Prof. Dr. Christoph Hütten, Dr. Julia Zicke
A. Hintergrund
Rn. 1
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Zum Schutz von Personen, die über eine Zweigniederlassung mit einem ausländischen UN in Beziehung treten, erfolgte durch die sog. Zweigniederlassungs- oder auch 11. EG-R ((89/666/EWG); ABl. EG, L 395/36ff. vom 30.12.1989; derweil: Titel I, Kap. 3, Abschn. 2f. der R 2017/1132 (ABl. EU, L 169/46ff. vom 30.06.2017) i. d. F. der R 2019/2121 (ABl. EU, L 321/1ff. vom 12.12.2019)) u. a. eine Koordinierung der Angaben und Unterlagen, die bei Unterhalten ausländischer Zweigniederlassungen in deren Sitzstaat offenzulegen sind. Zu den offenlegungspflichtigen Unterlagen gehören nach Art. 30 Abs. 1 lit. g) i. V. m. Art. 31 der R 2017/1132 (zuvor: Art. 2 Abs. 1 lit. g) i. V. m. Art. 3 der 11. EG-R) auch Unterlagen der RL. Die Offenlegung hat nach dem Recht des EU-Mitgliedstaats zu erfolgen, in dem die Zweigniederlassung besteht (vgl. Art. 29 Abs. 1 der R 2017/1132; zuvor: Art. 1 Abs. 1 der 11. EG-R).
Rn. 2
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
§ 325a resultiert aus der Umsetzung von Art. 31 der R 2017/1132 (zuvor: Art. 3 der 11. EG-R) in deutsches Recht und wurde durch das Durchführungsgesetz zur 11. EG-R vom 22.07.1993 (BGBl. I 1993, S. 1282ff.) in das HGB aufgenommen. Er steht im Zusammenhang mit den §§ 13d–13g, die ebenfalls Anforderungen an die Publizität deutscher Zweigniederlassungen von ausländischen UN regeln.
Rn. 2a
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Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2101 im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragsteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen sowie zur Änderung des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes und des Pflichtversicherungsgesetzes vom 19.06.2023 (BGBl. I 2023, Nr. 154, S. 1ff.) war § 325a – im Gegensatz zur R 2017/1132 (bzw. 11. EG-R) sowie zu den §§ 13d–13g – nicht für alle ausländischen UN mit Zweigniederlassungen in Deutschland einschlägig, sondern galt nur für deutsche Zweigniederlassungen unterhaltende UN mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Vertragsstaat des Abkommens über den EWR. Angesichts dessen war zweifelhaft, ob mit § 325a insoweit die europäischen Vorgaben ordnungsgemäß umgesetzt wurden (vgl. diesbezüglich auch BT-Drs. 12/3908, S. 19; im Übrigen BT-Drs. 20/5653, S. 42f.). Zugleich erfolgte eine Diskriminierung von Zweigniederlassungen von KapG im EU-Ausland im Vergleich zu Zweigniederlassungen von KapG in Drittstaaten.
B. Persönlicher Anwendungsbereich
Rn. 3
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Einschlägig ist § 325a allein für solche UN, welche die folgenden Kriterien erfüllen:
Rn. 4
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(1) |
Der Sitz des UN muss außerhalb Deutschlands liegen. Entscheidend war früher der effektive Verwaltungs- und nicht etwa der Satzungssitz. Daran kann nach der jüngeren Rspr. des EuGH nicht mehr festgehalten werden. Die Festlegung des Sitzes in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag determiniert somit, ob ein UN mit einer Zweigniederlassung in Deutschland in den Anwendungsbereich des § 325a fällt oder – bei einem Sitz in Deutschland – nicht (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 325a HGB, Rn. 13; MünchKomm. HGB (2020), § 325a, Rn. 11). |
Rn. 5
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(2) |
Nach dem Gesetzeswortlaut muss es sich um eine KapG handeln. Damit sind UN gemeint, deren Rechtsform mit der einer deutschen KapG (AG, GmbH, KGaA, SE) vergleichbar ist (vgl. BT-Drs. 12/3908, S. 15). Für die EU-Staaten sind die betroffenen Gesellschaftsformen in Anhang II der R 2017/1132 (zuvor: Art. 1 der sog. 1. EG-R (68/151/EWG), ABl. EG, L 65/8ff. vom 14.03.1968 bzw. Art. 1 der R 2009/101/EG (ABl. EU, L 258/11ff. vom 01.10.2009) aufgeführt. Für Staaten außerhalb der EU hat eine Gleichsetzung im Wege der Substitution zu erfolgen (vgl. Baumbach/Hopt (2023), § 13d HGB, Rn. 2f.; § 13e HGB, Rn. 1). Hierbei ist v.a. auf die Organisationsstruktur sowie die Haftungsverhältnisse abzustellen. |
Rn. 6
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(3) |
Ausländische PersG und eG fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 325a, da weder im PublG noch in den für eG relevanten §§ 336–339 auf § 325a verwiesen wird oder eine entsprechende Vorschrift existiert (vgl. so auch MünchKomm. HGB (2020), § 325a, Rn. 4). |
Rn. 7
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Angesichts des Globalverweises des 264a auf die Offenlegungsvorschriften könnte sich der Schluss ergeben, dass der Anwendungsbereich des § 325a sich auch auf PersG beziehen würde, an denen keine natürliche Person direkt oder indirekt beteiligt ist (vgl. so aber Beck Bil-Komm. (2022), § 325a HGB, Rn. 12). Eine derartige Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 325a ist jedoch nach hier vertretener Ansicht aus zwei Gründen abzulehnen:
- Zum einen würde der deutsche Gesetzgeber dann über die Anforderungen der einschlägigen EU-Vorgaben hinausgehen, da allein die Bilanz-R 2013/34/EU (konkret: Art. 1 Abs. 1 lit. b) i. V. m. Anhang II; zuvor: 4. und 7. EG-R i. V. m. R 1990/605/EWG (ABl. EG, L 317/60ff. vom 16.11.1990)) den Anwendungsbereich auf haftungsbeschränkte PersG ausweitet, die R 2017/1132 dagegen hinsichtlich der betroffenen UN explizit in Anhang II...
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