Rn. 9
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Eine gesetzliche Festlegung darüber, woraufhin der AR die Vorlagen des Vorstands zu überprüfen hat, gibt es nicht. Im Gegensatz zum Prüfungsumfang der AP nach § 317 ergibt sich aus der allg. Überwachungspflicht des AR gemäß § 111 AktG, dass der Prüfungsumfang bei der AR-Prüfung ohne entsprechende Einschränkung ist. Nach Hüffer/Koch (Hüffer-AktG (2023), § 171, Rn. 3ff.) müssen die Maßstäbe, die bei der Überwachung der Geschäftsführung gelten, auch im Kern bei der Prüfung der RL angelegt werden, d. h., die RL des Vorstands muss rechtmäßig, ordnungsmäßig und zweckmäßig i. S. v. ergebnisorientiert sein (vgl. hierzu auch ADS (1997), § 171 AktG, Rn. 21; kritisch zum Umfang der Prüfungspflicht AKBR, NZG 2023, S. 699; Vetter, NZG 2023, S. 347 (350)).
Rn. 10
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Sollte das UN einer Prüfung durch den AP unterliegen, wird der Umfang der Prüfung durch den AR auch davon abhängig sein, ob ein BV erteilt wurde, bzw., wenn ja, wie er ausfällt. So wird bei Erteilung eines uneingeschränkten BV durch den AP der Prüfungsumfang geringer ausfallen, als dies bei einem eingeschränkten oder gar versagten Vermerk der Fall wäre (vgl. hierzu KK-AktG (2012), § 171, Rn. 22ff., m. w. N.). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass durch die Zuständigkeit des AR für die Erteilung des Prüfungsauftrags an den von der HV bestellten AP nach § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG der AR i. R.d. Auftragserteilung auch (zusätzliche) Prüfungsschwerpunkte dem AP vorgeben kann. Die Erfahrungen mit dieser Zuständigkeitsverlagerung bestätigen eine solche Praxis.
1. Jahresabschluss
Rn. 11
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Der AR hat zu prüfen, ob der JA den gesetzlichen Vorschriften und den Vorgaben der Satzung entspricht (Prüfung auf Rechtmäßigkeit). Diese Anforderungen decken sich insoweit mit denen, die an den AP gemäß § 317 Abs. 1 Satz 2 gestellt werden. Sofern eine externe Prüfungspflicht besteht, wurde der JA bereits durch den AP des UN geprüft und der AR kann seinerseits bei der Überprüfung auf den Prüfungsbericht des AP zurückgreifen (vgl. AktG-GroßKomm. (2018), § 171, Rn. 45; KK-AktG (2012), § 171, Rn. 25). Es wird also keine vollständige Doppelprüfung vorzunehmen sein, jedoch bedeutet dies auch nicht, dass die Prüfung durch den AR auf dem Prüfungsgebiet des AP überflüssig ist (vgl. ADS (1997), § 171 AktG, Rn. 19; BeckOGK-AktG (2023), § 171, Rn. 43; KK-AktG (2012), § 171, Rn. 25); vielmehr besitzt der AR eine selbständige Prüfungspflicht, die seine Mitglieder in eigener Verantwortung ausüben müssen. Die AR-Mitglieder müssen den Bericht des AP durcharbeiten, ihn auf Plausibilität prüfen sowie bei Bedenken oder Unverständlichkeiten diesen nachgehen, ferner ggf. gemäß § 111 Abs. 2 AktG eine eigene intensive Prüfung vornehmen (vgl. Hüffer-AktG (2023), § 171, Rn. 9; AktG-GroßKomm. (2018), § 171, Rn. 47ff.).
Rn. 12
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Im Unterschied zur AP ist das Prüfungsrecht des AR weitergehend und erstreckt sich nicht nur auf die Rechtmäßigkeit des JA, sondern auch auf seine Zweckmäßigkeit (vgl. ADS (1997), § 171 AktG, Rn. 21; AktG-GroßKomm. (2018), § 171, Rn. 36, 42ff.; KK-AktG (2012), § 171, Rn. 18ff.; Hüffer-AktG (2023), § 171, Rn. 3ff.). Die Prüfung der Zweckmäßigkeit hat sich hierbei an den UN-Interessen wie auch der UN-Politik zu orientieren. Zu beurteilen sind hier insbesondere die Ausübung von Ansatz- und Bewertungswahlrechten (Rückstellungsbildung, Bildung bzw. Auflösung stiller Reserven, Abwertung, AfA) sowie die Ausschüttungs- bzw. Thesaurierungspolitik in Gestalt der Dotierung oder Auflösung freier Gewinnrücklagen (vgl. ADS (1997), § 171 AktG, Rn. 21; Hüffer-AktG (2023), § 171, Rn. 7). Die besseren Kenntnisse der Geschäftsführung und der Geschäftspolitik des UN sowie die besonderen Erfahrungen einzelner AR-Mitglieder erlauben dem AR an dieser Stelle eine bessere und weitergehende Einschätzung der Situation, als dies dem AP möglich ist (vgl. ADS (1997), § 171 AktG, Rn. 20). Die z. T. in der Literatur vertretene Auffassung, die Prüfung durch den AR beschränke sich auf eine kritische Durchsicht (vgl. so etwa AKBR, NZG 2023, S. 699; Vetter, NZG 2023, S. 347 (350)) hat keine Resonanz i. R.d. Gesetzgebungsverfahrens zum Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2101 im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragsteuerinformationen gefunden (vgl. dazu Probst/Velte, DB 2023, Heft 29, S. M4f.).
2. Lagebericht
Rn. 13
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Wie auch beim JA umfasst die Prüfungspflicht des AR sowohl die Rechtmäßigkeit (der Lagebericht muss Gesetz und Satzung entsprechen) als auch die Zweckmäßigkeit (der Lagebericht muss sich an den Belangen des UN ausrichten) der Angaben. Aufgrund der Erfahrungen und der umfangreichen Informationen kann der AR besser und zugleich aus einer anderen Perspektive als der AP die geschäftliche Entwicklung wie auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des UN einschätzen und somit den Lagebericht beurteilen. Auch die (wesentlichen) Risiken der künftigen Entwicklung sind Bestandteil der Lageberichterstattung nach § 289 und so...