Einwendungen des Geschäftsführers in Haftungsverfahren
Praxis-Hinweis: Pünktliche Erfüllung der steuerliche Pflichten und rechtliche Beratung bei Insolvenz empfohlen
Die Entscheidung des BFH (BFH, Urteil v. 27.9.2017, XI R 9/16) bietet Gelegenheit, sich mit zwei Rechtsbereichen zu befassen, die gerade für Geschäftsführer einer GmbH von erheblicher Bedeutung sind. Dies ist zum einen die Frage der Haftung eines GmbH-Geschäftsführers für die Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen einer GmbH. Werden diese, etwa die rechtzeitige Abgabe von Steuervoranmeldungen oder Steuererklärungen, nicht erfüllt und kommt es hierdurch zu einem Steuerausfall, droht dem Geschäftsführer die persönliche Haftung (§ 69 AO i.V.m. § 34 AO). Der GmbH-Geschäftsführer sollte deshalb allein schon aus persönlichen Motiven heraus ein Interesse an der Erfüllung der steuerlichen Pflichten haben.
Die zweite Problematik, die hier zum Tragen kommt, sind die vielen rechtlichen Besonderheiten, die dann eingreifen, wenn sich eine Gesellschaft in einem Insolvenzverfahren befindet. Es kann jedem Betroffenen nur dringend geraten werden, sich bei einem drohenden oder bereits eröffneten Insolvenzverfahren fachmännischen Rat zu holen, sonst droht sehr schnell die persönliche Inanspruchnahme. Und dies dürfte im Regelfall nicht der Steuerberater oder Rechtsanwalt sein, mit dem man sonst zusammenarbeitet, dafür weist das Insolvenzrecht zu viele sehr komplexe Besonderheiten auf.
Für den Sachverhalt ist dabei von wesentlicher Bedeutung, dass Steuerforderungen (grundsätzlich) wie alle anderen Forderungen in einem Insolvenzverfahren behandelt werden:
- Sie sind zur Tabelle anzumelden und
- gelten dann, wenn ihnen nicht widersprochen wird, als festgestellt.
Da hier die GmbH die Steuerforderungen akzeptiert hat,
- schreibt das Gesetz vor, dass der Geschäftsführer auch in einem sich anschließenden Haftungsverfahren keine Einwendungen gegen die Höhe der Steuerforderung mehr erheben kann.
- Es hätte dies, so die Logik des Gesetzes, ja in dem Insolvenzverfahren machen können.
Dies gilt es unbedingt zu erkennen. Rein rechtlich ist diese Ansicht des BFH wohl auch schlüssig, es stellt sich allerdings die Frage, ob GmbH-Geschäftsführer tatsächlich immer in der Lage sind, im Insolvenzverfahren Einwendungen zu erheben. Schließlich wird die Gesellschaft in einem Insolvenzverfahren regelmäßig durch den Insolvenzverwalter vertreten und ein GmbH-Geschäftsführer steht oftmals, wenn er denn nicht abberufen wird, eher in der zweiten Reihe.
Keine Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Steuererklärungen - Schätzung der Steuer
Die Klägerin Geschäftsführerin einer GmbH. Diese GmbH gab für die Jahre 2003 bis 2005 weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen noch Umsatzsteuer-Jahreserklärungen oder Körperschaftsteuererklärungen ab. Das Finanzamt setzte deshalb die Umsatzsteuer, die Körperschaftsteuer und den Solidaritätszuschlag aufgrund geschätzter Besteuerungsgrundlagen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Hiergegen legte die GmbH Einsprüche ein.
Im März 2006 beantragte das Finanzamt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH. Dieses wurde im November 2006 eröffnet. In dem Beschluss ist der Prüfungstermin genannt. Im Laufe des Insolvenzverfahrens reichte der Insolvenzverwalter im November 2007 Steuererklärungen der GmbH ein
Das Finanzamt
- berechnete die Steuer jeweils neu,
- wich teilweise von den Erklärungen ab und
- meldete die Umsatzsteuer, die Körperschaftsteuer und den Solidaritätszuschlag für die Jahre 2003 bis 2005 sowie Säumniszuschläge nebst Nebenleistungen zur Insolvenztabelle an.
Anfangs bestritt der Insolvenzverwalter die Forderungen. Mit Schreiben vom 2. Juli 2008 erklärte der Insolvenzverwalter, er sei bereit, diese teilweise zu akzeptieren. Die Anmeldungen wurden anschließend vom Finanzamt dementsprechend ermäßigt und festgestellt. Auch die GmbH widersprach den Forderungen nicht. Die Klägerin war während des Insolvenzverfahrens weiterhin Geschäftsführerin der GmbH.
Nach dem Abschluss des Insolvenzverfahrens wurde die GmbH gelöscht. Nach Anhörung der Klägerin erließ das Finanzamt im Dezember 2008 einen an sie gerichteten Haftungsbescheid. Alle im Haftungsbescheid aufgeführten Steuern und steuerliche Nebenleistungen seien im Insolvenzverfahren ohne Widerspruch zur Insolvenztabelle festgestellt worden. Die Klägerin werde gemäß § 69 AO in Haftung genommen. Zahlungen der GmbH seien aufgrund des Insolvenzverfahrens nicht mehr zu erwarten.
Nach dem Abschluss des Insolvenzverfahrens wurde die GmbH gelöscht. Nach Anhörung der Klägerin erließ das Finanzamt im Dezember 2008 einen an sie gerichteten Haftungsbescheid. Alle im Haftungsbescheid aufgeführten Steuern und steuerliche Nebenleistungen seien im Insolvenzverfahren ohne Widerspruch zur Insolvenztabelle festgestellt worden. Die Klägerin werde gemäß § 69 AO in Haftung genommen. Zahlungen der GmbH seien aufgrund des Insolvenzverfahrens nicht mehr zu erwarten.
Steuerliche Pflichten nicht erfüllt - Haftung unstrittig
Auch die Revision hatte keinen Erfolg. Dabei sei unstrittig, dass die Klägerin durch das Finanzamt grundsätzlich habe in Haftung genommen werden können. Die Klägerin habe als gesetzliche Vertreterin einer GmbH deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Da dies nicht geschehen sei, komme eine Haftung in Betracht. Das Finanzgericht habe zutreffend angenommen, dass die Klägerin die widerspruchslose Feststellung zur Insolvenztabelle gegen sich gelten lassen müsse. Sie sei aufgrund von § 166 AO gehindert, Einwendungen gegen die Höhe der zur Insolvenztabelle festgestellten Steuern zu erheben, die dem Haftungsbescheid zugrunde liegen.
Sei die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt,
- so habe dies nach § 166 AO neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch derjenige gegen sich gelten zu lassen,
- der in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.
Im Bereich des Steuerrechts wirke die widerspruchslose Eintragung in die Insolvenztabelle wie die bestandskräftige Festsetzung der Forderung. Die Klägerin habe hierbei auch durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ihre Befugnis, für die GmbH zu handeln, nicht verloren. Die Klägerin dürfe damit im Haftungsverfahren keine Einwendungen mehr gegen die Höhe der Steuerschuld erheben.
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