Dr. Mathias Link, Mag. Klemens Eiter
Tz. 190
Der Begriff der Weiterveräußerung ist wirtschaftlich im Sinne eines Bilanzabgangs zu verstehen. Dazu wird regelmäßig die Übertragung des rechtlichen, im Einzelfall aber schon die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums (§ 246 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz HGB) ausreichen. Zwar suggeriert der Wortlaut des Abs. 1 Nr. 3, dass alle Anteile veräußert werden sollen. Entscheidend ist jedoch, dass sich die Veräußerungsabsicht auf eine solche Anzahl von Anteilen bezieht, dass nach Veräußerung eine Konsolidierung nach § 290 HGB nicht möglich wäre. Da es auf ein Ausscheiden aus dem Konsolidierungskreis ankommt, sind nur beabsichtigte Veräußerungen an außerhalb des Konzerns stehende fremde Dritte relevant.
Tz. 191
Entscheidend zur Bestimmung der Absicht ist der Wille des Veräußernden. Dieser Wille muss durch objektive Anhaltspunkte belegbar sein und das Projekt muss tatsächlich realisierbar sein. Objektive Anhaltspunkte für eine Veräußerungsabsicht sind z. B.:
- Ausweis im Umlaufvermögen (wird z. T. als zwingend notwendig erachtet)
- Abschluss von Verträgen, Vorverträgen (nicht ohne weiteres ausreichend sind demgegenüber Letters of Intent, Term Sheets etc.)
- Kaufoptionen, Wandlungsrechte (wenn mit Ausübung realistisch zu rechnen ist)
- Einleitung von Verkaufsverhandlungen oder Bieterverfahren
- Beauftragung eines Maklers
- Fassen von Vorstands-, Aufsichtsrats- oder Gesellschafterbeschlüssen
- Weiterveräußerungsauflagen von Wettbewerbsbehörden
Tz. 192
Die Anteile müssen ausschließlich zum Zwecke ihrer Weiterveräußerung gehalten werden. Schädlich sind daher
- die (wenn auch nur vorübergehende) Einflussnahme auf die Finanz- oder Geschäftspolitik, die auf eine Integration des Tochterunternehmens in den Konzernverbund abzielt;
- Maßnahmen, die das Tochterunternehmens in einem verkaufsfähigen Zustand bringen sollen.
Unschädlich sind demgegenüber normale Geschäftsbeziehungen zum Tochterunternehmen und Maßnahmen, die auf die bloße Aufrechterhaltung der Verkaufsfähigkeit abzielen.
Die Weiterveräußerungsabsicht muss bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs bestanden haben. Wurde das Unternehmen bereits in den Konzernabschluss einbezogen, scheidet Abs. 1 Nr. 3 von Vornherein aus. In einem solchen Fall kann die Norm auch nicht künstlich herbeigeführt werden. Beispiel nach DRS 19.97: Das gesamte Reinvermögen eines bereits konsolidierten Tochterunternehmens soll im Wege des Asset Deals veräußert werden. In einem ersten Schritt werden sämtliche Vermögensgegenstände auf ein neu gegründetes Tochterunternehmen übertragen, dessen Anteile dann veräußert werden sollen. Abs. 1 Nr. 3 ist nicht anwendbar.