Tz. 2
Verletzt der Vorstand seine Pflichten, haftet er gem. § 93 Abs. 2 Satz 1 AktG auf Schadensersatz. Die Rechnungslegungspflicht trifft den Vorstand als Organ, jedoch kann intern über die Zuständigkeit disponiert werden. Nicht mit der Rechnungslegung befasste Vorstandsmitglieder haben jedoch für ordnungsgemäße Auswahl und Überwachung ihrer mit der Rechnungslegung befassten Kollegen zu achten. Zu ersetzen sind alle durch fehlerhafte Aufstellung des JA verursachten Schäden. Erfasst ist der notwendige Korrekturaufwand, falls der Abschlussprüfer bestimmte Wertansätze moniert. Im Falle des nichtigen JA haftet der Vorstand für alle mit erneuter Aufstellung und Prüfung entstandenen Vermögensnachteile. Da sind die Kosten der Neuaufstellung und die Kosten der erneuten Prüfung. Darüber hinaus kann es zu Reputationsschäden kommen, die sich z. B. in geringeren Erlösen bei der Ausgabe junger Aktien oder Anleihen manifestieren.
Tz. 3
(einstweilen frei)
Tz. 4
Bei fehlerhafter Rechnungslegung kommt eine Haftung des Vorstands der AG auch aus § 93 Abs. 3 Nr. 1 bzw. Nr. 5 AktG in Betracht. Hierbei handelt es sich um eine eigene Anspruchsgrundlage, die neben § 93 Abs. 2 Satz 1 AktG zur Anwendung gelangt, wobei die eigenständige Bedeutung nicht so greifbar ist wie bei § 43 Abs. 2 und § 43 Abs. 3 GmbHG. Der Anspruch ist immer dann gegeben, wenn aufgrund eines fehlerhaften JA Vermögen als Bilanzgewinn verteilt worden ist, obwohl das bei korrekter Bilanzierung nicht mehr möglich gewesen wäre. Stets ist somit alternativ zu prüfen, ob und in welcher Höhe auch bei korrekter Bilanzierung Gewinne hätten verteilt werden können.
Tz. 5
Fraglich ist, ob die Heilung des JA gem. § 256 Abs. 6 AktG nicht nur zur Heilung des Gewinnverwendungsbeschlusses, sondern auch zu einem Wegfall der Schadensersatzansprüche führt. Das ist abzulehnen. Die Heilung hat lediglich die Aufgabe, für einen wirksamen JA zu sorgen und ggf. den Berechtigten, die Ansprüche auf den JA stützten, nunmehr eine sichere Basis zu liefern. Ein Erstattungsanspruch wie § 62 Abs. 1 AktG ist gerade kein Schadensersatzanspruch. Hingegen muss ein Schadensersatzanspruch von einer Heilung unabhängig sein. Der Schaden der Gesellschaft verliert schließlich durch Heilung nicht seine Grundlage. Allerdings wird man auf § 93 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 5 AktG gestützten Ansprüchen die Grundlage entziehen müssen, sodass es trotz Heilung bei Ansprüchen aus § 93 Abs. 2 Satz 1 AktG bleibt.
Tz. 6
Bei der Haftung aus § 93 AktG handelt es sich um eine Haftung gegenüber der Gesellschaft. Eine Außenhaftung gegenüber Neugläubigern kann sich aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a InsO ergeben, wenn durch fehlerhafte Aufstellung des JA eine bilanzielle Überschuldung verkannt und dadurch eine tatsächliche Überschuldung nicht geprüft und verkannt wird. Aktionäre oder Dritte haben grundsätzlich keinen direkten Anspruch gegen den Vorstand, es sei denn, dass dieser zusätzliche Dritthaftungstatbestände verwirklicht. Werden fehlerhafte Bilanzdaten an den Kapitalmarkt weitergegeben, kommt (aber nur unter erschwerten Voraussetzungen) ein Anspruch aus § 826 BGB in Betracht. Ob darüber hinaus Rechnungslegungsvorschriften als Schutzvorschriften i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB eingestuft werden können, ist fraglich. Das wird für §§ 283, 283b StGB bejaht, während sowohl § 91 Abs. 1 AktG als auch der inhaltsgleiche § 41 GmbHG wiederum kein Schutzgesetz sein sollen. Maßgeblich ist die qualifizierte Fallgestaltung der §§ 283, 283b StGB gegenüber den allgemeinen Buchführungspflichten. Ob § 41 GmbHG bzw. § 91 Abs. 1 AktG hingegen bei qualifiziertem Vertrauen auf die Buchführung doch Schutzgesetzeigenschaft entfaltet, ist ungeklärt. Zu bedenken ist allerdings, dass eine Haftung für leichte Fahrlässigkeit im Widerspruch zur speziellen Informationshaftung aus § 23 Abs. 1 WpPG, §§ 37b Abs. 2, 37c Abs. 2 WpHG stehen würde.
Tz. 7
§ 331 HGB bzw. § 400 AktG stellen die unrichtige Darstellung der Lage der Gesellschaft durch falsche Angaben im Jahres- oder Konzernabschluss bzw. durch fehlerhafte Weitergabe von Informationen an den Abschlussprüfer (§ 320 HGB) unter Strafe. Nach ganz h. M. sollen diese Vorschriften Schutzgesetze i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB sein.
Tz. 8
Stellt der Vorstand den JA nicht selber auf, sondern bedient sich entweder der Hilfe von Mitarbeitern oder der Hilfe externer Sachverständiger, ist deren schuldhafte Pflichtverletzung dem Vorstand nicht zurechenbar, da sie nicht dessen Erfüllungsgehilfen für die Geschäftsführung gegenüber der AG sind. Auch schuldhafte Pflichtverletzungen der Vorstandskollegen sind weder über § 278 BGB noch über § 31 BGB zurechenbar. Der Vorstand haftet nur für eigenes Verschulden, was in der fehlerhaften Überwachung oder Auswahl der Vorstandskollegen oder (externen) Berater liegen kann.