Dr. Falk Mylich, Dr. Mathias Link
Tz. 94
Die Vorschrift bezieht sich auf Kommanditgesellschaften mit einem Komplementär in Form einer Kapitalgesellschaft wie GmbH & Co. KG oder AG & Co. KG oder einer anderen juristischen Person wie Stiftung oder Genossenschaft. Ebenfalls erfasst ist die OHG, an der keine natürlichen Personen beteiligt sind. Auch die deutsche Personenhandelsgesellschaft mit ausschließlich ausländischen juristischen Personen als persönlich unbeschränkt haftenden Gesellschaftern unterfällt § 264a HGB. Auch das aus dem Steuerrecht bekannte Phänomen der doppelstöckigen Personengesellschaft fällt unter § 264a HGB. Eine doppelstöckige Personengesellschaft liegt dann vor, wenn persönlich unbeschränkt haftende Gesellschafter wiederum nur Personengesellschaften sind, bei denen keine natürliche Person unbeschränkt persönlich haftet. Sowohl die Obergesellschaft als auch die Untergesellschaft fallen unter § 264a HGB. Die KGaA ist trotz ihres persönlich unbeschränkt haftenden Gesellschafters juristische Person und fällt damit stets unter § 264 HGB.
Tz. 95
Der Wortlaut erfasst nicht die GbR, an der nur juristische Personen beteiligt sind. Gesellschaften, die große Grundstücke verwalten, Bauarbeitsgemeinschaften (ARGE) oder Emissionskonsortien sind häufig als Zusammenschluss mehrerer juristischer Personen (bzw. GmbH & Co. KGs) zu einer GbR organisiert. Gegen eine Analogie des § 264a HGB spricht, dass die GbR bereits nicht rechnungslegungspflichtig gem. §§ 238 ff. HGB ist. Die analoge Anwendung von § 264a HGB würde nicht zu einer Erweiterung der Rechnungslegung führen, sondern zu deren Begründung. Außerdem gibt es mit Verein oder Stiftung juristische Personen ohne Rechnungslegungspflichten nach den §§ 238 ff., §§ 264 ff. HGB, obwohl keine natürliche Person die unbeschränkte Haftung für Verbindlichkeiten übernimmt. Letztlich stellen sich wieder die bekannten Probleme zur Registerfähigkeit der GbR. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Probleme zur Registerfähigkeit der GbR keine anderen als bei § 162 Abs. 1 Satz 2 HGB sind und praktisch bewältigt werden können. Vom Verein oder der Stiftung unterscheiden sich die genannten Formen der GbR grundlegend, als Verein oder Stiftung nicht auf wirtschaftliche Tätigkeit ausgerichtet sind. Bei der Abwägung der Argumente ist zu bedenken, dass zumeist in der betreffenden GbR kein Vermögen gebildet wird, sodass auch keine Rechnungslegung notwendig ist. Bei Vermögensbildung und wirtschaftlicher Tätigkeit liegt fast immer eine Handelsgesellschaft, d. h. OHG, vor. Dass sich mehrere juristische Personen oder GmbH & Co. KGs zu einer GbR zusammenschließen, um dort Vermögen zu bilden ohne wirtschaftliche Tätigkeit (d. h. Vermögensverwaltung), wird vernachlässigenswert selten sein. Daher kann § 264a HGB beim Wortlaut genommen werden. Die GbR ist auch nicht im Wege der Analogie erfasst. Diese Sichtweise ist an den derzeitigen Entwicklungsstand des Gesellschaftsrechts geknüpft. Es ist jedoch nicht abwegig, dass im Handels- und Gesellschaftsrecht die Ansicht gebildet wird, dass eine GbR mit ausschließlich Kaufleuten als Gesellschaftern bzw. eine an einer OHG beteiligte GbR als Handelsgesellschaft einzuordnen ist. In diesem Fall müsste auch eine GbR den §§ 238 ff., 264a HGB unterworfen werden.
BEISPIEL
Die A-GmbH, B-GmbH und C-GmbH erwerben gemeinsam ein bebautes Grundstück, um es als Geschäfts- und Betriebsgrundstück zu nutzen und ggf. freie Kapazitäten zu vermieten. Entscheiden sie sich für die Errichtung der A-B-C-GbR, dann wird derzeit die Einordnung dieser GbR als Handelsgesellschaft mit Rechnungslegungspflichten nicht vertreten. Es erscheint aber bedenklich, dass jegliche Anteile an dieser GbR zum Vermögen einer Handelsgesellschaft gehören und damit in einer Handelsbilanz erfasst sind. Warum die GbR als solche dann nicht Handelsgesellschaft sein soll, ist wenig einleuchtend.
Tz. 96
Die typisch stille Gesellschaft ist nicht erfasst. Es handelt sich um eine bloße Innengesellschaft; das vom stillen Gesellschafter eingebrachte Vermögen wird dem Kaufmann zugeordnet. Bereits §§ 238 ff. HGB findet keine Anwendung, sodass §§ 264 ff. HGB erst recht nicht zur Anwendung gelangen können. Auch die atypisch stille Gesellschaft ist weder von §§ 238 ff. HGB und damit erst recht nicht von den §§ 264 ff. HGB erfasst. Zwar werden atypisch stille Gesellschafter als Mitunternehmer eingeordnet und gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG besteuert, sodass für die atypisch stillen Gesellschafter eine eigenständige Steuerbilanz errichtet werden muss, jedoch kann dieses Ergebnis nicht auf das Handelsbilanzrecht übertragen werden.
Tz. 97
Bei Scheinauslandsgesellschaften in Form von Kapitalgesellschaften aus einem Drittstaat können über § 264a HGB die §§ 264 ff. HGB zur Anwendung kommen. Anders als bei Gesellschaften aus der EU gilt hier die Sitztheorie. Hat eine derartige Kapitalgesellschaft ihren Verwaltungssitz in Deutschland, wird sie als Personengesellschaft eingestuft. Sind alle ihre Gesellschafter ausländi...