Rn. 8
Stand: EL 28 – ET: 05/2019
Bei der Verwendungsmöglichkeit der in die gesetzliche Rücklage eingestellten Beträge ist zu unterscheiden, ob die gesetzliche Rücklage und die Kap.-Rücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 10 % (oder den höheren Betrag der Satzung) nicht übersteigen (vgl. § 150 Abs. 3 AktG) oder aber übersteigen (vgl. § 150 Abs. 4 AktG). Während Abs. 3 sich auf den gesamten Bestand bezieht, gelten die Vorschriften nach Abs. 4 lediglich für den die 10 %ige Obergrenze (oder satzungsmäßig höhere Obergrenze) übersteigenden Betrag.
Rn. 9
Stand: EL 28 – ET: 05/2019
Durch diese Verwendungsbeschränkung soll sichergestellt werden, dass das neben dem Grundkap. gebildete – im sog. gesetzlichen Reservefonds gebundene – Kap. nur in Notfällen aufgelöst und nicht als Gewinn ausgeschüttet wird (vgl. AktG-GroßKomm. (2006), § 150, Rn. 34, m. w. N.).
1. Mindestbetrag (§ 150 Abs. 3 AktG)
Rn. 10
Stand: EL 28 – ET: 05/2019
Übersteigt der gesetzliche Reservefonds den gesetzlichen oder satzungsmäßigen Mindestbetrag nicht, so darf dieser nur zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrags (vgl. § 150 Abs. 3 Nr. 1 AktG) oder eines Verlustvortrags (vgl. § 150 Abs. 3 Nr. 2 AktG) verwendet werden, soweit diese nicht durch einen Gewinnvortrag bzw. einen Jahresüberschuss oder durch andere Gewinnrücklagen ausgeglichen werden können. Ein Ausgleich durch Gewinnrücklagen kommt auch dann in Betracht, wenn diese zweckgebunden sind und einer gesetzlichen Bindung unterliegen (vgl. AktG-GroßKomm. (2006), § 150, Rn. 38; KK-AktG (2015), § 150, Rn. 31); dies gilt nicht für die Rücklage für eigene Anteile gemäß § 272 Abs. 4 Satz 2 (vgl. ebenso ADS (1995), § 150 AktG, Rn. 44; AktG-GroßKomm. (2006), § 150, Rn. 39; Hüffer-AktG (2018), § 150, Rn. 9). Etwaige SoPo (vgl. §§ 247 Abs. 3, 273 (a. F.)) qualifizieren sich nicht als Rücklagen und sind insoweit auch nicht aufzulösen (vgl. auch KK-AktG (2015), § 150, Rn. 32).
2. Übersteigender Betrag (§ 150 Abs. 4 AktG)
Rn. 11
Stand: EL 28 – ET: 05/2019
Übersteigen die gesetzliche Rücklage und die Kap.-Rücklage (gesetzlicher Reservefonds) zusammen den zehnten oder den in der Satzung bestimmten höheren Teil des Grundkap., so kann der Mehrbetrag ebenfalls zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrags (vgl. § 150 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AktG) und eines Verlustvortrags aus dem VJ verwendet werden (vgl. § 150 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AktG), soweit diese nicht durch einen Gewinnvortrag bzw. einen Jahresüberschuss ausgeglichen werden können. Im Unterschied zu den Fällen des § 150 Abs. 3 AktG wird hier eine vorrangige Auflösung anderer Gewinnrücklagen nicht gefordert; parallel wird aber die gleichzeitige Auflösung der nicht in Anspruch genommenen anderen Gewinnrücklagen zum Zweck der Gewinnausschüttung untersagt (vgl. § 150 Abs. 4 Satz 2 AktG). Zusätzlich kann gemäß § 150 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 AktG der übersteigende Betrag auch zur Kap.-Erhöhung aus Gesellschaftsmitteln (vgl. §§ 207ff. AktG) genutzt werden.
3. Reihenfolge der Auflösung des Reservefonds
Rn. 12
Stand: EL 28 – ET: 05/2019
Das Gesetz bestimmt in § 150 Abs. 3 und 4 AktG nicht, wie die zu entnehmenden Beträge auf die gesetzliche Rücklage und die Kap.-Rücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 (Reservefonds) zu verteilen sind. Nach wohl überwiegender und zutreffender Ansicht muss zunächst die gesetzliche Rücklage und dann erst die Kap.-Rücklage aufgelöst werden, da die gesetzliche Rücklage aus Jahresüberschüssen stammt und daher vorrangig mit Jahresfehlbeträgen zu verrechnen ist (vgl. ADS (1995), § 150 AktG, Rn. 72; AktG-GroßKomm. (2006), § 150, Rn. 52; a. A. Bonner-HdR (1987), § 150 AktG, Rn. 29).