Prof. Dr. Frank Peter Schuster
Tz. 220
Das Ordnungsgeldverfahren wird vom Bundesamt für Justiz durchgeführt. Es ist kein Antrag erforderlich; das Bundesamt ermittelt von Amts wegen. Hinsichtlich der Frage, ob es gegen die Organmitglieder betrieben oder gegen die Gesellschaft vorgegangen werden soll (vgl. Tz. 213) steht der Behörde ein Auswahlermessen zu.
Tz. 221
Im Rahmen der Androhungsverfügung ist das Ordnungsgeld in bestimmter Höhe zu beziffern. Die Höhe beträgt grundsätzlich mindestens 2.500 EUR und höchstens 25.000 EUR (§ 335 Abs. 1 Satz 4 HGB aber vgl. Tz. 222). Hinsichtlich der Bemessung im Einzelfall besteht ein Ermessen, wobei gem. § 335 Abs. 1c HGB auch frühere Verstöße des Betroffenen zu berücksichtigen sind; nach allgemeinen Grundsätzen ist zudem auch die Größe des Unternehmens in die Bemessung einzubeziehen (ansonsten vgl. Tz. 201 zu § 334 HGB).
Tz. 222
Sofern die KapGes kapitalmarktorientiert i. S. d. § 264d HGB ist, galt gem. § 335 Abs. 1 Satz 4 2. Hs. HGB i. d. F. vom 03.07.2015 ein Höchstbetrag von 250.000 EUR (vgl. Tz. 209). Nach § 335 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1–3 HGB i. d. F. vom 01.10.2015 erhöhte sich der Höchstbetrag nochmals ganz erheblich, entweder auf 10 Mio. EUR, 5 % des Jahresgesamtumsatzes oder den zweifachen Wert des wirtschaftlichen Vorteils, der aus der versäumten Offenlegung gezogen wurde, je nachdem welcher Betrag höher ausfällt. Der zu berücksichtigende Gesamtumsatz wird in § 335 Abs. 1b HGB ausdifferenziert. Bei konzernangehörigen Unternehmen wird er auf den gesamten Konzern bezogen, da dieser eine entsprechende Wirtschaftskraft besitzt. Maßgeblich ist das vorausgehende Geschäftsjahr; ist ein Jahresabschluss oder Konzernabschluss noch nicht verfügbar, ist das davorliegende Geschäftsjahr maßgeblich, ansonsten kann der Gesamtumsatz geschätzt werden. Angesichts des verfassungsrechtlich garantierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist bei der Bemessung unbedingte Zurückhaltung geboten (vgl. Tz. 212). Richtet sich das Ordnungsgeldverfahren gegen eine natürliche Person, gilt gem. § 335 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1–2 HGB als gesetzliche Obergrenze entweder 2 Mio. EUR oder der zweifache Wert des wirtschaftlichen Vorteils, der aus der versäumten Offenlegung gezogen wurde, je nachdem welcher Betrag höher ausfällt.
Tz. 223
Den Beteiligten ist aufzugeben, innerhalb einer Frist von sechs Wochen vom Zugang der Androhung an (§ 335 Abs. 3 Satz 1 HGB) ihrer genau zu bezeichnenden gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen. Die Verfügung muss einen Hinweis auf die Zulässigkeit des Einspruchs beim Bundesamt enthalten. Mit der Androhung des Ordnungsgeldes sind den Beteiligten zugleich die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Die Auferlegung der Verfahrenskosten ist allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn ein vorwerfbares Verhalten (vgl. Tz. 218) vorliegt. Der Einspruch kann deshalb auch auf Einwendungen gegen die Entscheidung über die Kosten beschränkt werden (§ 335 Abs. 3 Satz 3 HGB).
Tz. 224
Kommen die Beteiligten der Aufforderung nach, ist das Verfahren beendet. Versäumen sie innerhalb der Frist ihrer Offenlegungspflicht nachzukommen oder die Unterlassung mittels Einspruchs zu rechtfertigen, wird unter Wiederholung der Androhungsverfügung (§ 335 Abs. 4 Satz 1 HGB) das bereits zuvor angedrohte Ordnungsgeld festgesetzt. Sofern das Ordnungsgeld gegen eine kapitalmarktorientierte KapGes (§ 264d HGB) oder gegen ein Mitglied ihrer Vertretungsorgane festgesetzt wird, erfolgt zudem eine Unterrichtung der BaFin nach § 335 Abs. 1d HGB, welche die Festsetzung auf ihrer Internetseite unverzüglich (bei nicht bestands- oder nicht rechtskräftigen Entscheidungen erfolgt ein entsprechender Hinweis) bekannt gibt (§ 40c WpHG n. F.). Durch die Benennung des Verstoßes und der für den Verstoß Verantwortlichen erhalten derartige Vorgänge künftig eine breite Öffentlichkeitswirkung (naming and shaming), wobei nur in Ausnahmefällen ein zeitlicher Aufschub oder eine Anonymisierung vorgesehen ist. Kommen die Beteiligten ihrer gesetzlichen Verpflichtung lediglich verspätet nach, ist das Ordnungsgeld nach § 335 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1–4 HGB herabzusetzen. Bei geringfügiger Überschreitung (Nr. 4), i. d. R. nicht mehr als zwei Wochen nach Ablauf der Nachfrist, dürften 10 % des ansonsten angemessenen Betrags, auch des gesetzlichen Mindestbetrags (d. h. 250 EUR), noch angemessen sein. Erfolgt die Erfüllung der Veröffentlichungspflichten erst nach Festsetzung des Ordnungsgeldes, kommt eine Herabsenkung nicht mehr in Betracht (§ 335 Abs. 4 Satz 3 HGB).
Tz. 225
Mit der Neufassung von § 335 Abs. 5 HGB wurden die Voraussetzungen verändert, unter denen den gesetzlichen Vertretern einer Kapitalgesellschaft Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses schriftlich beim Bundesamt zu stellen. Die Verschuldensprüfung ist von der Verschuldensprüfung von Amts wegen als Voraussetzung der Festsetzung (vgl. Tz. 218) zu unterscheiden. Denkbar sind auch Fälle, in denen erst nach Androh...