1. Grundlagen
Rn. 129
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Sind rechtlich selbständige UN, ohne dass das eine von dem anderen abhängig ist, unter einheitlicher Leitung zusammengefasst, so bilden auch sie einen Konzern (Gleichordnungskonzern). Die einzelnen UN sind im Verhältnis zueinander Konzern-UN (vgl. § 18 Abs. 2 AktG). § 18 AktG differenziert demnach zwischen Unterordnungskonzernen einerseits (Abs. 1) sowie Gleichordnungskonzernen andererseits (Abs. 2). Während Unterordnungskonzerne eine ausführliche gesetzliche Regelung gefunden haben, führt(e) der Gleichordnungskonzern "im juristischen Schrifttum in der Vergangenheit ein Schattendasein, da seine wirtschaftliche Bedeutung nur als gering eingeschätzt wurde" (MünchKomm. AktG (2019), § 18, Rn. 49; vgl. so auch KK-AktG (2011), § 18, Rn. 1, ebenso wie HB-GesR (2020/IV), § 69, Rn. 79). Tatsächlich ist über die Verbreitung von Gleichordnungskonzernen bisher nur wenig bekannt geworden. Soweit erkennbar, sind Gleichordnungskonzerne v.a. wohl im Rahmen grenzüberschreitender UN-Kooperationen sowie in der Versicherungswirtschaft häufiger anzutreffen; außerdem bilden nicht selten mehrere von einer Familie beherrschte UN einen Gleichordnungskonzern, gemeinsam geführt von einzelnen Familienmitgliedern (vgl. KonzernR (2019), § 18 AktG, Rn. 26; überdies AktG-GroßKomm. (2017), § 18, Rn. 48; Dusemond/Küting/Wirth (2018), S. 45f.).
Rn. 130
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Ebenso wie beim Unterordnungskonzern ist zunächst eine Zusammenfassung mehrerer UN unter einheitlicher Leitung notwendig. Der Unterschied zum Unterordnungskonzern besteht jedoch darin, dass hier das eine UN nicht vom anderen abhängig ist, sondern beide gleichberechtigt sind. Die einheitliche Leitung im Gleichordnungskonzern beruht also nicht auf der Abhängigkeit eines UN von dem anderen; sie kann daher auch nicht i. R.d. gesetzlichen Vermutungskette (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 3 und § 17 Abs. 2 AktG) widerlegt werden. Im Gleichordnungskonzern muss ganz im Gegenteil "positiv festgestellt werden, ob einheitliche Leitung vorliegt" (MünchKomm. AktG (2019), § 18, Rn. 50). Grundlage für eine positive Feststellung der einheitlichen Leitung sind entweder vertragliche Vereinbarungen oder andere faktische Verhältnisse, deshalb werden ebenso wie beim Unterordnungskonzern vertragliche und faktische Gleichordnungskonzerne unterschieden (vgl. Emmerich/Habersack (2020), § 4, Rn. 36; WP-HB (2021), Rn. C 150).
2. Vertraglicher Gleichordnungskonzern
Rn. 131
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Liegen der einheitlichen Leitung im Gleichordnungskonzern vertragliche Absprachen zwischen den beteiligten UN zugrunde, so spricht man von einem vertraglichen Gleichordnungskonzern. In einem solchen sog. Gleichordnungsvertrag kann festgelegt werden, welche UN-Bereiche der einheitlichen Leitung unterliegen und nach welchen Regeln die Konzernleitungen auf die gemeinsamen Leitungsentscheidungen Einfluss nehmen. Vielfach wird zugleich auch eine Gewinngemeinschaft nach § 292 Abs. 1 Nr. 1 AktG begründet (vgl. MünchKomm. AktG (2019), § 18, Rn. 52; HB-GesR (2020/IV), § 69, Rn. 81). Einen ganz bestimmten Typ des Gleichordnungsvertrags gibt es nicht (vgl. AktG-GroßKomm. (2017), § 18, Rn. 50). Seiner Rechtsnatur nach ist ein solcher Gleichordnungsvertrag ein Gesellschaftsvertrag; zwischen den beteiligten Gesellschaften wird eine BGB-Gesellschaft begründet (vgl. Hüffer-AktG (2022), § 18, Rn. 20; KK-AktG (2011), § 18, Rn. 13, m. w. N.).
Um die einheitliche Leitung abzusichern, kann ein eigenes Leitungsorgan geschaffen werden, etwa ein sog. Leitungsausschuss, oder es wird eine Zentralgesellschaft (Holding) in beliebiger Rechtsform gebildet, der die Leitungsaufgabe übertragen wird (vgl. HB-GesR (2020/IV), § 69, Rn. 81ff.; MünchKomm. AktG (2019), § 18, Rn. 53). Die Aufgaben eines solchen Gemeinschaftsorgans, das nach außen nicht in Erscheinung zu treten braucht, müssen sich jedoch auf Koordinationsaufgaben beschränken, die "Konzernleitung muss in den Händen der gleichgeordneten Konzernunternehmen liegen" (MünchKomm. AktG (2019), § 18, Rn. 53). Die Einschaltung eines Leitungsorgans darf nicht dazu führen, dass ein Abhängigkeitsverhältnis zu der Leitungszentrale entsteht. Die Konzern-UN sind so lange nicht fremdem Willen unterworfen, so lange sichergestellt ist, dass sie den Leitungswillen des Leitungsorgans gemeinsam beeinflussen bzw. bilden können. Werden die Konzern-UN dagegen nicht gleichberechtigt an der einheitlichen Leitung des Zentralorgans beteiligt, dann liegt ein Unterordnungskonzern vor (vgl. Hüffer-AktG (2022), § 18, Rn. 20; AktG-GroßKomm. (2017), § 18, Rn. 52). Entscheidend ist also stets die Möglichkeit einer gleichberechtigten Mitwirkung an der Konzernleitung. Dies schließt nicht aus, dass es in einigen Fällen zu Benachteiligungen eines der Konzern-UN kommen kann. Solche Benachteiligungen können Haftungsfolgen auslösen, sie führen aber nicht zwangsläufig zu einer Umqualifizierung des Konzerns in einen Unterordnungskonzern (vgl. HB-GesR (2020/IV), § 69, Rn. 82). Auf welche Art und Weise eine Kompensation möglicher Schädigun...