A. Überblick

 

Rn. 1

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

§ 259 entspricht dem früheren § 46 (i. d. F. vom 10.05.1897 (RGBl 1897, S. 229)), der im Zuge des sog. Bilanzrichtlinien-Gesetzes (BiRiLiG) vom 19.12.1985 (BGBl. I 1985, S. 2355ff.) in den Dritten Unterabschnitt "Aufbewahrung und Vorlage" integriert wurde, wobei lediglich die Überschrift ergänzt worden ist. Inhaltlich (und nahezu wörtlich) entsprach § 46 in der o. g. Fassung Art. 38 ADHGB 1869, weshalb der Gesetzeswortlaut – zumindest inhaltlich – seit dem erstmalig umfassend kodifizierten Vorgängergesetz des heutigen HGB im Jahre 1869 unverändert fortbesteht.

 

Rn. 2

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

§ 259 regelt die Modalitäten der Einsichtnahme sowie die Erstellung von Auszügen der vorzulegenden Handelsbücher (vgl. zur Abgrenzung der Handelsbücher HdR-E, HGB § 277, Rn. 37ff.) in Zivilprozessen. Unberührt bleiben besondere Einsichtsrechte, wie diese bei PersG bspw. in den §§ 118, 166, 233 geregelt sind (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 259 HGB, Rn. 1). Die Norm ist somit nicht nur für die Vorlageanordnung nach § 258 relevant, sondern für sämtliche Vorlagen von Handelsbüchern in Zivilprozessen (vgl. Haufe HGB-Komm. (2020), § 259, Rn. 1; überdies HdR-E, HGB § 259, Rn. 4).

 

Rn. 3

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Die Vorlegung der Handelsbücher konterkariert grds. das Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der darin enthaltenen Informationen des Kaufmanns (vgl. ADS (1995), § 259, Rn. 1). Daraus resultiert die Notwendigkeit und der Zweck der Vorschrift des § 259, wonach die Regelung insbesondere der Güterabwägung zwischen dem Interesse des Kaufmanns an der Geheimhaltung des Inhalts seiner Handelsbücher einerseits und der Prozessökonomie durch Verwertung der im öffentlichen Interesse geführten Handelsbüchern andererseits dienen soll. Dem trägt die Norm insoweit Rechnung, als das Recht der Prozessparteien auf Einsicht in die Handelsbücher auf diejenigen Inhalte beschränkt ist, die den Streitpunkt betreffen. Gleichwohl wird dem Gericht zur Prüfung der ordnungsmäßigen Führung der Bücher eine umfassende Einsichtnahme zugestanden (vgl. § 259 Satz 2; im Übrigen HdR-E, HGB § 259, Rn. 7).

B. Anwendungsbereich

 

Rn. 4

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

§ 259 steht im Regelungszusammenhang mit § 258 und konkretisiert letzteren in Umfang und Form der Einsichtnahme in die Handelsbücher. Während in § 258 die Vorlegungspflicht geregelt wird, obliegt § 259 die Normierung der Art und des Umfangs der Vorlage von Handelsbüchern (vgl. Bonner HGB-Komm. (2020), § 259, Rn. 2), unabhängig davon, ob die Vorlage freiwillig oder auf gerichtliche Anordnung erfolgt (vgl. zur Anordnung auf Antrag oder von Amts wegen HdR-E, HGB § 258, Rn. 10ff.). Das eingeschränkte Einsichtsrecht i. S. d. § 259 gilt allerdings nicht nur für die Vorlage der Handelsbücher gemäß § 258, sondern gleichermaßen für sämtliche Vorlagen von Handelsbüchern in Zivilprozessen (vgl. ADS (1995), § 259, Rn. 2). Andere weitergehende Einsichtsrechte bleiben unberührt, auch wenn sie Gegenstand des Rechtsstreits sind. Darunter sind u. a. Einsichtsrechte von Gesellschaftern – wie bei der OHG nach § 118, der KG für Kommanditisten nach § 166, bei Gesellschaftern der GmbH nach § 51a GmbHG oder aufgrund gesondert getroffener (gesellschaftsvertraglicher) Vereinbarungen – zu subsumieren (vgl. ADS (1995), § 259, Rn. 2; Haufe HGB-Komm. (2020), § 259, Rn. 1).

C. Umfang der Einsichtnahme

I. Einsichtnahme durch Gericht und Parteien (Satz 1)

 

Rn. 5

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Die Einsicht der Parteien in die vorgelegten Handelsbücher wird in § 259 Satz 1 auf den jeweiligen Streitpunkt beschränkt. Mit der Restriktion auf die im Streitfall relevanten Tatsachen wird dem Geheimhaltungsinteresse des Kaufmanns insoweit Rechnung getragen, als die Regelung – neben dem Streitstoff – nicht zum Zweck der Ausforschung genutzt werden soll. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, soll der Beweisführer nicht nur die zu beweisenden Tatsachen, sondern nach Möglichkeit auch die relevanten Stellen der Handelsbücher benennen (gemäß § 424 Nr. 2 ZPO hat die beweisführende Partei im Vorlegungsantrag die Tatsachen zu bezeichnen, die durch die Einsicht in die Handelsbücher bewiesen werden sollen, bzw. hat sie hinsichtlich der eigenen Handelsbücher die Tatsachen anzugeben, für die Beweis durch die Vorlegung der Handelsbücher angetreten wird; nach Möglichkeit sollte auch angegeben werden, aus welchem Teil der vorlegungspflichtigen Bücher (Grund-, Haupt- und Nebenbücher) sich die nachzuweisende(n) Tatsache(n) unter Angabe des Betrags, Buchungszeitraums und der Art des Kontos ergeben soll(en)). Auch wird das Gericht in seinem Vorlegungsbeschluss gemäß § 258 (vgl. HdR-E, HGB § 258, Rn. 13ff.) angeben müssen, hinsichtlich welcher Sachverhaltsbestandteile des anhängigen Rechtsstreits die Handelsbücher eingesehen werden sollen. Bezüglich des Genauigkeitsgrads der Beschreibungen der Stellen sind in den Handelsbüchern, die zu einem Streitpunkt eingesehen werden sollen, nicht zu große Anforderungen zu stellen, da weder von der beweisführenden Partei für die nicht in ihrem Besitz befindlichen Handelsbücher, noch vonseiten des Gerichts eine ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Küting, Handbuch der Rechnungslegung - Einzelabschluss (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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