Dr. Julia Zicke, Prof. Dr. Christoph Hütten
A. Überblick
Rn. 1
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Im Mittelpunkt des Vierten Unterabschnitts des Zweiten Abschnitts des Dritten Buchs des HGB stehen die Vorschriften zur handelsrechtlichen Offenlegung von JA und Lageberichten, EA gemäß § 325 Abs. 2a, KA und Konzernlageberichten sowie sonstigen Unterlagen. Hierbei werden primär die offenlegungspflichtigen UN, der verantwortliche Personenkreis, die von der Offenlegung betroffenen Unterlagen, die Fristen und Verfahren der Offenlegung sowie differenzierte Erleichterungen adressiert (vgl. §§ 325–327a). Hinzu treten Vorschriften zu Form, Format und Inhaltstreue der offenzulegenden Unterlagen, die zusätzlich auch formelle Anforderungen an anderweitige Veröffentlichungen und Vervielfältigungen der Unterlagen umfassen (vgl. § 328). Zudem wird die Prüfungspflicht der das UN-Register führenden Stelle hinsichtlich der offengelegten Unterlagen geregelt (vgl. § 329).
Rn. 2
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Ergänzt werden die Normen der §§ 325–329 durch Sanktionsvorschriften. Verstöße gegen die Offenlegungspflicht werden gemäß § 335 durch ein Ordnungsgeld geahndet (vgl. HdR-E, HGB § 325, Rn. 164ff.). Auch Verletzungen der Form-, Format- und Inhaltsvorschriften des § 328 stellen gemäß § 334 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 eine Ordnungswidrigkeit dar (vgl. HdR-E, HGB § 328, Rn. 102ff.).
Rn. 3
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Die Vorschriften des Vierten Unterabschnitts des Zweiten Abschnitts des Dritten Buchs des HGB beziehen sich unmittelbar nur auf KapG sowie auf PersG i. S. d. § 264a. Für andere UN kann sich jedoch bei Erfüllung der Kriterien des § 1 PublG eine Offenlegungspflicht aus § 9 PublG bzw. für den KA aus § 15 PublG ergeben. Über einen entsprechenden Querverweis richtet sich auch deren Offenlegungspflicht nach den §§ 325–329 (vgl. dazu HdR-E, PublG § 9, Rn. 1ff.). Für eG existiert mit § 339 eine gesonderte Norm zur Offenlegung. Ebenso unterliegt die Offenlegung von Kredit-, Finanzdienstleistungs-, Wertpapier-, Zahlungs- und E-Geld-Instituten mit § 340l sowie Versicherungs-UN und Pensionsfonds mit § 341l Sondervorschriften, die allerdings weitgehend auf den Vierten Unterabschnitt Bezug nehmen. Auch inländische Zweigniederlassungen von KapG mit Sitz im europäischen Ausland haben gemäß § 325a die Unterlagen der RL der Hauptgesellschaft nach den §§ 325, 328 und 329 Abs. 1 und 4 offenzulegen (vgl. hierzu HdR-E, HGB § 325a, Rn. 1ff.). Für Inlandsemittenten (i. S. d. § 2 Abs. 14 WpHG), die nicht nach den handelsrechtlichen Vorschriften zur Offenlegung verpflichtet sind, gelten die Vorschriften der §§ 114 und 117 WpHG zur Veröffentlichung eines Jahresfinanzberichts.
Rn. 4
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Seit dem 01.01.2007 wurden i. R.d. sog. Gesetzes über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) vom 10.11.2006 (BGBl. I 2006, S. 2553ff.) die Handels-, Genossenschafts- und Partnerschaftsregister auf einen elektronischen Betrieb umgestellt, ein elektronisches UN-Register im Internet etabliert sowie die Vorgehensweise bezüglich der Einreichung, die Einreichungspflichten und Sanktionsmechanismen hinsichtlich der Offenlegung von Abschlüssen geändert (vgl. hierzu Noack, NZG 2006, S. 801ff.; Kussmaul/Ruiner, KoR 2007, S. 672ff., jeweils m. w. N.). Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) vom 05.07.2021 (BGBl. I 2021, S. 3338ff.) wurde das UN-Register sodann zum einzigen Offenlegungsmedium gemacht und insbesondere die zusätzliche Offenlegung im BAnz (sog. Doppelpublizität) abgeschafft (vgl. auch BT-Drs. 19/28177, S. 101).
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der konsequenten Durchsetzung der EHUG-Vorgaben erfuhren die sehr umfassenden Offenlegungsvorschriften sowohl von Seiten der betroffenen UN als auch in der Literatur teils differenzierte Kritik (vgl. Centrale für GmbH, GmbHR 2005, S. 924f.; Kuntze-Kaufhold, GmbHR 2009, S. 73ff.; Grottke et al., DStR 2012, S. 94ff.). Dem wiederum begegnete die EU mit der Verabschiedung der R 2012/6/EU (ABl. EU, L 81/3ff. vom 21.03.2012). Danach ist es zumindest sog. "Kleinstbetrieben" erlaubt, einen vereinfachten JA aufzustellen und die Offenlegung wahlweise in Form einer Hinterlegung zu erfüllen (vgl. HdR-E, HGB § 325, Rn. 19ff.). In Deutschland wurden diese zusätzlichen Erleichterungen im Zuge des sog. Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetzes (MicroBilG) vom 20.12.2012 (BGBl. I 2012, S. 2751ff.) umgesetzt.
B. Begriff der Offenlegung
Rn. 5
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
In den Vorschriften der §§ 325–329 fehlt eine exakte Legaldefinition des Begriffs der Offenlegung. Bis zum Inkrafttreten des EHUG zum 01.01.2007 verdeutlichte ein Klammerzusatz in der Überschrift zum Vierten Unterabschnitt noch, dass lediglich die Einreichung zu einem Register sowie die Bekanntmachung im BAnz als Offenlegung anzusehen waren. Seit der Umsetzung des DiRUG umfasst der Begriff der Offenlegung allein die elektronische Übermittlung der RL-Unterlagen an die das UN-Register führende Stelle (vgl. § 325 HGB).
Die Offenlegung stellt einen Vorgang zur Informatio...