Prof. Dr. Michael Dusemond, Prof. Christoph Hell
Rn. 12
Stand: EL 39 – ET: 06/2023
Unparteilichkeit als geforderte Grundhaltung des AP ergibt sich schon aus dem Zweck der AP, eine Kontrolle der UN-Leitung im Bereich der RL zu gewährleisten, sowie aus der Tatsache, dass die Adressaten des JA z. T. gegensätzliche Interessen verfolgen (vgl. Bonner-HdR (2019), § 323 HGB, Rn. 18; Beck Bil-Komm. (2022), § 323 HGB, Rn. 20f.). Die JA-Prüfung und die damit zusammenhängende Berichterstattung des Prüfers dürfen nicht im Interesse einer bestimmten Adressatengruppe erfolgen (vgl. § 28 BS WP/vBP; entsprechend ADS (2000), § 323, Rn. 28f.). Unparteilichkeit setzt ein rein sachbezogenes Verhältnis zu dem geprüften Objekt voraus, das insbesondere frei ist von persönlichen Wünschen, die das Ergebnis der Prüfung betreffen (vgl. Kuhner, WPK-Mitteilungen 1999, S. 7 (10); Sieben/Russ, in: HWRev (1992), Sp. 1973f.; Klein, in: HWRP (2002), Sp. 2406 (2407f.)); dabei ist die vollständige Abwägung aller wesentlichen, "für und gegen ein Ergebnis sprechenden Umstände" erforderlich (vgl. Begründung zu § 28 BS WP/vBP (auch Zitat)). Voraussetzung der Unparteilichkeit als tätigkeitsbezogener Berufspflicht ist die Unabhängigkeit und Unbefangenheit des AP als generelle Berufspflicht (vgl. WPO-Komm. (2022), § 43, Rn. 433ff.). Der AP wie auch seine Gehilfen unterliegen weder den Anweisungen der Organe des geprüften UN noch denen Dritter (vgl. ADS (2000), § 323, Rn. 28). Einzelne, die Unabhängigkeit des AP im konkreten Fall beeinträchtigende Tatbestände sind in den §§ 319 und 319b als Ausschlussgründe enumeriert; die BS WP/vBP spricht hierbei von absoluten Ausschlussgründen (vgl. § 31 BS WP/vBP). Zusätzlich ist die Unabhängigkeit als Generalklausel in § 43 WPO und § 2 Abs. 1 BS WP/vBP geregelt. Die §§ 43a, 44b WPO normieren i. d. S. die Rechtsstellung und den Tätigkeitsbereich von WP in Sozietäten; § 2 Abs. 2 BS WP/vBP unterbindet einzelne Praktiken von potenziell die Unabhängigkeit gefährdender Tragweite. Zusätzlich bestehen in § 29 BS WP/vBP weitere Vorschriften zur Unbefangenheit und Unparteilichkeit; bei Besorgnis der Befangenheit hat der WP seine Tätigkeit zu versagen (vgl. § 49 WPO). Unmittelbar sanktioniert werden Verstöße gegen diese Regelungen durch die Berufsaufsicht (vgl. §§ 67ff. WPO) bzw. die maßgebliche handelsrechtliche Bußgeldvorschrift (vgl. § 334 Abs. 2; HdR-E, HGB § 334, Rn. 18ff.).
Rn. 13
Stand: EL 39 – ET: 06/2023
Materiell verbietet sich eine Parteinahme insbesondere bei der Berichtstätigkeit. So dürfen wesentliche Sachverhalte nicht verschwiegen oder verklausuliert präsentiert werden oder i. R.d. fachlichen Würdigung unberücksichtigt bleiben, um eine Partei zu schützen (vgl. WP-HB (2021), Rn. A 169). Kein Verstoß gegen die Unparteilichkeit ist die verbreitete Praxis einer Schlussbesprechung mit der UN-Leitung, um auf der Grundlage eines Vorentwurfs des Prüfungsberichts letzte Unklarheiten zu beseitigen, bzw. die Bekanntmachung weniger bedeutsamer Mängel der Buchhaltung in einem Management Letter und nicht im Prüfungsbericht. Auch die Vereinbarung von Prüfungsschwerpunkten mit dem AR und die Auskunftserteilung über den Fortgang der Prüfung gegenüber den Organen der Gesellschaft sind mit der Forderung nach Unparteilichkeit vereinbar (vgl. ADS (2000), § 323, Rn. 29).