Dr. Falk Mylich, Prof. Dr. Christian Fink
bb1) Wandelschuldverschreibungen
Tz. 211
Wandelschuldverschreibungen gewähren dem Gläubiger das Recht zur Wandlung der Anleihe (Fremdkapital) in Aktien (Eigenkapital). Während in einem ersten Schritt der Wert der finanziellen Schuld – d. h. der Barwert von Zins und Tilgung – ermittelt wird, ist in einem zweiten Schritt zur Ermittlung des in die Kapitalrücklage einzustellenden Werts des Eigenkapitalinstruments durch Rückgriff auf die Restwertmethode eine Subtraktion des ermittelten Barwerts vom Gesamtwert der Wandelschuldverschreibung vorzunehmen.
BEISPIEL
Bilanzierung einer Wandelanleihe
Die XY-AG emittierte am 1.1.2010 4.000 Wandelanleihen. Diese besitzen eine Laufzeit von drei Jahren, haben einen Nennwert i. H. v. je 1.000 GE und werden zu pari herausgegeben. Das Gesamtvolumen der Emission beläuft sich somit auf 4 Mio. GE. Der nachträglich zahlbare Nominalzins beläuft sich auf 6 % p. a. Die Wandelanleihen können während der gesamten dreijährigen Laufzeit in 250 Stammaktien umgewandelt werden. Der Marktzinssatz für vergleichbare Anleihen ohne Wandlungsrecht liegt zum Ausgabezeitpunkt bei 9 %.
Aufbauend auf den skizzierten Daten ergibt sich für die Fremdkapitalkomponente Nachfolgendes:
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01.01.2010 |
31.12.2010 |
31.12.2011 |
31.12.2012 |
Zahlungsreihe |
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-240.000 |
-240.000 |
4.240.000 |
Diskontierungszinssatz |
9 % |
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Fremdkapitalkomponente (Barwert zum 01.01.2010) |
3.696.243 |
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Als Differenz aus der Fremdkapitalkomponente i. H. v. 3.696.243 GE und dem Emissionserlös i. H. v. 4 Mio. GE ergibt sich eine Eigenkapitalkomponente i. H. v. 303.757 GE.
Tz. 212
Bei der Emission ggf. auftretende Transaktionskosten sind vom Emissionserlös abzuziehen. Gemäß IAS 32.38 sind diese der Eigen- und der Fremdkapitalkomponente im Verhältnis zur Zurechnung der Emissionserlöse zuzuteilen. Transaktionskosten der Eigenkapitaltransaktion sind – unter Minderung sämtlicher damit verknüpfter Ertragssteuervorteile – als Abzug vom Eigenkapital zu bilanzieren, wenn es sich um zusätzliche Kosten handelt, die der Eigenkapitaltransaktion unmittelbar zugerechnet werden können und anderenfalls nicht aufgetreten wären (IAS 32.35 sowie IAS 32.37).
BEISPIEL
Transaktionskosten bei der Bilanzierung einer Wandelanleihe
Bei der in obigem Beispiel skizzierten Emission treten Transaktionskosten i. H. v. 40.000 GE auf. Diese sind wie folgt auf die Eigen- und Fremdkapitalkomponente zu verteilen:
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Eigenkapital |
Fremdkapital |
Gesamt |
Aufgeteilter Emissionserlös |
303.757 GE |
3.696.243 GE |
4 Mio. GE |
Aufteilung der Emissionserlöse in Prozent |
7,594 % |
92,406 % |
100 % |
Aufteilung der Transaktionskosten |
3.037,60 GE |
36.962,40 GE |
400.000 GE |
Tz. 213
Bei Wandlung zum Fälligkeitstermin wird die Schuldkomponente gemäß IAS 32.AG32 ausgebucht und als Eigenkapital erfasst, während die ursprüngliche Eigenkapitalkomponente weiterhin als Eigenkapital geführt wird. Im Zuge der Umwandlung entstehen keine Gewinne oder Verluste. Kommt es zu einer Ausübung der Wandlungsrechte vor Laufzeitende, ist IAS 32.AG32 ebenfalls anzuwenden. In diesen Fällen ist eine erfolgsneutrale Umbuchung des Buchwerts der finanziellen Verbindlichkeit am Tag der Wandlung in Eigenkapital vorzunehmen.
Tz. 214
Durch Änderung der Bedingungen einer Wandelanleihe kann eine vorzeitige Wandlung – bspw. durch das Angebot eines aus Sicht des Zeichners günstigeren Umtauschverhältnisses bei Wandlung vor einem festgelegten Datum – herbeigeführt werden. In diesen Fällen ist zum Zeitpunkt der Änderung die Differenz zwischen dem beizulegenden Zeitwert der höheren Gegenleistung, die der Inhaber gemäß modifizierter Bedingungen erhält, und dem beizulegenden Zeitwert, der sich im Falle der Beibehaltung der ursprünglichen Bedingungen ergeben hätte, als Aufwand zu erfassen (IAS 32.AG35 und IAS 32.IE47 ff.). Die sich einstellende Differenz verkörpert aus Sicht des Emittenten den sich aus der Änderung des Wandlungsverhältnisses ergebenden Verlust.
Tz. 215
Im Falle eines vorzeitigen Rückkaufs ist eine Zuordnung des geleisteten Entgelts inklusive Transaktionskosten für den Rückkauf zur Eigen- und Fremdkapitalkomponente zum Zeitpunkt der Transaktion vorzunehmen. Gemäß IAS 32.AG33 muss die dabei zur Anwendung gelangende Methode mit der bei der ursprünglichen Aufteilung des Emissionserlöses nach IAS 32.28 ff. verwendeten Methode übereinstimmen, so dass lediglich die Restwertmethode infrage kommt. Gemäß IAS 32.AG34 sind sämtliche aus dem Rückkauf hervorgehende Gewinne und Verluste nach den für die entsprechenden Komponenten maßgeblichen Bilanzierungsgrundsätzen zu behandeln. Der sich auf die Fremdkapitalkomponente beziehende Gewinn bzw. Verlust wird GuV-wirksam erfasst, während der der Eigenkapitalkomponente zugeordnete Teil des Entgelts und der Transaktionskosten unmittelbar im Eigenkapital erfasst wird.