Dr. Thilo Schülke, Prof. Dr. Heribert Anzinger
Tz. 126
Finanzanlagen sind nach der allgemeinen Regel gem. § 253 Abs. 3 Satz 3 HGB abzuschreiben, wenn eine dauerhafte Wertminderung vorliegt. Zusätzlich normiert § 253 Abs. 3 Satz 4 HGB für Finanzanlagen ein Wahlrecht, Abschreibungen auch bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung vorzunehmen.
Tz. 127
Börsennotierte Aktien
Im Falle börsennotierter Aktien ist nach der Rechtsprechung von einer dauerhaften Wertminderung auszugehen, wenn der Börsenkurs zzgl. Anschaffungsnebenkosten unter den Buchwert gesunken ist und mehr Gründe gegen eine baldige Wertaufhellung sprechen als dafür. Dabei kann eine Rolle spielen, ob der Zustand seit mehr als zehn Monaten andauert, weil eine Baisse typischerweise nach zehn Monaten von einer Hausse abgelöst wird. Handelsrechtlich gebietet das Vorsichtsprinzip, im Zweifel von einer dauerhaften Wertminderung auszugehen. Soweit seitens des IDW für eine dauerhafte Wertminderung das Unterschreiten gewisser Schwellenwerte verlangt wird, ist der BFH dem entgegengetreten. Allenfalls geringfügige Kursverluste (5 %) gegenüber dem Erwerbskurs könnten vernachlässigt werden. Das IDW sah eine Vermutung für die Dauerhaftigkeit einer Wertminderung nur dann als gebenen an, wenn entweder
- der Zeitwert des Wertpapiers in den sechs Monaten vor dem Bilanzstichtag permanent mehr als 20 % unter dem Buchwert lag, oder
- der Durchschnittswert der täglichen Börsenkurse des Wertpapiers in den letzten zwölf Monaten um mehr als 10 % unter dem Buchwert lag.
Tz. 128
Ob die Auffassung des BFH auch für das Handelsrecht gilt, ist fraglich. Der BFH selbst bezieht seine Rechtsprechung ausdrücklich nur auf die steuerrechtliche Gewinnermittlung und interpretiert § 6 Abs. 1 Nr 2 EStG 1997 ausdrücklich losgelöst von möglichen handelsrechtlichen Vorgaben. Andererseits gibt es keinen Grund, weshalb die insoweit im Wortlaut identischen Vorschriften des Handels- und Steuerrechts unterschiedlich ausgelegt werden sollten. Auch ist fraglich, ob die Kriterien des IDW den Wert von Aktien besser abbilden können als der Börsenkurs selbst dies kann. Im Zweifel wird deshalb auch in der Handelsbilanz von einer dauerhaften Wertminderung auszugehen sein, wenn der Börsenkurs zzg. Anschaffungsnebenkosten unter den Buchwert gesunken ist.
Tz. 129
Anteile an nicht börsennotierten Gesellschaften
Probleme bereitet die Ermittlung des Anteilswerts, wenn die Finanzanlage nicht an der Börse notiert ist. Der beizulegende Wert wird für Beteiligungen aus dem Unternehmenswert abgeleitet, welcher sich nach dem Ertragswertverfahren oder der Discounted-Cashflow-Methode bestimmt. In Deutschland wird der Wertfindung i. d. R. der Standard IDW S 1 zugrunde gelegt, der auf dem Ertragswertverfahren beruht. Die Praxis ist mit außerplanmäßigen Abschreibungen auf Beteiligungen daher zurückhaltend. Insbesondere sollen zeitweilige Verluste, schlechte Ertragslage, Ertragsschwäche, Ergebnisverschlechterungen und Konjunkturschwankungen in der Branche Indizien für eine nur temporäre Wertminderung sein, sodass außerplanmäßige Abschreibungen nicht zwingend vorzunehmen sind. Eine planmäßige Abschreibung kann hingegen geboten sein, wenn durch eine Kapitalerhöhung der Anteilswert verwässert wird, weil der Inhaber kein Bezugsrecht hat.
Tz. 130
Eine spezielle Frage ist, ob die Bewertung von Personengesellschaftsanteilen in der Bilanz denselben Regeln folgt wie die Bewertung von Kapitalgesellschaftsanteilen. Hintergrund ist, dass sich der konkrete Betrag, den ein Gesellschafter aufgrund seiner Beteiligung verlangen kann, nach dem Wert seines Kapitalkontos richtet (vgl. § 120 Abs. 2 HGB). Wird dieser Forderungsbetrag zum Maßstab für den Wert des Anteils gemacht, so hätte jede Bewegung auf dem Kapitalkonto eine Wertveränderung des Anteils zur Folge. Nach der steuerrechtlich maßgeblichen "Spiegelbildmethode" ist eben dies der Fall. Steuerrechtlich sind Anteile an Personengesellschaften kein bilanzierungsfähiges Wirtschaftsgut; stattdessen ist die Beteiligung steuerrechtlich mit dem anteiligen Kapital auszuweisen. Handelsrechtlich wird die Spiegelbildmethode überwiegend für unzulässig gehalten. Stattdessen wird die Anschaffungskostenmethode befürwortet, die Anteile an Personengesellschaften und Anteile an Kapitalgesellschaften handelsbilanziell gleich behandelt.
Tz. 131
Darlehensforderungen gegen verbundene Unternehmen, Ausleihungen
Insbesondere aus Cash-pool-Vereinbarungen können Darlehensforderungen resultieren. Sie werden auch als Forderungen aus Ausleihungen bezeichnet. Ob diese als Forderungen im Umlaufvermögen oder als Finanzanlagen im Anlagevermögen auszuweisen sind, bestimmt sich grds. nach der Vorschrift des § 247 Abs. 2 HGB. Anlagevermögen liegt demnach vor, wenn die Forderung dem Unternehmen dauerhaft zu dienen bestimmt ist. Davon wird regelmäßig ausgegangen, wenn die Gesamtlaufzeit (nicht die Restlaufzeit) mindestens ein Jahr beträgt. Ab einer Laufzeit von vier Jahren soll zwingend Anlagever...