Dr. Thilo Schülke, Prof. Dr. Heribert Anzinger
Tz. 449
Die Anwendung der Indikatoren erfordert zunächst eine Betrachtung auf Ebene einzelner Vermögenswerte (IAS 36.66). I. d. R. ist jedoch – in isolierter Betrachtung – weder der Nutzungswert eines materiellen Vermögenswerts bestimmbar, noch notieren Nettoveräußerungspreise für immaterielle Vermögenswerte. Dies führt den Bilanzersteller zwangsweise an die Grenzen der Praktikabilität des Werthaltigkeitstests, wodurch die Bedeutung der Einzelbewertung hinter die Bewertung auf aggregierter Ebene (CGU) zurücktritt. Die zu überwachende Ebene definiert sich als kleinste eigenständig Zahlungsmittel generierende Einheit (cash generating unit) im Unternehmen. Die Betonung liegt hierbei primär auf der Generierung von Zahlungsmitteln im Sinne von Zahlungsmittelzuflüssen (cash inflows). Bei der Anwendung der Indikatoren gilt: Indikatoren und Wertminderungstest bedingen eine Anwendung auf gleicher Betrachtungsebene.
Tz. 450
Ungeachtet der Betrachtungsebene werden die gleichen Wertminderungsindikatoren (IAS 36.12) angewandt. Der Standard unterscheidet zwischen externen und internen Indikatoren. Externe Indikatoren beziehen sich u. a. auf die außergewöhnliche Minderung des Marktwerts des Vermögenswerts über eine normale Abnutzung hinaus oder auf einen über die Marktkapitalisierung hinausgehenden Eigenkapitalwert. Interne Indikatoren stellen z. B. Beschädigungen des Vermögenswerts oder eine gegenüber der ursprünglichen Erwartung verringerte Leistungsfähigkeit dar. Die Indikatoren sind mit Augenmaß anzuwenden. Übersteigt z. B. die Marktkapitalisierung die Eigenkapitalausstattung ergibt sich nicht zwangsläufig ein Wertminderungsbedarf, z. B. könnte der Markt die kurzfristigen gegenüber den langfristigen Entwicklungen übergewichten.
BEISPIEL
Der Energieversorger X betreibt mehrere Solarparks sowie Atomkraftwerke in Europa. Der Anstieg kurzfristiger Zinssätze in der europäischen Union deutet auf einen Wertminderungsbedarf der Anlagen hin. Wegen der langen Laufzeit der Anlagen wirkt sich der Anstieg der kurzfristigen Zinssätze hingegen nur unwesentlich auf den Gesamtwert der Anlagen aus. In einer Gesamtschau kann nicht von einer Wertminderung ausgegangen werden.
Die Liste der Wertminderungsindikatoren nach IAS 36 ist nicht als abschließend zu verstehen (IAS 36.13), d.h. auch andere Ereignisse können auf eine Wertminderung hindeuten.
Tz. 451
Eine bedeutende Signalwirkung bei internen Indikatoren ergibt sich insbesondere aus negativen Abweichungen zwischen Plan- und Ist-Zahlen (IAS 36.14). Eine konkrete Auslegung quantitativer Größen fehlt zwar, jedoch sollen nur wesentliche (significant) Abweichungen beachtlich sein. Mangels expliziter Erläuterung muss der Wesentlichkeitsbegriff durch Rückgriff auf andere Standards an Gehalt gewinnen. IAS 39 hält Abweichungen i. H. v. 20 % für signifikant (IAS 39.61). Diese Auslegung entfaltet u. E. auch für IAS 36 Bindungswirkung.
Tz. 452
Deuten externe Indikatoren einen Wertminderungsbedarf an, ergeben sich Fragen hinsichtlich der Ebene der Durchführung des Wertminderungstests. Ein nicht direkt zurechenbarer Indikator löst einen "globalen" Wertminderungstest für das gesamte Unternehmen aus, d. h. auf allen CGU-Ebenen. Interne Informationen hingegen, wie z. B. die Beschädigung einer Anlage, lassen sich zweifelsohne zuordnen und führen zum "lokalen" Wertminderungstest auf Vermögenswert oder einzelner CGU-Ebene.
Tz. 453
Weist ein Indikator auf eine Wertminderung hin, ist unabhängig von einem real existierenden Wertminderungsbedarf eine Neubeurteilung der Faktoren zur planmäßigen Abschreibung (Nutzungsdauer, Restwert und Abschreibungsmethode; IAS 36.17) vorzunehmen. Ein eventueller Änderungsbedarf stellt eine Schätzungsänderung gem. IAS 8 dar.