Wann das Finanzamt steuerliche Bescheinigungen erstellen muss
Darin nennt es auch Fälle, in denen eine steuerliche Bescheinigung grundsätzlich nicht zu erteilen ist, nennt aber zugleich auch für die Praxis bedeutsame Ausnahmen.
1. Bescheinigung aufgrund von Vorgaben in den Steuergesetzen, steuerlichen Verordnungen oder steuerlichen Verwaltungsanweisungen
Ausdrücklich weist das LfSt seine Beamten an, immer dann eine Bescheinigung zu erteilen, wenn die in den jeweiligen Regelungen genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Dabei handelt es sich im Grunde um eine Selbstverständlichkeit.
Wird eine Ansässigkeitsbescheinigung unter Bezugnahme eines DBA beantragt, soll diese erteilt werden, wenn dies für DBA-Zwecke erforderlich ist. Die Ansässigkeit eines Steuerpflichtigen entscheidet oftmals darüber, welchem Staat das Besteuerungsrecht nach den Regelungen des DBA zusteht. Ihr kommt daher erhebliche praktische Bedeutung zu.
2. Unternehmerbescheinigungen
Hier vertritt die bayrische Finanzverwaltung eine strenge Auffassung. Unternehmerbescheinigungen sind grundsätzlich nicht auszustellen! In der Praxis werden solche Bescheinigungen von Unternehmen bzw. Selbständigen angefordert, um dem Vertragspartner nachweisen zu können, dass der Vorsteuerabzug aus den erteilten Rechnungen bzw. Gutschriften tatsächlich besteht. Hier gibt es für Antragsteller die Möglichkeit, eine qualifizierte Bestätigungsabfrage zur USt-IdNr., sodass es nach Auffassung der bayrischen Finanzverwaltung einer gesonderten Unternehmerbescheinigung nicht bedarf.
Allerdings gelten folgende – in der Praxis bedeutsame – Ausnahmen:
- USt-IdNr. ist noch nicht vergeben: Existenzgründern, den beschleunigt eine USt-IdNr. zugeteilt werden soll, ist eine Unternehmensbescheinigung zur Vorlage beim für die Erteilung der deutschen USt-IdNr. zuständigen Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu erteilen. In diesen Fällen würde die qualifizierte Bestätigungsabfrage zur USt-IdNr. ins Leere laufen, da die USt-IdNr. noch nicht erteilt wurde. Für die Bescheinigung wird den Finanzämtern eine Vorlage bereitgestellt.
- Unternehmerbescheinigung wird zur Vorsteuervergütung in Drittstaaten benötigt: Die Unternehmerbescheinigung wird zur Vorlage bei zentralen Erstattungsbehörden im Vorsteuervergütungsverfahren in Drittstaaten benötigt. Die USt-IdNr. hat für Drittstaaten grundsätzlich keine Bedeutung; sie gilt nur für Geschäftsbeziehungen in Mitgliedsstaaten. Zur Erteilung der Bescheinigung wird der Vordruck "USt 1TN" den Finanzämtern zur Verfügung gestellt.
3. Vergabe von öffentlichen Aufträgen
Sog. Unbedenklichkeitsbescheinigungen im Zusammenhang mit der Vergabe öffentlicher Aufträge sollen grundsätzlich nicht erteilt werden. Auch davon werden Ausnahmen gemacht:
- Öffentliche Auftraggeber bezweifelt steuerliche Unbedenklichkeit eines Bewerbers: Bezweifelt ein öffentliche Auftraggeber, dass ein Bewerber tatsächlich mit fälligen Steuern nicht im Rückstand sei, obwohl der Bewerber dies behauptet, kann eine Unbedenklichkeitsbescheinigung formlos erteilt werden. Voraussetzung ist, dass der öffentliche Auftraggeber diese Bescheinigung beantragt und dem Antrag eine schriftliche Zustimmungserklärung des Bewerbers beifügt.
- Es sind Wettbewerbsnachteile bayrischer Bewerber zu befürchten: Wird die Bescheinigung von außerbayrischen Behörden beantragt, ist diese zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen zu erteilen. Die Bescheinigung ist in diesen Fällen dem Bewerber selbst zu übersenden. Auf Wunsch des Bewerbers können Besonderheiten des Falles, z.B. dass ein Rechtsstreit wegen einer Aussetzung der Vollziehung geführt wird, und deshalb eine fällige Steuer (noch) nicht ausgeglichen ist, in die Bescheinigung aufgenommen werden.
