Prof. Dr. Heribert Anzinger, Prof. Dr. Nadine Antonakopoulos
Tz. 3
Grundnorm für den handelsrechtlichen Jahresabschluss aller Kaufleute und Handelsgesellschaften einschließlich der Kapitalgesellschaften ist § 242 HGB. Die Vorschrift regelt in den Abs. 1 und 2 getrennt die Verpflichtungen des Kaufmanns zu Beginn seines Handelsgewerbes einen das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellen Abschluss (Eröffnungsbilanz, Bilanz) und für den Schluss jeden Geschäftsjahres eine Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres (Gewinn- und Verlustrechnung) aufzustellen. Im HGB bezeichnet der Begriff des Abschluss die Bilanz. Den Begriff des Jahresabschlusses führt § 242 Abs. 3 HGB, wie die Jahresabschlussrichtlinie 2013/1978 in Art. 4 Abs. 1/Art. 2 Abs. 1 für die Einheit aus Bilanz und GuV ein. Einzelkaufleute, die nach § 241a HGB nicht buchführungspflichtig sind (vgl. Kapitel 2), müssen keinen Jahresabschluss aufstellen.
Für Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personengesellschaften i. S. d. § 264a HGB, die nicht Kleinstkapitalgesellschaften sind, erweitert § 264 Abs. 1 Satz 1 die Bestandteile des Jahresabschlusses um ein drittes Element, den Anhang. Er enthält Texterläuterungen zu den Zahlenwerken der Bilanz und der GuV. Der nach § 264 Abs. 1 Satz 1 HGB von mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften sowie Gesellschaften bestimmter Branchen und Rechtsformen zusätzlich aufzustellende Lagebericht ist nicht Bestandteil des Jahresabschlusses, sondern ergänzt diesen um einen Bericht des Geschäftsverlaufs, der Geschäftsergebnisse und der voraussichtlichen Geschäftsentwicklung.
Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften, die keinen Konzernabschluss aufstellen, müssen den Jahresabschluss nach § 264 Abs. 1 Satz 2 um ein viertes und fünftes Element, die Kapitalflussrechnung und den Eigenkapitalspiegel erweitern. Sie dürfen den Jahresabschluss um ein sechstes Element, die Segmentberichterstattung ergänzen.
Die durch §§ 242, 264 HGB geregelte Verpflichtung, einen Jahresabschluss aufzustellen, ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung. Unabhängig von dieser Verpflichtung kann daneben eine durch Gesellschaftsvertrag und Satzung geregelte gesellschafts(privat-)rechtliche Verpflichtung bestehen, die über die gesetzlich vorgeschriebenen Elemente des Jahresabschlusses hinausgehen kann.
Vom Jahresabschluss i. S. d. §§ 242 Abs. 3, 264 Abs. 1 HGB ist der Konzernabschluss zu unterscheiden, für dessen Bestandteile die Grundsätze ordnungsmäßiger Konzernrechnungslegung gelten und die §§ 290–315 HGB eigenständige Regelungen enthalten (vgl. Kapitel 14).