Dr. Mathias Link, Mag. Klemens Eiter
Tz. 156
Gemäß IFRS 10.4(c) sind Investmentgesellschaften grundsätzlich von der Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses und damit auch der von Pflicht zur Konsolidierung ggf. vorhandener Tochterunternehmen befreit. Um als Investmentgesellschaft zu qualifizieren, ist nach den Bestimmungen des IFRS 10.27 jedoch die kumulative Erfüllung folgender Kriterien erforderlich:
- Das Unternehmen erhält für die Erbringung von Vermögensverwaltungsdienstleistungen Finanzmittel von einem oder mehreren Investoren.
- Der den Investoren zugesicherte Geschäftszweck des Unternehmens liegt allein in der Anlage von Mitteln zwecks Generierung von Wertsteigerungen und/oder Erwirtschaftung von Kapitalerträgen (bspw. Zinsen oder Dividenden). Gemäß IFRS 10.B85I dürfen der potenziellen Investmentgesellschaft keine anderweitigen, einem Fremdvergleich nicht standhaltenden besonderen Vorteile aus ihren Anlageobjekten zufließen. Nach IFRS 10.B85F–10.B85G muss die potenzielle Investmentgesellschaft zudem über sog. Exit-Strategien für sämtliche, eine unbestimmte Laufzeit aufweisenden Investments verfügen.
- Die Ertragskraft wird bei allen Anlageobjekten auf der Basis des beizulegenden Zeitwerts gemessen und beurteilt. Zudem wird die Ertragskraft regelmäßig an das Schlüsselmanagement sowie die Investoren berichtet (IFRS 10.B85K).
Tz. 157
In IFRS 10.28 listet der Standardsetzer typische Charakteristika einer Investmentgesellschaft auf, die im Rahmen der Beurteilung einer potenziellen Kategorisierung hilfreich – d. h. diese haben ausschließlich Indiziencharakter – sind. Charakteristisch für eine Investmentgesellschaft ist es, wenn ein Unternehmen
- mehr als ein Investment hält,
- mehr als einen Investor besitzt,
- als Investoren keine ihm nahe stehenden Unternehmen bzw. Personen im Sinne des IAS 24 aufweist und
- seine Eigentumsanteile in Form von Eigenkapitalanteilen bzw. eigenkapitalähnlichen Anteilen vorliegen.
Für den Fall, dass eine Investmentgesellschaft einzelne dieser Merkmale nicht aufweist, hat es die gemäß IFRS 12.9 A erforderlichen Angaben offenzulegen.
Tz. 158
Handelt es sich bei einem Mutterunternehmen um eine Investmentgesellschaft im Sinne des IFRS 10, so sind dessen Tochterunternehmen im Abschluss des Mutterunternehmens in Übereinstimmung mit IAS 39 bzw. IFRS 9 GuV-wirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten (IFRS 10.31). Von einer Vollkonsolidierung ist demnach abzusehen. Eine Ausnahme hiervon besteht gemäß IFRS 10.32 für den Fall, dass die Investmentgesellschaft ein Tochterunternehmen beherrscht, das mit der Anlagetätigkeit der Investmentgesellschaft zusammenhängende Dienstleistungen – bspw. administrative Dienstleistungen oder Dienstleistungen in der Anlageberatung bzw. -verwaltung – anbietet. In diesen Fällen ist eine Vollkonsolidierung des entsprechenden Tochterunternehmens geboten.
Tz. 159
Wenn ein nicht als Investmentgesellschaft zu qualifizierendes Mutterunternehmen solche Gesellschaften beherrscht, sehen die Bestimmungen des IFRS 10.33 vor, dass das Mutterunternehmen diese Investmentgesellschaften vollständig zu konsolidieren hat. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die unmittelbar beherrschten Investmentgesellschaften, sondern auch für deren Tochterunternehmen. In einem potenziellen IFRS-(Teilkonzern-)Abschluss der entsprechenden Investmentgesellschaften käme es demnach zu einer Bewertung Letztgenannter zum beizulegenden Zeitwert, während diese im Abschluss des der Investmentgesellschaft übergeordneten Mutterunternehmens vollständig zu konsolidieren wären.