Dr. Falk Mylich, Prof. Dr. Heribert Anzinger
Tz. 392
§ 276 Größenabhängige Erleichterungen
Kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 1, 2) dürfen die Posten § 275 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 oder Abs. 3 Nr. 1 bis 3 und 6 zu einem Posten unter der Bezeichnung "Rohergebnis" zusammenfassen. Die Erleichterungen nach Satz 1 gelten nicht für Kleinstkapitalgesellschaften (§ 267a), die von der Regelung des § 275 Absatz 5 Gebrauch machen.
1. Einleitung
a) Überblick
Tz. 393
§ 276 Satz 1 HGB beruht auf Art. 27a, c der 4. EG-Richtlinie. § 276 Satz 2 HGB wurde durch das MicroBilG eingeführt und ist eine Folge von § 275 Abs. 5 HGB. Durch das BilRUG wurde § 276 Satz 2 HGB a. F. gestrichen, weil er für Kleinstkapitalgesellschaften die Erläuterungen zu den außerordentlichen Erträgen und Aufwendungen entbehrlich machte. Derartige Erträge und Aufwendungen müssen seit dem BilRUG nicht mehr gesondert ausgewiesen werden.
b) Entstehungsgeschichte
Tz. 394
Vgl. Tz. 286, 393.
c) Geltungsbereich
Tz. 395
Bereits seinem Wortlaut nach bezieht sich § 276 HGB auf kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften und kapitalistische Personengesellschaften (§§ 264, 264a HGB). Außerdem bezieht sich die Vorschrift auf derartige Kleinstgesellschaften.
d) Rechtspolitische Diskussion und Entwicklungsperspektiven
Tz. 396
Diese rein technische Vorschrift steht nicht in der Diskussion.
2. Erläuterung
Tz. 397
§ 276 Satz 1 HGB lässt es für kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften zu, dass diese bei Anwendung des Gesamtkostenverfahrens die folgenden Posten unter der Bezeichnung "Rohergebnis" zusammenfassen:
- Umsatzerlöse
- Erhöhung oder Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen
- Andere aktivierte Eigenleistungen
- Sonstige betriebliche Erträge
- Materialaufwand
Tz. 398
§ 276 Satz 1 HGB lässt es für kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften zu, dass diese bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens die folgenden Posten unter der Bezeichnung "Rohergebnis" zusammenfassen:
- Umsatzerlöse
- Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen
- Bruttoergebnis vom Umsatz
- Sonstige betriebliche Erträge
Tz. 399
Machen kleine und mittelgroße Gesellschaften vom Wahlrecht des § 276 Satz 1 HGB Gebrauch, verliert die GuV erheblich an Aussagekraft. In der AG gewährt § 131 Abs. 1 Satz 3 AktG den Aktionären, dass ihnen in der Hauptversammlung eine ungekürzte GuV vorgelegt wird. GmbH-Gesellschafter haben dieses Recht nicht; sie können aber von ihrem Informationsrecht gem. § 51a GmbHG Gebrauch machen und dadurch die Bedeutung von § 276 Satz 1 HGB einschränken. Letztlich läuft es bei mittelgroßen Kapitalgesellschaften darauf hinaus, dass diese die GuV in zwei Varianten aufstellen müssen: Zur Vorlage gegenüber den Gesellschaftern bzw. zur Erfüllung der Informationspflichten gegenüber den Gesellschaftern müssen sie eine GuV erstellen, die § 275 Abs. 2, Abs. 3 HGB entspricht. Für die Offenlegung des Jahresabschlusses verwenden sie die GuV gem. § 276 Satz 1 HGB, soweit Detailinformationen nicht nach außen dringen sollen. Bei kleinen Kapitalgesellschaften genügt die Aufstellung einer GuV, die § 275 Abs. 2, Abs. 3 HGB entspricht, um die Informations- und Vorlagepflichten gegenüber den Gesellschaftern zu erfüllen. Eine GuV im Sinne von § 276 Satz 1 HGB muss nicht aufgestellt werden, weil man z. B. auf die Offenlegung verzichten darf (vgl. § 326 Abs. 1 Satz 1 HGB). Die GmbH-Gesellschafter können aber weder in der Satzung noch durch Beschluss auf die Auskunft zu Details in der GuV verzichten (§ 51a Abs. 3 GmbHG).
Tz. 400
§ 276 Satz 2 HGB n. F. regelt für Kleinstkapitalgesellschaften (vgl. § 267a HGB), dass diese nicht von § 276 Satz 1 HGB Gebrauch machen können, wenn sie bereits von § 275 Abs. 5 HGB Gebrauch gemacht haben.