Prof. Dr. Christoph Hütten, Prof. Dr. Peter C. Lorson
Rn. 7
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
§ 265 Abs. 1 Satz 1 verlangt, die "Form der Darstellung, insbesondere die Gliederung der aufeinander folgenden Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen [...] beizubehalten". Dabei verdeutlicht das Wort "insbesondere", dass der Verweis auf die Bilanz- und GuV-Gliederung nur exemplarisch und somit keine umfängliche Aufzählung dessen ist, was der Gesetzgeber unter der Form der Darstellung versteht. Damit enthält § 265 Abs. 1 keinerlei Einschränkung des Geltungsbereichs, was wiederum vor dem Hintergrund der Ausführungen unter HdR-E, HGB § 265, Rn. 4, zur Anwendbarkeit auf den gesamten JA und Lagebericht führt (vgl. mit a. A. noch HdR-E (1995), HGB § 265, Rn. 7).
Rn. 8
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Die Pflicht zur Beibehaltung der in der letztjährigen RL gewählten Darstellungsform bezieht sich auf alle Aspekte der Darstellung, bezüglich derer das berichtende UN über Wahlrechte oder Spielräume verfügt. Derartige Freiräume bestehen hinsichtlich der
1. Gliederungsstetigkeit
Rn. 9
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Die Pflicht zur Gliederungsstetigkeit als Unterform der in § 265 Abs. 1 kodifizierten Darstellungsstetigkeit bedeutet, dass das berichtende UN bezüglich der folgenden Wahlrechte und Spielräume grds. an diejenige Entscheidung gebunden ist, die für den vorhergehenden JA getroffen wurde:
- Wahl des primären Gliederungsformats bei Existenz mehrerer Geschäftszweige (vgl. § 265 Abs. 4; HdR-E, HGB § 265, Rn. 57ff.);
- weitergehende Untergliederung von Bilanz- und GuV-Posten (vgl. § 265 Abs. 5; HdR-E, HGB § 265, Rn. 65ff.);
- Hinzufügung neuer Posten und Zwischensummen in der Bilanz oder GuV (vgl. § 265 Abs. 5; HdR-E, HGB § 265, Rn. 74ff.);
- Zusammenfassung von Bilanz- und GuV-Posten wegen unwesentlicher Beträge oder zur Vergrößerung der Klarheit (vgl. § 265 Abs. 7; HdR-E, HGB § 265, Rn. 108ff.);
- Beschränkung der Bilanzgliederung von a) kleinen UN auf die mit Buchstaben und römischen Ziffern bezeichneten Posten (vgl. § 266 Abs. 1 Satz 3) bzw. b) Kleinst-KapG auf die mit Buchstaben bezeichneten Posten (vgl. § 266 Abs. 1 Satz 4);
- Darstellung der Bilanz vor, nach teilweiser oder vollständiger Verwendung des Jahresergebnisses (vgl. § 268 Abs. 1);
- Entscheidung zwischen GKV und UKV (vgl. § 275 Abs. 1);
- Zusammenfassung der Posten § 275 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 bzw. Abs. 3 Nr. 1 bis 3 und 6 der GuV kleiner und mittelgroßer UN zum Posten "Rohergebnis" (vgl. § 276);
- Platzierung von Posten, die sich aus Einzelvorschriften ergeben und deren Position im Gliederungsschema der Bilanz bzw. GuV nicht geregelt ist.
Rn. 10
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Weder für den Anhang noch den Lagebericht bestehen Gliederungsvorschriften. Trotzdem weisen beide eine Struktur auf, die sich insbesondere in der Reihenfolge der Themen bzw. Einzelangaben manifestiert. Auch für diese Strukturen gilt das Stetigkeitserfordernis des § 265. Eine einmal gewählte Gliederung des Anhangs bzw. Lageberichts ist damit beizubehalten (vgl. nur bezüglich des Anhangs zustimmend ADS (1997), § 265, Rn. 13f.), sofern nicht die Ausnahmeregel des § 265 Abs. 1 Satz 1 greift (vgl. hierzu HdR-E, HGB § 265, Rn. 17ff.). Eine solche Ausnahme kann durch neue gesetzliche Vorschriften begründet werden (vgl. HdR-E, HGB, § 265 Rn. 19), wie etwa die Pflicht zur Abgabe einer nichtfinanziellen (Konzern-)Erklärung gemäß § 289b (vgl. HdR-E, HGB, §§ 289, 289a–f, Rn. 213ff.) bzw. § 315b.
2. Postenstetigkeit
Rn. 11
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Die Postenstetigkeit verlangt eine Identität der Zuordnung von gleichartigen Geschäftsvorfällen zu den einzelnen in Bilanz, GuV und Anhang dargestellten Posten im Zeitablauf, um auf diesem Weg für eine Vergleichbarkeit der Einzelposten in aufeinander folgenden JA zu sorgen. Sie bezieht sich damit zunächst auf die im Gesetz angeführten Wahlrechte und Spielräume, die Einfluss darauf haben, was unter einem bestimmten Einzelposten der Bilanz oder GuV erfasst wird:
- Zuordnung von VG oder Schulden bei Zugehörigkeit zu mehreren Bilanzposten (vgl. § 265 Abs. 3);
- Zuordnung von Pensionsverpflichtungen tilgendem insolvenzfestem Deckungsvermögen (vgl. § 246 Abs. 2 Satz 2f.);
- gesonderter Ausweis von Anzahlungen oder Absetzung von dem Posten "Vorräte" (vgl. § 268 Abs. 5 Satz 2);
- saldierter bzw. unsaldierter Ausweis von aktiven latenten Steuern (vgl. § 274).
Rn. 12
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Außerdem zwingt die Postenstetigkeit auch zur im Zeitablauf unveränderten Zuordnung von solchen VG, Schulden, Aufwendungen und Erträgen, die nicht eindeutig einem bestimmten Posten zuzurechnen sind (vgl. so auch ADS (1997), § 265, Rn. 15). Dies gilt bspw. für die Abgrenzung zwischen
- UE und sonstigen betrieblichen Erträgen;
- Material- und Personalaufwand sowie sonstigen betrieblic...