Dr. Falk Mylich, Dr. Thilo Schülke
Tz. 92
IAS 8.43–.47 regeln Ausnahmen vom Grundsatz der erfolgsneutralen rückwirkenden Korrektur. Soweit die Korrektur der Anfangssalden und Vorjahreswerte undurchführbar (impractible) ist, muss die Bilanzkorrektur nicht rückwirkend durchgeführt werden. Undurchführbar ist die rückwirkende Korrektur nach der Definition in IAS 8.5, wenn die Anfangssalden und Vorjahreswerte "trotz aller angemessenen Anstrengungen" (every reasonable effort) nicht zutreffend ermittelt werden können. Mit dieser Formel werden der Grundsatz der Verlässlichkeit und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz adressiert. Bei der Bemessung des gebotenen Aufwands ist eine Abwägung zwischen dem Gewicht des Fehlers (Relevanz), der Bedeutung der zutreffenden Darstellung des Fehlers für die Abschlussadressaten (Wesentlichkeit) und der Kosten der rückwirkenden Korrektur vorzunehmen. Unterbleiben kann die rückwirkende Korrektur auch, soweit die Beschaffung der erforderlichen Sachverhaltsinformationen objektiv unmöglich ist, etwa weil die erforderlichen Daten aus Datenschutzgründen gelöscht werden mussten. In der Praxis kommt die in dieser Einschränkung zum Ausdruck kommende Anwendung des Wesentlichkeitsgrundsatzes selten zur Anwendung. Die Regel läuft in den meisten Fällen leer, es ist zu korrigieren.
Die IAS 8.50–.52 regeln weitere, in IAS 8.47 Satz 3 adressierte, Leitlinien zur Beurteilung der Undurchführbarkeit einer rückwirkenden Korrektur.
Die Durchführbarkeit ist periodenbezogenen zu beurteilen. Soweit eine rückwirkende Korrektur teilweise durchführbar ist, muss sie vorgenommen werden, soweit das möglich ist. Nach IAS 8.44 sind dann die Eröffnungsbilanz- und die Vergleichswerte mit den Werten anzusetzen, die sich aus der durchführbaren Korrektur ergeben. Nur im Einzelfall kann die rückwirkende Korrektur eines wesentlichen Fehlers vollständig unterbleiben (vgl. IAS 8.44 und IAS 8.45).