Prof. Dr. Karlheinz Küting, Dr. Michael Reuter
1. Grundlagen
Rn. 55
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Rücklagen stammen aus einbehaltenen, nicht ausgeschütteten Gewinnen oder Kap.-Einlagen von Anteilseignern oder Dritten (vgl. Chmielewicz, in: HWRev (1992), Sp. 1676). Sie können in offene und stille Rücklagen untergliedert werden (vgl. hierzu Küting, BBK 2000, S. 6369ff.).
Offene Rücklagen als eigenständige passivische Abschlusskategorie existieren nur bei KapG mit einem konstanten Ausweis des Nominalkap. sowie eG. UN in der Rechtsform eines Einzel-UN oder einer PersG führen nicht ausgeschüttete Gewinne regelmäßig den individuellen EK-Konten (Beteiligungs- oder sog. Darlehenskonten) der Gesellschafter zu (vgl. lediglich HdJ, Abt. III/2 (1992), S. 9; ferner auch grundlegend HdJ, Abt. III/1 (2019), Rn. 52ff., 92ff.).
2. Abgrenzung
Rn. 56
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
(1) |
Von den stillen Rücklagen unterscheiden sich offene Rücklagen in zweifacher Weise:
- Während offene Rücklagen als eigenständiger Posten der Bilanz ersichtlich sind, bleiben stille Rücklagen bzw. (stille) Reserven dem externen Bilanzadressaten i. d. R. verborgen. Diese können nicht aus der Bilanz explizit abgelesen, sondern – wenn überhaupt – nur durch bilanzanalytische Maßnahmen (tendenziell) "sichtbar" gemacht werden.
- Stille Reserven unterliegen grds. bei ihrer Aufdeckung in voller Höhe der Besteuerung. Sie bewirken damit eine Steuerstundung, die für das UN einen Liquiditätsvorteil bedeutet. Dieser zinslose Steuerkredit führt darüber hinaus zu einem die Rentabilität positiv beeinflussenden Zinsvorteil (vgl. Wöhe et al. (2013), S. 427). Die offenen Rücklagen haben zwar – soweit es sich um Gewinnrücklagen handelt – grds. bereits der Besteuerung unterlegen und zu Steuerzahlungen geführt, es sei denn, dass steuerfreie Einkünfte vorliegen. Das schließt aber nicht aus, dass – bei einer Ausschüttung der offenen Rücklagen – eine zusätzliche Steuerzahlung anfällt oder aber Steuererstattungen auftreten.
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Rn. 57
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(2) |
Offene Rücklagen sind – vom Grundsatz her – stets EK-Bestandteil, nicht unbedingt zweckgebunden und stellen, soweit sie aus dem Jahresüberschuss gebildet worden sind, verwendeten Gewinn dar. Im Gegensatz dazu weisen Rückstellungen grds. FK-Charakter auf. Sie werden erfolgswirksam für künftige Ausgaben gebildet, die ihre wirtschaftliche Ursache in der abgelaufenen Periode haben (vgl. Wöhe (1997), S. 518f.; überdies HdR-E, HGB § 249). |
Rn. 58
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(3) |
Der durch das BilMoG abgeschaffte Sonderposten mit Rücklageanteil ((SoPo); vgl. §§ 247 Abs. 3, 273 (a. F.)) setzte sich aus zwei Komponenten zusammen (vgl. insbesondere § 273 (a. F.)). Er enthielt zum einen jene offen in der Bilanz ausgewiesenen Beträge, die nach § 247 Abs. 3 (a. F.) aufgrund steuerlicher Vorschriften erst bei ihrer Auflösung zu versteuern waren und häufig fälschlicherweise als "steuerfreie Rücklagen" bezeichnet wurden. Weiterhin konnte er nach § 281 Abs. 1 (a. F.) explizit auch solche AfA-Beträge auf VG aufnehmen, die ausschließlich infolge steuerlicher Vorschriften zulässig waren. |
Rn. 59
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(4) |
Der auf der Passivseite ggf. ausgewiesene Bilanzgewinn steht zur Disposition der Anteilseigner. Da er i. d. R. an die Anteilseigner ausgeschüttet wird, ist er im Zweifel für Zwecke der Bilanzanalyse den kurzfristigen Verbindlichkeiten zuzurechnen (vgl. Küting/Weber (2015), S. 77, 94). |
Rn. 60
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(5) |
Der Gewinnvortrag ist ein rechentechnisch bedingter unverteilter Gewinnrest. Niehus ((1982), S. 565) spricht diesbezüglich von einer durch "algebraische Operationen aus dem Jahresüberschuß/Verlustvortrag hergeleiteten Größe". Bei einer bilanziell noch nicht erfassten Gewinnverwendung ist ein in der Bilanz ausgewiesener Gewinnvortrag der aus dem VJ übernommene Spitzenbetrag, der zusammen mit dem Jahresüberschuss des laufenden GJ der Gewinnverwendung zugeführt werden kann. Ansonsten ist er Bestandteil des nächstjährigen Bilanzgewinns. |
3. Bildung/Auflösung
Rn. 61
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Zu unterscheiden ist zwischen gesetzlich vorgeschriebenen, satzungsmäßig auferlegten sowie freiwilligen Rücklagen. Zu den gesetzlich vorgeschriebenen Rücklagen zählen die
Die Bildungs- bzw. Auflösungsvorschriften für diese gesetzlich vorgeschriebenen Rücklagen stellen für betreffende Gesellschaft ein Datum dar. Sie hat grds. keine Möglichkeit, sich der Bildung oder Auflösung dieser Rücklagenkategorien zu entziehen, sofern die gesetzlichen Tatbestände vorliegen.
Rn. 62
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Bei den auf einem Gesellschaftsvertrag, einer Satzung oder einem Statut beruhenden Rücklagen (satzungsmäßige Rücklagen) ist die Gesellschaft zwar auch an besti...