Dr. Eberhard Mayer-Wegelin, Prof. Dr. Harald Kessler
1. Grundlagen
Rn. 142
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
Als Erfüllungsrückstand passivierungsfähig sind nur solche Verpflichtungen, die sachlich Bestandteil eines gegenseitigen Austauschverhältnisses sind, sich in zeitlicher Hinsicht aber auf den abgewickelten, aus Sicht des BilSt in der Vergangenheit liegenden Teil des Geschäfts beziehen (vgl. hierzu die Übersicht in HdR-E, HGB § 249, Rn. 129). Es handelt sich demnach um rückständige Leistungen aus einem gegenseitigen Vertrag, für die das UN die entspr. Gegenleistung bereits empfangen hat.
Rn. 143
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
Das Vorliegen eines Erfüllungsrückstands bestimmt sich weder nach der Fälligkeit der eigenen Leistungspflicht noch nach dem Zeitpunkt ihres rechtl. Entstehens. Wie bei einseitigen Verpflichtungen kommt es auf die wirtschaftliche Verursachung an. Das Rückstellungsmerkmal der wirtschaftlichen Verursachung wird bis heute unterschiedlich interpretiert. Nach der auf Moxter zurückgehenden Alimentationsthese soll die wirtschaftliche Verursachung am Realisationsprinzip zu messen sein. Danach kommt es für die Bildung einer Verbindl.-Rückstellung darauf an, ob die für die Tilgung des Erfüllungsrückstands zukünftig anfallenden Ausgaben vor dem BilSt realisierte Erträge alimentiert haben oder aber zukünftigen Erträgen zuzurechnen sind. Demgegenüber versteht die Gegenauffassung das Verursachungskriterium i. S. e. wirtschaftlichen Entstehung. Sie beurteilt sich danach, ob die wirtschaftlich wesentlichen Entstehungsvoraussetzungen der zu passivierenden Verbindl. am BilSt vorliegen (vgl. BFH-Urt. v. 28.07.2004, BStBl. II 2006, S. 866; ausführlich zu den beiden Auslegungen Kessler, H., 2001, S. 1903ff.).
Rn. 144
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
Nach der hier favorisierten zweiten Deutung sind Rückstellungen nur für schuldrechtl. Erfüllungsrückstände zu bilden. Sie sind Ausdruck einer nach rechtl. Kriterien zu beurteilenden Unausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung bezogen auf den bereits abgewickelten Teil eines Dauerschuldverhältnisses. Für rein kalkulatorische Erfüllungsrückstände kommt eine Rückstellungsbildung nicht in Betracht. Sie sind das Ergebnis eines asynchronen Anfalls von Erträgen und Aufwendungen, wie er sich bei einer horizontalen Mischkalkulation einstellt. Ein Beispiel hierfür sind längerfristige Wartungsverträge, bei denen im Zeitablauf konstanten Wartungsentgelten steigende Aufwendungen gegenüberstehen.
Rn. 145–146
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
vorläufig frei
2. Anwendungsfälle
a) Arbeitsverhältnisse
Rn. 147
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
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Altersteilzeit: Bei Altersteilzeitverhältnissen können zwei Gründe die Bildung einer Verbindl.-Rückstellung wegen eines Erfüllungsrückstands des UN erfordern. Beim Blockmodell gerät das UN in einen kontinuierlich anwachsenden Erfüllungsrückstand, da die Vergütung für die Arbeitsleistung in der Beschäftigungsphase teilweise erst in der Freistellungsphase ausgezahlt wird. Dieser ermittelt sich als versicherungsmathematischer Barwert des Entgeltanteils, der in der Freistellungsphase für die bis zum BilSt erhaltene Arbeitsleistung nachzuentrichten ist (vgl. BFH-Urteil v. 30.11.2005, BStBl. II 2007, S. 251; so auch Oser, P./Doleczik, G. 1997, S. 2187; Oser, P./Doleczik, G. 2000, S. 8f.; Weber-Grellet, H. 2000, S. 1027). Beispiel:U hat mit einem bisher vollbeschäftigten Mitarbeiter aus dem Vertrieb zum 01.01.01 einzelvertraglich einen Übergang in ein Altersteilzeitverhältnis vereinbart. Der AN soll zunächst drei Jahre in vollem Umfang weiterarbeiten und in der anschließenden Freistellungsphase vollständig von der Arbeit freigestellt werden. Als Gegenleistung zahlt U ein Entgelt i. H. v. 80 % des Vollzeitlohns über sechs Jahre. Der Vollzeitlohn des Mitarbeiters beträgt 50 000 EUR. Lässt man den Aufstockungsbetrag außer Acht (siehe zu seiner Behandlung weiter unten), zahlt das UN in den ersten drei Jahren 50 % des Vollzeitlohns an den Mitarbeiter. Das entspricht nur der Hälfte des für die erhaltene Arbeitsleistung (100 %) geschuldeten Arbeitslohns. U gerät in den ersten drei Jahren somit in einen Erfüllungsrückstand von insgesamt 75 000 EUR (3 · 50 % des Vollzeitarbeitslohns), der in der Phase der Freistellung beglichen wird. Auf Basis eines Abzinsungszinssatzes von 4 % p. a. und unter Vernachlässigung versicherungsmathematischer Annahmen ist zum 31.12.01 eine Rückstellung i. H. v. 22 225 EUR zu bilden (25 000 EUR · 1,04-3). Ein zusätzlicher Erfüllungsrückstand kann sich im Hinblick auf die Aufstockungsbeträge im Blockmodell wie auch im Gleichverteilungsmodell ergeben, sofern diese im Austausch für die vom AN zu erbringende Leistung, also nicht mit dem Ziel der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt werden (zur Behandlung von Aufstockungsbeträgen mit Abfindungscharakter vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 135). Das ist zu vermuten, wenn der Übergang in ein Altersteilzeitverhältnis bereits zu Beginn des regulären Arbeitsverhältnisses vereinbart wird, das Entstehen der Ansprüche von tätigkeitsbezogenen Merkmalen abhängig (z. B. Arbeiten in Wechselschicht oder unter starken Umwelte... |