Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
Rn. 161
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Wird ein bestehender Prüfungsauftrag von einem UN widerrufen oder seitens des gewählten AP gekündigt, ist die WPK von der Beendigung des Prüfungsauftrags unverzüglich und schriftlich begründet zu unterrichten. Künftig soll das Schriftformerfordernis entfallen, so dass es ausreichend ist, wenn die Begründung dann textlich erfolgt (vgl. HdR-E, HGB § 318, Rn. 163e). Mitteilungspflichtig sind dem Wortlaut des § 318 Abs. 8 folgend lediglich diejenigen Fälle, in denen der Prüfungsauftrag durch das prüfungspflichtige UN gemäß § 318 Abs. 1 Satz 5 widerrufen oder der Prüfungsauftrag durch den gewählten AP gemäß § 318 Abs. 6 aus wichtigem Grund gekündigt wird. In Fällen, in denen der gewählte AP den Prüfungsauftrag abgelehnt hat, der gewählte AP weggefallen oder am rechtzeitigen Abschluss der Prüfung verhindert ist, besteht keine Mitteilungspflicht gegenüber der WPK (vgl. Bonner HGB-Komm. (2022), § 318, Rn. 228). Da § 318 nur bei gesetzlichen Pflichtprüfungen anzuwenden ist, besteht auch nur bei der vorzeitigen Beendigung von gesetzlich vorgeschriebenen AP die Pflicht, die WPK von der vorzeitigen Beendigung des Prüfungsauftrags zu unterrichten. Bei freiwilligen Prüfungen ist § 318 Abs. 8 nicht anzuwenden (vgl. Beck Bil-Komm. (2024), § 318 HGB, Rn. 161; Bonner HGB-Komm. (2022), § 318, Rn. 228). Die Vorschrift ist auf Art. 38 Abs. 2 der AP-R zurückzuführen und soll verhindern, dass die restriktiven Möglichkeiten zur vorzeitigen Beendigung einer bestehenden Prüfung umgangen werden, indem sich der AP und das zu prüfende UN unzulässigerweise und unbemerkt einvernehmlich auf die Beendigung des Prüfungsauftrags verständigen (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 88).
Rn. 162
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Die Pflicht zur Unterrichtung der WPK trifft sowohl den gewählten AP als auch die gesetzlichen Vertreter des prüfungspflichtigen UN. Der Wortlaut des § 318 Abs. 8 ist diesbezüglich eindeutig, so dass die WPK zwingend auch von den gesetzlichen Vertretern des UN zu unterrichten ist. Eine Übertragung dieser Aufgabe auf andere Organe des UN ist nicht möglich (vgl. mit a. A. Beck Bil-Komm. (2024), § 318 HGB, Rn. 164), da es sich nicht um eine Frage der UN-internen Verteilung von Rechten und Pflichten handelt. Die WPK ist unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern i. S. d. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB, und schriftlich bzw. künftig voraussichtlich textlich begründet zu unterrichten. Die Begründung hat insbesondere die für die Beendigung des Prüfungsauftrags maßgeblichen Gründe darzulegen und sollte dabei so konkret sein, dass die WPK die Rechtmäßigkeit der vorzeitigen Beendigung des Prüfungsauftrags abschließend beurteilen kann (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 88). Für diejenigen Fälle, in denen der gewählte AP den Prüfungsauftrag aus wichtigem Grund kündigt, ist er gemäß § 318 Abs. 6 Satz 3 ohnehin verpflichtet, seine Kündigung schriftlich bzw. künftig voraussichtlich textlich zu begründen. Die Begründung seiner Kündigung sollte vom AP i. d. R. so ausgestaltet sein, dass diese auch der WPK ausreichen sollte, um die Rechtmäßigkeit der Kündigung beurteilen zu können (vgl. Beck Bil-Komm. (2024), § 318 HGB, Rn. 163). Für die Fälle des Widerrufs durch das zu prüfende UN sind vom Antragsteller des Ersetzungsverfahrens die Ersetzungsgründe zu nennen. Die Ersetzungsgründe des Antragstellers und der gerichtliche Ersetzungsbeschluss sollten der WPK i. d. R. ebenfalls genügen, um den Sachverhalt hinreichend beurteilen zu können (vgl. Beck Bil-Komm. (2024), § 318 HGB, Rn. 163). Eine Zusammenfassung der Mitteilung des AP sowie der gesetzlichen Vertreter ist denkbar, wenn die jeweiligen Begründungen eindeutig getrennt dargestellt werden und zugeordnet werden können (vgl. MünchKomm. HGB (2024), § 318, Rn. 135). Durch die unabhängige Unterrichtung der WPK durch den AP und das prüfungspflichtige UN soll der WPK eine breitere Beurteilungsgrundlage zur Verfügung gestellt werden, um die Rechtmäßigkeit des Widerrufs bzw. der Kündigung des Prüfungsauftrags würdigen zu können (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 88). Handelt es sich um ein UN von öffentlichem Interesse (PIE), so muss die WPK nach Maßgabe des Art. 19 der AP-VO die Informationen über die Abberufung oder den Rücktritt des AP an die in Art. 20 Abs. 1 AP-VO adressierte Behörde (in Deutschland: die APAS) weiterleiten.
Rn. 163
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
vorläufig frei