Dr. Mathias Link, Mag. Klemens Eiter
Tz. 559
Im Jahresabschluss herrscht das Diktat der intertemporalen Stetigkeit der Bewertungsmethoden (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB). Diese Stetigkeit wird auf Ebene des Konzernabschlusses um eine Dimension erweitert, d. h. innerhalb des einheitstheoretischen Rechtsgebildes sind gleiche oder gleichartige Sachverhalte konsistent, zwischen den Tochterunternehmen, zu bewerten. Art- oder funktionsgleiche Vermögensgegenstände oder Schulden sind unter gleichen wertbestimmenden Bedingungen gleich zu bewerten, wobei hier nicht auf die Höhe, sondern auf die Methode abzustellen ist. Die Begrifflichkeit "gleicher" Sachverhalte ist eng auszulegen. Insbesondere bei international agierenden Konzernen sollen unterschiedliche Sachverhalte nicht unsachgemäß zu Bewertungsvereinfachungszwecken vereinheitlicht werden. Bewertungsrelevante, z. B. länderspezifische, Umstände sollen nicht konsequent ignoriert werden und der Vereinheitlichung zum Opfer fallen. Dementgegen wird in der Konzernrechnungslegungspraxis aus informationellen Gründen der Kreis der Vereinheitlichung eher weit gezogen. Die Auslegung ist einzelfallabhängig zu würdigen. Unter Berücksichtigung von Wesentlichkeitsaspekten und unter Wahrung des Informationsinteresses des Bilanzadressaten sollte im Zweifelsfall die enge Auslegung der Begrifflichkeit den Vorzug erhalten.
Tz. 560
Die Ausübung von bestehenden Methodenwahlrechten bei der Aufstellung des Konzernabschlusses wird durch das Einheitlichkeitsgebot doppelt eingeschränkt. Zunächst durch die Bindung an die Bewertungsmethoden des Jahresabschlusses des Mutterunternehmens, in der Folge durch die Vereinheitlichung der anwendbaren Bewertungsmethoden bei bestimmten Vermögensgegenständen und Schulden. Die Grenzen der Vereinheitlichung verschwimmen z. T.: Fragen stellen sich dabei u. a. hinsichtlich der Notwendigkeit der Vereinheitlichung von Abschreibungsdauern bei art- oder funktionsgleichen Vermögensgegenständen oder der Komposition der Herstellungskosten ähnlich produzierender Fertigungsstandorte. Es erscheint zum Teil unklar, wie weit die Vereinheitlichung greifen soll. Logische Konsequenz des Einheitlichkeitsgebots – die Kehrseite – ist aber auch die unterschiedliche bilanzielle Behandlung von nicht art- oder funktionsgleichen Sachverhalten.
Tz. 561
Das Einheitlichkeitsgebot gilt unter gleichen wertbestimmenden Bedingungen. In internationalen Konzernen werden diese u. a. länderspezifisch beeinflusst. Dies kann zu einer unterschiedlichen Bewertung auch von art- oder funktionsgleichen Vermögensgegenständen und Schulden führen.Wertbestimmende Bedingungen stellen insbesondere standort-, branchen- und betriebsspezifische Faktoren dar, die den Vermögensgegenstand bzw. die Schuld hinsichtlich ihrer Bewertung (der Höhe nach) prägen. Eine Durchbrechung der Einheitlichkeit ist lediglich im umgekehrten Fall, z. B. bei nicht gleichen/ähnlichen Standortfaktoren, möglich.
BEISPIEL
Unternehmen A ist Energieversorger und betreibt verschiedene Kraftwerke. Zu den Kraftwerken zählen auch Wasserkraftwerke in Europa, Asien und Afrika. Die Kraftwerke werden in den Regionen von den jeweiligen regionalen Tochtergesellschaften betrieben. Der Verschleiß der Anlagen ist standortbedingt sehr unterschiedlich. Insbesondere leiden die in Afrika verwendeten Transformatoren unter den örtlichen klimatischen Gegebenheiten. Zudem wurden Wasserkraftanlagen in Asien an vereinzelten Standorten mit erhöhter seismischer Aktivität gebaut. Aufgrund dessen ist der Verschleiß der Bauwerke, wie auch der Erhaltungsaufwand. wesentlich höher, als bei den baugleichen Kraftwerken in Europa.
Eine Einheitlichkeit der Abschreibungsdauern im Konzernabschluss wäre aufgrund der regionenspezifischen Besonderheiten nicht sachgerecht. Gleiche wertbestimmende Bedingungen liegen nicht vor.
Ein bloßer Verweis auf die Bedingungen des Rechnungswesens als Ursache einer uneinheitlichen Bewertung taugt nicht als Begründung. Hierin lässt sich vielmehr ein Verstoß gegen die Regelungen des § 308 HGB sehen.