4. Gewerberechtliches Zugangsverfahren
Im Zusammenhang mit der Erteilung gewerberechtlicher Genehmigungen werden von Gewerbebehörden Unbedenklichkeitsbescheinigungen gefordert. Da in diesen Fällen vielfach keine ausdrücklichen gesetzlichen Befreiungen vom Steuergeheimnis nach § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO vorliegt, muss der Betroffene mit der Ausstellung der Bescheinigung einverstanden sein, indem er entweder selbst die Bescheinigung beantragt oder der Auskunft durch das Finanzamt zustimmt. In diesen Fällen werden daher steuerliche Details nicht ohne das Wissen des Betroffenen weitergegeben. Hierzu zählen z.B. folgende Genehmigungsverfahren:
- Genehmigung der Maklertätigkeit (§ 34c GewO)
- Genehmigung für Bewachungsbetriebe (§ 34a GewO)
- Genehmigung für Gaststättenbetreiber (§ 4 Abs. 1 GastG)
- Berufszugang für den Güterkraftverkehr (§ 2 Abs. 2 GBZugV)
- Berufszugang für den Straßenpersonenverkehr (§ 2 Abs. 2 PBZugV)
5. Bescheinigungen zur Vorlage bei Behörden in anderen Fällen
Fordert eine Behörde eine steuerliche Bescheinigung in anderen als in den unter Ziffern 3 und 4 genannten Fällen an, liegt es im Ermessen des Finanzamts, ob es eine solche Bescheinigung ausstellt. Wird eine steuerliche Bescheinigung gesetzlich gefordert, reduziert sich das Ermessen auf null; die Bescheinigung ist dann stets zu erteilen.
Ohne gesetzliche Vorgabe soll die Bescheinigung erteilt werden, wenn der Inhalt der Bescheinigung geeignet ist, der Behörde eine Verwaltungsentscheidung zu erleichtern. Das ist z.B. der Fall, wenn es um die Leistungsfähigkeit eines Ausländers im Zusammenhang mit der Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem Aufenthaltsgesetz geht.
6. Bescheinigung in sonstigen Fällen
Auch im Zusammenhang mit der Vergabe von Aufträgen privater Anbieter ist es dem Finanzamt erlaubt, eine steuerliche Bescheinigung auszustellen, wenn es bei der Auftragsvergabe auf die steuerliche Zuverlässigkeit ankommt.
Inhalt und Form der Bescheinigung
Die Bescheinigung ist auf die wertungsfreie Angaben von Fakten zu beschränken; steuerliche Merkmale, v. a. bei der Umsatzsteuer (z.B. Besteuerungsform, Steuersatz und etwaige anzuwendende Steuerbefreiungen) sind nicht offenzulegen. Die Bescheinigung kann nur einen Ist-Zustand beschreiben, sodass eine Gültigkeitsdauer in die Bescheinigung nicht aufzunehmen ist.
Wichtig: Die Bescheinigungen sind kostenlos(!) dem Steuerpflichtigen bzw. seinem Bevollmächtigten auszuhändigen oder zu übersenden.
7. Apostillen werden nicht vom Finanzamt ausgestellt
Apostillen, d.h. eine besondere Beglaubigung von Bescheinigungen für den internationalen Urkundenverkehr, werden oftmals von ausländischen Steuerverwaltungen, insbesondere von Osteuropa, gefordert. Soll eine Bescheinigung des Finanzamts für Belange ausländischer Steuerbehörden deshalb besonders beglaubigt werden, ist dafür in Bayern – je nach Belegenheit des Finanzamts – die jeweilige Bezirksregierung zuständig. Diese prüft in eigener Zuständigkeit, in welchem Umfang die Bescheinigungen der Finanzämter beglaubigt werden können. Somit ist nicht das Finanzamt, sondern die jeweilige Bezirksregierung für besondere Beglaubigungen zuständig.
(LfSt Bayern v. 4.1.2012, S 0270.1. – 2/9 St 42)
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