Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung und Beginn der Verjährungsfrist
In seinem Urteil (BFH, Urteil v. 4.10.2017, VI R 53/15) führte der BFH aus, dass die Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung zu einer gesetzlichen Verpflichtung zur Abgabe führt. Die Regelungen zur Abgabe einer Antragsveranlagung gelten dann nicht.
Praxis-Hinweis: Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung
Oftmals ist der Eintritt der Festsetzungsverjährung für den Steuerpflichtigen positiv, da er dann regelmäßig nicht mehr mit Nachfragen und Änderungen der Steuerfestsetzung durch die Finanzverwaltung rechnen muss. Gem. § 47 AO führt der Eintritt der Festsetzungsverjährung nämlich dazu, dass der Steueranspruch erlischt.
Sofern der Steuerpflichtige aber Verluste geltend macht, die mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden, sodass mit einer Steuererstattung zu rechnen ist, kann im Einzelfall auch einmal das Finanzamt die Festsetzungsverjährung anführen.
Für die Verjährung gilt:
- Die reguläre Verjährungsfrist beträgt im Steuerrecht 4 Jahre und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung abgegeben wird.
Etwas anderes muss natürlich dann gelten, wenn der Steuerpflichtige keine Steuererklärung abgibt, obwohl er hierzu verpflichtet ist:
- Dann beginnt die Frist von 4 Jahren erst mit dem Ablauf des 3. Jahres, in dem die Steuer entstanden ist.
Für die Steuer des Jahres 2006 war dies im Entscheidungsfall also mit Ablauf des Jahres 2009. Ab 2010 begann die Verjährungsfrist zu laufen. Entscheidend war die Frage: War der Steuerpflichtige tatsächlich zur Abgabe der Steuererklärung verpflichtet? Dieses bejahte der BFH, da er zur Abgabe durch das Finanzamt aufgefordert worden ist. Der entsprechende Passus im Gesetz (§ 149 Abs. 1 Satz 2 AO) ist eindeutig. Insofern ist dem Urteil vollen Umfangs zuzustimmen.
Sachverhalt: Kläger wurde zur Abgabe der Steuererklärung aufgefordert
Der Kläger erhielt im September 2007 ein Schreiben des Finanzamts, in dem er
- zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung 2006 bis Ende Oktober 2007 aufgefordert wurde oder
- die Gründe angeben sollte, warum er der Ansicht sei, nicht zur Abgabe verpflichtet zu sein.
Tatsächlich reagierte der Kläger erst im Dezember 2011:
- Er reichte die Steuererklärung 2006 ein und
- erklärte in dieser neben Einkünften aus nicht-selbstständiger Arbeit auch Verluste aus Vermietung und Verpachtung.
Das Finanzamt lehnte die Bearbeitung der Einkommensteuererklärung ab, da es der Ansicht war, es sei bereits Festsetzungsverjährung eingetreten. Es handele sich um eine Antragsveranlagung, da keiner der Tatbestände des § 46 Abs. 2 EStG gegeben sei. Der Einspruch gegen die Weigerung der Bearbeitung wurde zurückgewiesen, auch die Klage vor dem zuständigen Finanzgericht hatte keinen Erfolg.
Begründung: Steuerfestsetzung nicht mehr zulässig, wenn Festsetzungsverjährung eingetreten ist
Auf die Revision des Klägers wurde das Urteil der Vorinstanz, des Finanzgerichts Hamburg, aufgehoben. Allerdings entschied der BFH in der Sache selber nicht, sondern verwies die Sache an das Finanzgericht zur erneuten Entscheidung zurück. Eine Steuerfestsetzung sei dann nicht mehr zulässig, wenn bereits Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Dies sei hier entgegen der Auffassung des Finanzgerichts aber nicht der Fall gewesen.
Die Verjährungsfrist
- betrage im Regelfall 4 Jahre und
- beginne wenn eine Steuererklärung abzugeben sei,
- mit dem Ablauf des Jahres,
- in dem die Abgabe erfolgt sei.
Erfolgt die Abgabe nicht, beginne die Frist nach 3 Jahren. Hier habe eine gesetzliche Pflicht zur Abgabe der Einkommensteuererklärung 2006 bestanden, da das Finanzamt den Steuerpflichtigen zur Abgabe mit dem Schreiben vom September 2006 aufgefordert habe. Damit komme es zu einer 3-jährigen Anlaufhemmung des Beginns der Verjährungsfrist (für die Jahre 2007 – 2009).
Da erst ab 2010 die 4-jährige Frist zu laufen begonnen habe, sei hier keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Nunmehr müsse das Finanzgericht prüfen, ob und in welcher Höhe die Verluste aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen seien.
Ein abschließender Hinweis: Bei einer leichtfertigen Steuerverkürzung beträgt die Verjährungsfrist 5 Jahre, bei einer Steuerhinterziehung sogar 10 Jahre. In diesen Fällen kann die Finanzverwaltung insb. bei einer fehlenden Abgabe einer Steuererklärung weit in die Vergangenheit gehen. Dann ist die Ermittlung der zutreffenden Steuer oftmals kaum möglich, da Unterlagen oftmals nicht vorliegen und auch nur schwer beschafft werden können.
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