Dr. Falk Mylich, Prof. Dr. Christian Fink
Tz. 32
Der Unterschiedsbetrag zwischen den Anschaffungskosten und dem Nennbetrag bzw. dem rechnerischen Wert der Anteile ist bei Aufstellung der Bilanz mit frei verfügbaren Rücklagen zu verrechnen. Beim Verständnis der Vorschrift ist zu beachten, dass § 272 Abs. 1a Satz 2 HGB nur noch regelt, wie der Erwerb eigener Anteile im folgenden Jahresabschluss auszuweisen ist. Die Voraussetzungen zum Erwerb sind in den § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG bzw. § 33 Abs. 2 GmbHG geregelt. Bei Anschaffungskosten sind mit Blick auf § 272 Abs. 1a Satz 3 HGB die Nebenkosten abzugrenzen. Zur Verrechnung sind die frei verfügbaren Rücklagen heranzuziehen. Das sind in der GmbH alle Rücklagen mit Ausnahme der kraft Satzung gesperrten. Im Aktienrecht sind es die Gewinnrücklagen und Kapitalrücklage gem. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB. Dafür sollen auch ausschüttungsgesperrte Rücklagen (§ 268 Abs. 8 HGB) herangezogen werden. Das ist nur unter der Prämisse richtig, dass § 268 Abs. 8 HGB als außerbilanzielle Ausschüttungssperre eingeordnet wird, sodass zuvor bei der Berechnung die ausschüttbaren Beträge gem. § 268 Abs. 8 HGB noch zusätzlich in Abzug gebracht worden sind. Denkbar ist, dass beim unterjährigen Erwerb noch ausreichend Mittel vorhanden waren; bei Aufstellung des Jahresabschlusses jedoch eine Verrechnung nicht mehr möglich ist. In diesem Fall sind die Folgen des bilanziellen Ausweises von denen des Gesellschaftsrechts zu trennen. Im Jahresabschluss kann allein ein Verlust ausgewiesen werden, während gesellschaftsrechtlich keine Konsequenzen zu ziehen sind. Der Verlustausweis im Jahresabschluss (ggf. unter Verrechnung mit der Kapitalrücklage) ist alternativlos; hingegen sollte die Gesellschaft die bilanzielle Schieflage insoweit beheben, als sie verpflichtet ist, eigene Anteile wieder zu veräußern, bis kein entsprechender Verlust mehr ausgewiesen werden muss, der nicht durch Auflösung freier Rücklagen gedeckt werden könnte.
Tz. 33
Beim Unter-Pari-Erwerb (d. h. Erwerb unter dem Nennbetrag) ergibt sich rechnerisch ein Gewinn, weil der Nennbetrag in entsprechender Höhe abzusetzen ist, jedoch dieser Betrag nicht für den Erwerb aufgewendet worden ist. Eine Ansicht fordert die Einstellung der Differenz in eine Kapitalrücklage, eine andere Ansicht fordert eine spezielle Ausgleichsrücklage für eigene Anteile. Eine Kapitalrücklage kann im Aktienrecht zumindest mit Verlusten verrechnet werden; im GmbH-Recht dient sie grundsätzlich der Ausschüttung. Die spezielle Ausgleichsrücklage für eigene Anteile soll hingegen bewertet und fortgeführt werden, bis der Wert der eigenen Anteile den Nennbetrag bzw. rechnerischen Wert erreicht. Zu folgen ist der ersten Auffassung, weil nur diese konsequent den Nettoausweis umsetzt. Auch nach dem Rückerwerb der eigenen Anteile unter Pari besteht eine Situation wie vor der erstmaligen Aufbringung. Im GmbH-Recht muss das Aktivvermögen das Stammkapital decken; im Aktienrecht ist eine mögliche Kapitalschutzlücke hinzunehmen.