Dr. Falk Mylich, Prof. Dr. Christian Fink
dd1) Überblick
Tz. 163
Bei der Ersterfassung eines Instruments ist zwingend eine Klassifikation in Fremd- oder Eigenkapital vorzunehmen. In manchen Fällen besteht jedoch eine Zulässigkeit oder ein Gebot zur Reklassifizierung von Finanzinstrumenten. Eine Reklassifizierung kann sich einstellen im Falle
- von Modifikationen oder Neuaushandlungen der vertraglichen Konditionen oder
- bei Änderung der Umstände der zugrunde liegenden Bedingungen.
dd2) Modifikation bzw. Neuaushandlung der vertraglichen Basis
Tz. 164
Eine Änderung wesentlicher vertraglicher Konditionen ist als Beendigung des vorliegenden und als gleichzeitiger Abschluss eines neuen Finanzinstruments zu interpretieren. Es kommt demnach zu einer Substitution des bisher erfassten Instruments, wodurch es zwingend zur Erfassung eines neuen Finanzinstruments kommt. Für dieses ist eine – dann erstmalige – Klassifizierung im Zugangszeitpunkt geboten. Eine Neubeurteilung ist demzufolge nicht notwendig. In Bezug auf die bilanziellen Konsequenzen ist zwischen den Richtungen des Wechsels zu differenzieren.
Tz. 165
Wenn aus einer ursprünglichen finanziellen Verbindlichkeit aufgrund von Änderungen wesentlicher vertraglicher Konditionen ein Eigenkapitalinstrument wird, ist eine Ausbuchung geboten (IAS 39.39 bzw. IFRS 9.3.3.1). Die Abbildung des Wechsels zu einem Eigenkapitalinstrument erfolgt, sofern eine Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis ausgeschlossen ist, als sog. debt-for-equity swap (IFRIC 19.2). Sofern eines der beiden in IAS 32.16 kodifizierten Abgrenzungsmerkmale durch die Änderungen wesentlicher vertraglicher Konditionen nicht mehr erfüllt ist, ist entsprechend eine finanzielle Verbindlichkeit zu erfassen. Die Zugangsbewertung hat zum beizulegenden Zeitwert zu erfolgen (IAS 39.43 bzw. IFRS 9.5.1.1), wobei eine Verrechnung des Unterschiedsbetrags zum bisherigen Buchwert des Eigenkapitalinstruments unmittelbar im Eigenkapital geboten ist (IAS 32.33).
dd3) Änderung der Umstände/Bedingungen
Tz. 166
Auch ohne Änderungen wesentlicher vertraglicher Konditionen kann eine Reklassifizierung geboten sein. Kommt es zu einem Wechsel von Eigen- zu Fremdkapital, ist die zum beizulegenden Zeitwert vorzunehmende Gegenbuchung der Zugangsbewertung der finanziellen Verbindlichkeit unmittelbar im Eigenkapital vorzunehmen (IAS 32.33). Ist ein Wechsel von Fremd- zu Eigenkapital geboten, so liegt mit Blick auf die fehlende Neuverhandlung der Konditionen kein debt-for-equity swap vor (IFRIC 19.2). Demnach fehlt es an spezifischen Vorgaben für die bei Wechsel von Fremd- zu Eigenkapital gebotene Reklassifizierung. Wegen des Analogieverbots des IAS 32.96B scheidet der Rückgriff auf die Vorgaben für kündbare Finanzinstrumente (vgl. Tz. 181 ff.) – und damit ein Abstellen auf den Buchwert für die Bewertung der Zuführung des Eigenkapitals (IAS 32.16F(b)) – aus. Gemäß IAS 32AG32 ist bei zusammengesetzten Finanzinstrumenten (vgl. Tz. 208) die Ergebniswirkung bei Umbuchung von Verbindlichkeitskomponenten ins Eigenkapital zum Zeitpunkt der Fälligkeit nicht zu erfassen. Sofern die Reklassifizierung nicht das Resultat einer Verhandlung der beteiligten Parteien darstellt, ist nach im Schrifttum vertretener Auffassung jedoch die GuV-neutrale Umbuchung zum Buchwert vorzuziehen.
dd4) Wahlweise Neubeurteilung – Wechsel der funktionalen Währung
Tz. 167
Nach den Bestimmungen des IAS 32 ist es für eine Klassifizierung als Eigenkapitalinstrument nicht schädlich, wenn eine Bindung an eine (Fremd-)Währung besteht, die von der funktionalen Währung abweicht. Dies bedingt jedoch, dass das Finanzinstrument gemäß IAS 32.16(b)(iii) Rechte, Optionen oder Optionsscheine verkörpert und den bestehenden Eigenkapitalgebern darüber hinaus zu gleichen Teilen offeriert wird. Unbedingte Termingeschäfte, die nicht in der funktionalen Währung der Berichtseinheit dotiert sind, sind demnach von der Ergänzung sowie dem Ausweis als Eigenkapital ausgeschlossen. Dies gilt auch für die nicht allen Eigenkapitalgebern offerierten Instrumente. Bei zusammengesetzten Finanzinstrumenten – und hierbei speziell bei Wandelanleihen – ist die Währungskomponente von besonderer Relevanz. Nach IAS 32.28 ist eine Klassifizierung als Eigenkapital nicht gestattet, sofern ein vereinbartes Wandlungsrecht fixiert ist, jedoch keine Bindung an die funktionale Währung des Emittenten besteht.
BEISPIEL
Wechsel der funktionalen Währung bei Wandelanleihen
Die XY-AG, deren funktionale Währung der Euro ist, plant die Emission einer Wandelanleihe. Diese ist vom Zeichner zu einem festgelegten, jedoch in USD denominierten Ausübungspreis wandelbar.
Eine Klassifikation des Wandlungsrechts als Eigenkapital scheidet aus, zumal der Euro die funktionale Währung der XY-AG darstellt. Fragwürdig ist jedoch das Erfordernis bzw. die Möglichkeit zur Neubeurteilung des Wandlungsrechts im Falle eines Wechsels der funktionalen Währung.
Eine abweichende Klassifizier...