Prof. Dr. Nadine Antonakopoulos
Tz. 171
Die Bilanzierung von Mehrkomponentenverträgen ist in den gegenwärtig anzuwendenden IFRS nur bruchstückhaft geregelt, was ein wesentlicher Grund für die Entwicklung von IFRS 15 war. IAS 18.13 beinhaltet die nachfolgend dargelegten recht vagen Vorschriften zu Mehrkomponentenverträgen. Durch die bisher lückenhafte Regelung zu Mehrkomponentenverträgen in den IFRS war oftmals ein Rückgriff auf die Verlautbarungen anderer Standardsetter erforderlich, wie die US-GAAP oder den nicht weiter verfolgten E-DRS 17, vgl. Tz. 29.
Tz. 172
Einerseits sind manche Geschäftsvorfälle in ihre einzelnen Bestandteile aufzuteilen und jeder Bestandteil ist nach Maßgabe der zugrunde liegenden Leistung zu bilanzieren. Als Beispiel hierfür wird der Verkauf eines Vermögenswerts mit nachfolgend zu erbringenden Serviceleistungen aufgeführt, wie Kundendienst und Produkterweiterung beim Verkauf von Software oder Nachbetreuungsleistungen beim Hörgeräteverkauf vgl. Tz. 29.
Hierbei sind die erwarteten Kosten für die Erbringung der Serviceleistung zuzüglich eines angemessenen Gewinnaufschlags aus dem Verkaufspreis passivisch abzugrenzen und über die Laufzeit der zu erbringenden Dienstleistung als Umsatz zu erfassen (IAS 18.13, .IE11). Es ist dabei unerheblich, ob der abgegrenzte Betrag als Rückstellung oder als Verbindlichkeit ausgewiesen wird, wesentlich ist hingegen die umsatzreduzierende Erfassung und keine Erfassung als Aufwand, da die umsatzgenerierende Leistung noch nicht erbracht wurde. Die Erfassung als Aufwand würde zunächst zu einer zu hohen und in der Folge zu einer zu niedrigen Umsatzhöhe führen und diese als wichtige Basisgröße von Erfolgskennzahlen somit verzerren.
Tz. 173
Ein weiteres Beispiel hierfür sind Kundenbindungsprogramme im Sinne von IFRIC 13, bei denen im Zuge eines Umsatzgeschäftes, das sich auf den Verkauf eines Vermögenswerts, die Erbringung einer Dienstleistung oder die Nutzungsüberlassung eines Vermögenswerts beziehen kann, dem Kunden der Vorteil gewährt wird, künftig kostenlose oder vergünstigte Güter oder Dienstleistungen zu beziehen (IFRIC 13.3). Beispiele hierfür sind Treuepunkte, Bonusmeilen und Payback-Karten.
Vergünstigungen dieser Art stellen abgrenzbare Bestandteile des Umsatzgeschäftes dar, denn es werden durch einen Geschäftsvorfall mindestens zwei separate Leistungen zu unterschiedlichen Lieferzeitpunkten vereinbart. Der Zeitwert der Vergünstigungen ist aus dem Verkaufserlös abzugrenzen, dadurch ist gewährleistet, dass die Umsatzerlöse auch hier erst bei Leistungserfüllung erfasst werden (IFRIC 13.5 f., .BC9). Der abgegrenzte Umsatzerlös ist bei Erfüllung der Verpflichtungen aus den Vergünstigungen zu erfassen, dies kann zum Zeitpunkt der Einlösung oder des Verfalls der Vergünstigungen sein. Wird die Vergünstigung durch eine dritte Partei erfüllt, für die das umsatzgenerierende Unternehmen nur als Vermittler fungiert hat, ist der Umsatzerlös zu erfassen, sobald bei der dritten Partei die Verpflichtung zur Lieferung der Vergünstigung und der Anspruch auf eine entsprechende Gegenleistung vom umsatzgenerierenden Unternehmen entstanden ist. Die Umsatzhöhe entspricht in diesem Fall nur dem den umsatzgenerierenden Unternehmen zustehenden Nettobetrag, d. h. der Differenz aus dem Zeitwert der Vergünstigung und dem an die dritte Partei abzuführenden Betrag (IFRIC 13.7 ff., .IE6 ff.). Schließlich kann es erforderlich sein, für ausstehende Vergünstigungen eine Drohverlustrückstellung zu bilden, wenn beispielsweise die voraussichtlichen Kosten für die Verpflichtungserfüllung der Vergünstigungen steigen, da die Anzahl der künftigen Inanspruchnahmen revidiert und entsprechend höher geschätzt wurde (IFRIC 13.9).
Nach IFRS 15 führen Kundenbindungsprogramme dieser Art ebenfalls zu einer separaten Leistungsverpflichtung. Bezüglich des Umsatzerfassungszeitpunkts ergeben sich daher keine Änderungen, jedoch können sich Änderungen bei der Bewertung und somit der Umsatzhöhe ergeben (IFRS 15.B39 ff.). Nach IFRS 15 ist entsprechend der allgemeinen Regeln der Transaktionspreis auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen anhand der relativen Einzelveräußerungspreise aufzuteilen, während nach IFRIC 13 der Zeitwert der Vergünstigungen aus dem Transaktionspreis abzugrenzen ist, vgl. Tz. 105.
Tz. 174
Andererseits ist es bei einer wirtschaftlichen Verknüpfung mehrerer Geschäftsvorfälle erforderlich, die Erfassungskriterien nach IAS 18 auf sie gemeinsam anzuwenden, d. h. sie sind als Paketgeschäft zu betrachten, wenn ansonsten die wirtschaftlichen Auswirkungen aus den Geschäftsvorfällen nicht verständlich dargelegt werden. Als Beispiel werden der Verkauf eines Vermögenswerts und die gleichzeitige getrennte Vereinbarung über dessen Rückkauf genannt. Da der Rückkauf die wesentlichen Auswirkungen aus dem Veräußerungsgeschäft rückgängig macht, sind die beiden Geschäftsvorfälle gemeinsam zu betrachten (IAS 18.13). Weiterführende Erläuterungen zur Einschätzung, wann die wirtschaftlichen Auswirkungen mehrerer wirtschaftlich verknüpfter Ge...