Prof. Dr. Michael Dusemond, Dr. h.c. Armin Pfirmann
Rn. 123
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Nach § 253 Abs. 2 Satz 1f. ist zur Diskontierung von langfristigen Rückstellungen ein mit ihrer Restlaufzeit entsprechender durchschnittlicher Marktzinssatz der vergangenen sieben Jahre (sonstige Rückstellungen) bzw. der vergangenen zehn Jahre (Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen) für die Barwertermittlung zu verwenden. Mit der Durchschnittsbildung bei der Ermittlung des Marktzinssatzes sollen Ertragsschwankungen, die nicht durch die Geschäftstätigkeit des UN verursacht sind, vermieden werden (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 54).
Rn. 124
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Die Ermittlungskompetenz für die anzuwendenden Abzinsungssätze liegt bei der Deutschen Bundesbank. Die Bundesbank hat die Aufgabe, die Abzinsungszinssätze zu ermitteln und monatlich bekannt zu geben. Die Ermittlungsmethodik und die Form der Veröffentlichung sind in der RückAbzinsV geregelt.
Die Deutsche Bundesbank veröffentlicht auf ihrer Internetseite (www.bundesbank.de) am Ende eines jeden Monats eine Zinsstrukturkurve. Bei der Zinsstrukturkurve handelt es sich um eine Null-Kupon-Euro-Zinsswapkurve, die insofern für den gesamten Euro-Raum gilt. An dieser Zinsstrukturkurve können die Diskontierungssätze für ganzjährige Restlaufzeiten zwischen einem und 50 Jahren abgelesen werden. Den UN wird damit eine laufzeitkongruente Rückstellungsabzinsung ermöglicht, ohne selbst Aufwendungen im Zusammenhang mit der Zinssatzermittlung zu haben. Zudem wird die Wahl des Zinssatzes für die Diskontierung von Rückstellungen dem Ermessen des Bilanzierenden entzogen und damit bilanzpolitisches Gestaltungspotenzial im JA reduziert. Trotz der Objektivierungstendenzen verbleiben bilanzpolitische Hebel bei der Bestimmung der Laufzeit bzw. Fristigkeit der den Rückstellungen zugrunde liegenden Verpflichtungen (vgl. zur Bestimmung der Restlaufzeit HdR-E, HGB § 249, Rn. 338ff.).
Rn. 125
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Werden die den Rückstellungen zugrunde liegenden Verpflichtungen voraussichtlich unterjährig fällig, bieten die Tabellen der Deutschen Bundesbank mit der Angabe von Zinssätzen mit ganzjährigen Restlaufzeiten keine unmittelbare Hilfe. Als Lösungsmöglichkeiten kommen daher grds. drei Vorgehensweisen in Betracht:
(1) |
Ermittlung von Zinssätzen für die exakte Rückstellungslaufzeit durch lineare Interpolation der von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze; |
(2) |
Verwendung des von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssatzes für die nächstkürzere ganzjährige Restlaufzeit; |
(3) |
Verwendung des von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten ganzjährigen Zinssatzes, der dem Erfüllungszeitpunkt der zugrunde liegenden Verpflichtung am nächsten kommt (vgl. IDW RS HFA 34 (2015), Rn. 42). |
Zwar wird die erste Methode die exaktesten Ergebnisse liefern. Die beiden übrigen Lösungsmöglichkeiten werden allerdings im Regelfall unter Wesentlichkeitsgesichtpunkten vertretbar und bei der Umsetzung weniger aufwendig sein.
Rn. 126
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Rückstellungen für Fremdwährungsverpflichtungen sind aus Vereinfachungsgründen ebenfalls mit den durch die Deutsche Bundesbank ermittelten Abzinsungssätzen zu diskontieren. Abweichungen sind nur in Ausnahmefällen erlaubt. Eine Ausnahme liegt vor, wenn durch die Diskontierung mit dem Euro-Zinssatz ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der VFE-Lage nicht abgebildet werden kann. In einem solchen Fall ist es sachgerecht, dass der laufzeitgerechte und währungskongruente durchschnittliche Marktzinsatz der vergangenen sieben Jahre (sonstige Rückstellungen) bzw. der vergangenen zehn Jahre (Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen) vom UN selbst ermittelt oder von einem privaten Anbieter bezogen wird (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 54; IDW RS HFA 34 (2015), Rn. 46). Hierzu besteht allerdings aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Regelung keine Verpflichtung (vgl. IDW RS HFA 34 (2015), Rn. 46; ebenfalls eine Verpflichtung ablehnend Beck Bil-Komm. (2020), § 253 HGB, Rn. 193). Das Nicht-Bestehen einer Verpflichtung ist auch deshalb eingängig, da der Gesetzgeber bei der Bestimmung des relevanten Abzinsungssatzes UN- und verpflichtungsspezifische Risiken nicht berücksichtigt. Warum sollen dann also länder- respektive währungsspezifische Risiken berücksichtungspflichtig sein? Allenfalls bei Rückstellungsverpflichtungen, die in der Währung eines Hochinflationslandes zu erfüllen sind, dürfte die Verwendung eines währungskongruenten Abzinsungssatzes alternativlos sein (vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 337, m. w. N.).
Rn. 127
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Vgl. weitergehend zur Abzinsung und insbesondere zum anzuwendenden Abzinsungssatz allg. HdR-E, HGB § 249, Rn. 333ff. sowie zum Abzinsungssatz für künftige Versorgungszahlungen im Speziellen HdR-E, HGB § 249, Rn. 679f.