenden Gesellschafter sowie bei einer GmbH die Geschäftsführer antragsberechtigt. Die Antragsberechtigung steht den gesetzlichen Vertretern dabei nicht persönlich, sondern als Gesamtorgan zu. Die entsprechenden Gesellschaftsorgane müssen folglich einen wirksamen Beschluss über den Antrag fassen. Die dabei erforderlichen Mehrheitsverhältnisse bestimmen sich nach den gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Regeln, die für die Geschäftsführung gelten. Die Antragsberechtigung der gesetzlichen Vertreter als Organ hat zur Konsequenz, dass einzelnen Organmitgliedern kein Antragsrecht zusteht (vgl. ADS (2000), § 318, Rn. 324; Beck Bil-Komm. (2024), § 318 HGB, Rn. 80; Staub: HGB (2023), § 318, Rn. 76). Dies gilt auch dann, wenn einzelne Organmitglieder allein oder gemeinsam über Vertretungsmacht verfügen.
Rn. 89
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Das Antragsrecht der gesetzlichen Vertreter wird in bestimmten Fällen zu einer Antragspflicht. Duldet der Vorstand einer AG bzw. dualistisch strukturierten SE die Wahl eines AP, obwohl ihm bekannt wird, dass der AP die Prüfung nicht ordnungsgemäß durchführen kann, so muss er die gerichtliche Ersetzung des AP beantragen (analog für eine KGaA bzw. monistisch strukturierte SE). Anderenfalls verletzt er seine Sorgfaltspflicht nach § 93 AktG. Verzichtet der Vorstand in diesem Fall auf einen Ersetzungsantrag, so ist er schadensersatzpflichtig (vgl. KK-AktG (2011), § 318 HGB, Rn. 35; Staub: HGB (2023), § 318, Rn. 76). Die Pflicht zur Antragstellung gilt auch für die Geschäftsführer einer GmbH (vgl. MünchKomm. HGB (2024), § 318, Rn. 90; Staub: HGB (2023), § 318, Rn. 76).
Rn. 90
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Der Antrag auf gerichtliche Ersetzung des AP kann ferner vom AR/Verwaltungsrat gestellt werden. Analog zum Antragsrecht des Vorstands (bei KGaA: der persönlich haftenden Gesellschafter; bei monistisch strukturierten SE: der geschäftsführenden Direktoren) ist auch der AR/Verwaltungsrat nur als Organ antragsberechtigt. Bei GmbH bzw. PersG i. S. d. § 264a Abs. 1 sind fakultativ gebildete AR dann antragsberechtigt, wenn ihre Rechte und Pflichten i.W. denen entsprechen, die AR/Verwaltungsräte bei AG, KGaA und SE gemäß der §§ 95ff. AktG bzw. § 20ff. SEAG haben (vgl. Staub: HGB (2023), § 318, Rn. 77). Ein Antragsrecht des AR/Verwaltungsrat besteht daher nur dann, wenn dieser auch Überwachungsaufgaben hat (vgl. Bonner HGB-Komm. (2022), § 318, Rn. 120). AR bei GmbH oder PersG i. S. d. § 264a Abs. 1, die allein Beratungsaufgaben haben, sind mangels einer Strukturgleichheit zum aktienrechtlich vorgeschriebenen AR folglich nicht antragsberechtigt. Bei der Beurteilung, ob dem AR ein Antragsrecht zusteht, kommt es nicht darauf an, ob das zu beurteilende Gremium im Gesellschaftsvertrag als AR, Beirat, Verwaltungsrat oder anders bezeichnet ist (vgl. Staub: HGB (2023), § 318, Rn. 77). Entscheidend sind allein die ihm zugewiesenen Aufgaben.
Rn. 91
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Schließlich sind die Gesellschafter berechtigt, einen Antrag auf Ersetzung des AP zu stellen. Bei einer GmbH steht dieses Recht jedem Gesellschafter zu; bei AG, KGaA und SE setzt § 318 Abs. 3 Satz 1 voraus, dass die Anteile der den Antrag stellenden Aktionäre gemeinsam den zwanzigsten Teil der Stimmrechte oder des gezeichneten Kap. bzw. einen Börsenwert von 500.000 EUR erreichen. Diese Beschränkung des Antragsrechts auf eine qualifizierte Aktionärsminderheit soll betreffendes UN vor einem missbräuchlichen und mutwilligen Betreiben des Verfahrens schützen (vgl. BT-Drs. 15/3419, S. 36). Das Antragsrecht der Aktionäre, die gemeinsam den zwanzigsten Teil der Stimmrechte erreichen, wurde im Zuge des AReG ergänzt (vgl. BT-Drs. 18/7219, S. 7f., 39f.). Zudem wurde mit dem FISG auf das gezeichnete Kap. anstelle des Grundkap. verwiesen, um die Anwendung der Vorschrift auf andere Rechtsformen zu erleichtern (vgl. BT-Drs. 19/26966, S. 27, 101). Für das Antragsrecht des § 318 Abs. 3 gelten die allg. Grenzen des Rechtsmissbrauchs. Daher ist eine illoyale, grob eigennützige Rechtsausübung durch antragsberechtigte Aktionäre, die sic...