Dr. Thilo Schülke, Steve Scheffel
Tz. 63
Befristete Verbindlichkeiten: Sind solche, die noch nicht fällig sind. Sie sind als Verbindlichkeit auszuweisen, ggf. ist eine Anhangangabe erforderlich (§ 285 Nr. 1a HGB).
Tz. 64
Bedingte Verbindlichkeiten: Auflösend bedingte Verpflichtungen sind zu passivieren, aufschiebend bedingte nur dann, wenn der Bedingungseintritt so gut wie sicher ist, andernfalls ist Rückstellungsbildung erforderlich.
Tz. 65
Forderungsverzicht mit Besserungsabrede: Er stellt einen auflösend bedingten Erlass (§ 397 BGB) oder einen unbedingten Erlass mit aufschiebend bedingter Zahlungsverpflichtung dar. Im ersten Fall liegt folglich eine passivierungspflichtige auflösend bedingte Verbindlichkeit vor, im zweiten Fall eine aufschiebend bedingte, wegen der eine Rückstellung erforderlich sein kann.
Tz. 66
Optionsgeschäfte: Verpflichtung des Stillhalters, Ausübung zu dulden. Sie ist als Verbindlichkeit zu passivieren und entfällt mit Ausübung der Option. Der mit der Ausübung begründete Anspruch des Optionsinhabers entsteht erst jetzt und ist selbstständig zu beurteilen: I. d. R. wird durch ihn ein schwebendes Geschäft begründet, dessen gegenseitige Ansprüche nicht zu bilanzieren sind. Droht aus dem Geschäft ein Verlust, kommt eine Rückstellung in Betracht (steuerrechtlich nicht wegen § 5 Abs. 4a EstG).
Tz. 67
Wandel- und Optionsanleihe: Die eigentliche Anleihe wird als Verbindlichkeit passiviert; der Teil, der für die Option auf künftigen Anteilserwerb gezahlt wurde, ist in die Kapitalrücklage einzustellen (sog. Splitting-Lösung).
Tz. 68
Sog. angeschaffte Verbindlichkeiten, die etwa im Rahmen von Betriebsübernahmen durch den Kaufmann übernommen werden, sind als Verbindlichkeiten auszuweisen; sind sie ungewiss, kommt ein Ansatz als Rückstellung auch dann in Betracht, wenn ein solcher beim Veräußerer des Betriebs steuerrechtlich verboten war.
Tz. 69
Rangrücktrittserklärungen: Sie berühren die Passivierungspflicht grundsätzlich nicht. Das gilt nach BFH dann nicht mehr, wenn die Verpflichtung nur aus künftigen Gewinnen oder einem möglichen Liquidationsüberschuss zu erfüllen ist, da es an einer wirtschaftlichen Belastung fehle; das ist handelsrechtlich als Grundsatz zweifelhaft, weil so der Ausweis tatsächlich nicht realisierter Gewinne droht, jedenfalls ist aber wie bei aufschiebend bedingten Verbindlichkeiten ggf. eine Rückstellung zu bilden.
Tz. 70
Genussrechte: Sie begründen eine Pflicht zur Passivierung einer Verbindlichkeit nur dann, wenn sie bereits einen Zahlungsanspruch begründen und keinen Eigenkapitalcharakter haben, was von der konkreten Gestaltung des Genussrechts abhängt. Die ganz h. M. hält Passivierung für entbehrlich, wenn das Genusskapital nur aus einem Liquidationserlös oder nur aus dem Gewinn zu bedienen ist. Wird lediglich eine Verlustbeteiligung vereinbart, ist allerdings eine Verbindlichkeit anzusetzen; das gilt auch im Falle einer Nachrangabrede. Bilanzierung als Eigenkapital soll schon dann möglich sein, wenn die Verbindlichkeit nur nachrangig zu bedienen ist, erfolgsabhängig ist und eine Beteiligung am Verlust in voller Höhe vorgesehen ist.
Tz. 71
Debt equity swap: Er führt zur Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital, erfordert Ausbuchung der Verbindlichkeit und Ausweis im Eigenkapital, genauer: die Forderung wird als Sacheinlage eingebracht.
Tz. 72
Gesellschafterdarlehen sind als Verbindlichkeiten zu passivieren; ob sie eigenkapitalersetzend sind, spielt keine Rolle.
Tz. 73
Insolvenz des Kaufmanns führt nicht zum Erlöschen der Verbindlichkeit, da sie auch nach Abschluss des Insolvenzverfahrens noch geltend gemacht werden kann.
Tz. 74
Das Bestehen einer vorübergehenden Einrede (Zug-um-Zug-Einrede etc.) ändert nichts an der Passivierungspflicht, das Bestehen einer dauerhaften Einrede (Verjährung) schon, wenn die Einrede erhoben ist.
Tz. 75
Schuldübernahme: Die Verbindlichkeit ist auszubuchen, wenn die Voraussetzungen der Schuldübernahme erfüllt sind (Vertrag zwischen Alt- und Neuschuldner und Genehmigung des Gläubigers (§ 415 BGB) oder Vertrag zwischen Gläubiger und Neuschuldner (§ 414 BGB)).