Dr. Thilo Schülke, Prof. Dr. Heribert Anzinger
Tz. 289
IFRS 5.1(a) i. V. m. IFRS 5.15 verlangt bei zur Veräußerung gehaltenen langfristigen Vermögenswerten oder Veräußerungsgruppen eine Niederstwertbewertung mit dem niedrigeren (lower) Wert aus Buchwert (carrying amount) und beizulegendem Zeitwert abzgl. Veräußerungskosten (fair value less costs to sell).
In diesem Zusammenhang ist in der logischen Sekunde vor der erstmaligen Klassifizierung als zur Veräußerung gehalten der Buchwert des Vermögenswerts oder der Gruppe von Vermögenswerten und Schulden i. S. e. Einzelbewertung gemäß den einschlägigen IFRS (in accordance with applicable IFRSs) zu ermitteln (IFRS 5.18). Dies beinhaltet nach Ansicht des IDW gem. IDW RS HFA 2.98 auch die zwingende Durchführung eines Wertminderungstest zum Umklassifizierungszeitpunkt. Der Buchwert einer Veräußerungsgruppe ergibt sich entsprechend aus dem Saldo der in ihr enthaltenen, einzelbewerteten Vermögenswerte und Schulden.
Tz. 290
Der beizulegende Zeitwert ist in Übereinstimmung mit IFRS 13 zu ermitteln (vgl. Tz. 718 ff.). Abzuziehende Veräußerungskosten (costs to sell) sind die zusätzlichen Kosten, die der Veräußerung eines Vermögenswerts oder einer Veräußerungsgruppe direkt zugeordnet werden können – mit Ausnahme von Finanzierungskosten und Ertragsteueraufwand (IFRS 5.Anhang A). Scholvin/Ramscheid greifen hinsichtlich der Auslegung auf die Vorgaben des FASB zurück und nennen als Beispiele für Veräußerungskosten Maklergebühren, Rechts-/Beratungskosten (z. B. für eine due diligence), Kosten der Eigentumsübertragung oder unabwendbare Schließungskosten vor Eigentumsübergang. Dabei ist der Begriff der Veräußerungskosten jedoch dahingehend eng auszulegen, dass zwar auch Vorfälligkeitsentschädigungen und ähnliche Kosten zu erfassen, wohl aber rückstellungspflichtige Vorgänge (z. B. Abfindungen an Arbeitnehmer) zur Vermeidung einer doppelten Aufwandserfassung nicht zu berücksichtigen sind. Für eine Veräußerungsgruppe wird der beizulegende Zeitwert abzgl. Veräußerungskosten auf Gruppenbasis ermittelt.
Tz. 291
Ist der beizulegende Zeitwert abzgl. Veräußerungskosten eines langfristigen Vermögenswerts niedriger als sein Buchwert, hat das Unternehmen nach IFRS 5.20 eine Wertminderung des Vermögenswerts auf den niedrigeren Wert vorzunehmen und einen entsprechenden Wertminderungsaufwand (impairment loss) zu erfassen. Bei Veräußerungsgruppen erfolgt die Erfassung eines Wertminderungsaufwands gem. IFRS 5.23 unter Berücksichtigung der festgelegten Reihenfolge der Vorschriften von IAS 36.104(a) und (b) sowie 122. Diese verlangen zunächst eine vorrangige Verrechnung des Wertminderungsaufwands mit einem ggf. vorhandenen Goodwill. Verbleibt danach noch ein Differenzbetrag, wird dieser anteilig auf die langfristigen Vermögenswerte im Verhältnis ihrer Buchwerte zueinander verteilt.
BEISPIEL
Eine Veräußerungsgruppe (ZGE) weist in der logischen Sekunde vor der Umklassifizierung als zur Veräußerung gehalten folgende Buchwerte auf:
Vermögenswerte/Schulden der ZGE |
Buchwerte vor Umklassifizierung |
Goodwill |
300.000 EUR |
+ Gewerbliche Schutzrechte |
100.000 EUR |
+ Technische Anlagen und Maschinen |
900.000 EUR |
+ Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe |
450.000 EUR |
+ Forderungen aus Lieferungen und Leistungen |
1.050.000 EUR |
- Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen |
800.000 EUR |
= Buchwert der ZGE |
2.000.000 EUR |
Vor Umklassifizierung
Die Abschreibungen auf gewerbliche Schutzrechte sowie auf technische Anlagen und Maschinen für eine unterjährige Umklassifizierung wurden bereits zeitanteilig gem. IAS 16 vorgenommen. Die Geschäftsleitung des Unternehmens rechnet mit einem Veräußerungspreis in Höhe von 1,6 Mio. EUR bei anfallenden Veräußerungskosten von 100.000 EUR. Der beizulegende Zeitwert abzgl. Veräußerungskosten beträgt damit 1,5 Mio. EUR.
Im Ergebnis ist damit der Buchwert der ZGE als Summe der Vermögenswerte abzgl. Schulden derselben (2 Mio. EUR) mit dem hier niedrigeren beizulegende Zeitwert abzgl. Veräußerungskosten (1,5 Mio. EUR) zu vergleichen. Ansatz findet der niedrigere der beiden Werte. Die Differenz von 500.000 EUR ist unter Berücksichtigung von IFRS 5.23 i. V. m. IAS 36.104 zuerst auf den Goodwill, danach im Verhältnis ihrer Buchwerte zueinander auf die langfristigen Vermögenswerte der ZGE zu verteilen bzw. im Rahmen der Umklassifizierung abzuschreiben.
Vermögenswerte/Schulden der ZGE |
Buchwerte vor Umklassifizierung |
Erfassung Wertminderung |
Buchwerte nach Umklassifizierung |
Goodwill |
300.000 EUR |
- 300.000 EUR |
0 EUR |
Gewerbliche Schutzrechte |
100.000 EUR |
- 20.000 EUR |
80.000 EUR |
Technische Anlagen und Maschinen |
900.000 EUR |
- 180.000 EUR |
720.000 EUR |
Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe |
450.000 EUR |
|
450.000 EUR |
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen |
1.050.000 EUR |
|
1.050.000 EUR |
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen |
800.000 EUR |
|
800.000 EUR |
= Buchwert der ZGE |
2.000.000 EUR |
- 500.000 EUR |
1.500.000 EUR |
Nach Umklassifizierung
Tz. 292
Ist der Anwendungsbereich von IFRS 5.9 einschlägig, wird also die Ein-Jahres-Frist überschritten, regelt ...