Dr. Falk Mylich, Prof. Dr. Christian Fink
Tz. 68
Insbesondere bei Genussrechten oder atypisch stillen Beteiligungen wird diskutiert, ob sie – obwohl eigentlich Fremdkapital – in besonderen Konstellationen bzw. bei besonderer Ausgestaltung als Eigenkapital ausgewiesen werden können. Für eine Einordnung als eigenkapitalähnliches Instrument kommt es auf diese Kriterien an:
- Nachrangigkeit
- Teilnahme an Gewinn und Verlust
- Nachhaltigkeit der Kapitalüberlassung
Tz. 69
Nachrangigkeit bedeutet, dass die Rechteinhaber erst befriedigt werden dürfen, wenn alle anderen Gläubiger der Gesellschaft befriedigt worden sind. Es sollte sogar ein Nachrang hinter Gesellschafterdarlehen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) vereinbart werden. Teilnahme am Gewinn und Verlust bedeutet, dass der Einlage Haftungsfunktion zukommt. Verluste der Gesellschaft müssen zunächst mit der eigenkapitalähnlichen Einlage verrechnet werden. Unvereinbar damit ist eine unbedingte Verzinsung bzw. Rückzahlung unabhängig von der bilanziellen Situation. Ebenso kollidiert eine Verzinsung mit der Eigenkapitalfunktion, wenn gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrte Mittel verwendet werden.
Tz. 70
Sehr umstritten ist das Verständnis hinsichtlich der Nachhaltigkeit der Kapitalüberlassung. Im Hinblick auf IAS 32 sind "ewige Rechte" unzweifelhaft als Eigenkapital einzuordnen, d. h. solche Rechte, die allenfalls durch den Emittenten gekündigt werden können bzw. diesen dazu berechtigen, anstatt der Rückzahlung eigene Anteile einzuräumen. In allen anderen Fällen ist fraglich, inwieweit die Fristigkeit der Mittelüberlassung den Eigenkapitalausweis hindert. Erster Vergleichspunkt ist die Auskehr von Eigenkapital an Gesellschafter. Das gelingt aber nur über eine Entscheidung von Vorstand/Aufsichtsrat bzw. Gesellschafterversammlung zur Auflösung von Rücklagen und einer anschließenden Kollektiventscheidung durch Hauptversammlung bzw. Gesellschafterversammlung zur Ausschüttung des Bilanzgewinns. Bei individueller Kündigungsmöglichkeit bedarf es folglich strengerer Kriterien. Eine Orientierung am Austrittsrecht von Gesellschaftern bietet sich an. Ein solches kann in der GmbH in der Satzung geregelt werden, in der AG gibt es derartiges nicht. Voraussetzung ist dann aber, dass in der GmbH das Austrittsrecht für Gesellschafter und Gläubiger von eigenkapitalähnlichen Instrumenten in der Satzung einheitlich geregelt ist und nicht allein den Genussrechtsinhabern bzw. atypisch still Beteiligten zusteht. Haben nur die Inhaber von eigenkapitalähnlichen Instrumenten ein Austrittsrecht, wird man in der Tat auf Fristenregelungen zurückgreifen müssen. Eine Mindestüberlassung von 5 Jahren erscheint unabdingbar. Danach noch eine Zeitspanne zwischen Kündigung und Auszahlung einzuräumen, ist nicht notwendig, wenn man in Anknüpfung an § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG bzw. § 33 Abs. 2 Satz 1 oder § 30 Abs. 2 GmbHG ausreichend freie Mittel verlangt (wozu auch das überlassene eigenkapitalähnliche Kapital gehört).
ii1) Genussrechte
Tz. 71
Genussrechte sind schuldrechtliche Ansprüche auf Einräumung vermögensrechtlicher Positionen, die derjenigen eines Gesellschafters entsprechen. Dazu gehören Ansprüche auf Gewinn, Liquidationserlös, aber auch Bezugsrechte. Verbucht werden soll bei Erfüllung eigenkapitalähnlicher Kriterien nach einer Ansicht innerhalb der Postengruppe A nach dem gezeichneten Kapital oder den Gewinnrücklagen oder als letzter Posten des Eigenkapitals, wobei das Agio gesondert ausgewiesen werden soll. Die Gegenansicht zieht eine Verbuchung nach der Postengruppe Eigenkapital vor. Auf jeden Fall ist das Genussrechtskapital bei Verlustbeteiligung zu vermindern und in Gewinnjahren wi...