Dr. Falk Mylich, Prof. Dr. Christian Fink
aa) Fehlende Verpflichtung zur Untergliederung
Tz. 232
Das Mindestgliederungsschema des IAS 1.54 schreibt für den bilanziellen Ausweis des Eigenkapitals nachfolgende Posten verbindlich vor:
- "Nicht beherrschende Anteile, die im Eigenkapital dargestellt werden sollen" (IAS 1.54(q))
- "Gezeichnetes Kapital und Rücklagen, die Eigentümern der Muttergesellschaft zuzuordnen sind" (IAS 1.54(r))
Im Gegensatz zur sog. Guidance in Implementing IAS 1, die jedoch keinen verbindlichen Charakter aufweist, ist das Eigenkapital nicht in gezeichnetes Kapital, Kapitalrücklagen, Gewinnrücklagen und Jahresergebnis aufgegliedert. Stattdessen werden "Kapital und Rücklagen" (IAS 1.54(r)) in der Mindestgliederung – korrespondierend zur englischen Rechnungslegungspraxis – als Summe sämtlicher Eigenkapitalpositionen (vor Minderheitenanteil) interpretiert. Bei engerer Interpretation der "Reserven" als Rücklagen wäre hingegen ein zusätzlicher Ausweis, insbesondere von Gewinnvortrag und Jahresergebnis (oder Bilanzgewinn), geboten.
Tz. 233
Die in der sog. Guidance in Implementing IAS 1 enthaltenen Darstellungen zeigen eine Aggregation sämtlicher, nicht ausgeschütteter Gewinne (sog. retained earnings) in einer Kategorie, während IAS 1.79(b) die gesonderte Darstellung unterschiedlicher Rücklagengruppen innerhalb der Bilanz, dem Anhang oder der Eigenkapitalveränderungsrechnung vorsieht. Zudem hat ein Unternehmen in der Eigenkapitalveränderungsrechnung oder im Anhang die Höhe der vollzogenen Ausschüttungen an die Eigentümer anzugeben (IAS 1.107). Darüber hinaus besteht eine Angabepflicht für den Beschluss bzw. den Vorschlag über die Gewinnverwendung der abgelaufenen Periode (IAS 1.137(a)).
In der Eigenkapitalveränderungsrechnung kann die Trennung von Jahresergebnis sowie Summe der Gewinnrücklagen und Gewinnvorträge dargestellt werden. Eine weitere Untergliederung sollte hingegen eher im Anhang vorgenommen werden. In Analogie zum Schema der handelsrechtlichen Bilanzierung vor Gewinnverwendung sowie in Anwendung gesellschaftsrechtlicher Differenzierungen ergeben sich – sofern Anwendbarkeit besteht – nachfolgende Erläuterungspositionen:
- gesetzliche Gewinnrücklagen
- satzungsmäßige Gewinnrücklagen
- andere Gewinnrücklagen (einschließlich des Gewinnvortrags aus alter Rechnung)
- Periodenergebnis (insoweit nicht bereits in der Eigenkapitalveränderungsrechnung von der Summe der übrigen Positionen getrennt)
bb) Eigenkapitalausweis im Konzern
Tz. 234
In Bezug auf das Eigenkapital von Konzernen besteht ein Differenzierungserfordernis zwischen dem Anteil, der auf die Gesellschafter des Mutternehmens entfällt, und dem Anteil der Minderheitsbeteiligungen am Konzernunternehmen. Im Eigenkapitalspiegel ist ausschließlich der auf die Gesellschafter des Mutterunternehmens entfallende Anteil weiter zu untergliedern. Gewinne von Tochterunternehmen finden nur insoweit Eingang in die vom Konzern erwirtschafteten Gewinne ein, als diese auf die Dauer der Zugehörigkeit zum Konzern entfallen und nicht den Minderheiten, die an dem Tochterunternehmen beteiligt sind, zuzurechnen sind. Der Ausweis des Minderheitenanteils hat nach der Neufassung des IAS 1 innerhalb des Eigenkapitals zu erfolgen. Minderheitenanteile an Personentochterunternehmen sind, sofern ein Kündigungsrecht des Minderheitsgesellschafters gegen Abfindung vorliegt, als Fremdkapital und nicht als Eigenkapital auszuweisen.