Dr. iur. Nina Franziska Marx
Gesetzestext
(1) Die Geschäftsstelle bescheinigt auf Antrag den Zeitpunkt der Zustellung.
(2) 1Die Beglaubigung der zuzustellenden Schriftstücke wird von der Geschäftsstelle vorgenommen. 2Dies gilt auch, soweit von einem Anwalt eingereichte Schriftstücke nicht bereits von diesem beglaubigt wurden.
(3) 1Eine in Papierform zuzustellende Abschrift kann auch durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt werden. 2Anstelle der handschriftlichen Unterzeichnung ist die Abschrift mit dem Gerichtssiegel zu versehen. 3Dasselbe gilt, wenn eine Abschrift per Telekopie zugestellt wird.
(4) 1Ein Schriftstück kann in beglaubigter elektronischer Abschrift zugestellt werden. 2Die Beglaubigung erfolgt mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle.
(5) Ein elektronisches Dokument kann ohne Beglaubigung elektronisch zugestellt werden, wenn es
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nach § 130a oder § 130b Satz 1 mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Personen versehen ist, |
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nach § 130a auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht wurde und mit einem Authentizitäts- und Integritätsnachweis versehen ist oder |
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nach Maßgabe des § 298a errichtet wurde und mit einem Übertragungsnachweis nach § 298a Absatz 2 Satz 3 oder 4 versehen ist. |
A. Abs 1.
Rn 1
Der Gegner des Zustellungsadressaten erhält bei der Zustellung vAw keinen Zustellungsnachweis, benötigt diesen aber gem § 750 oder § 798 für die Zwangsvollstreckung und ggf als Nachweis für den Beginn der Rechtsmittelfrist. Daher bescheinigt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (vgl § 153 GVG) schriftlich auf Antrag (gem § 78 III kein Anwaltszwang) den Zeitpunkt der Zustellung. Der Antrag kann formlos und sogar konkludent (zB durch Antrag auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung oder auf Erlass eines VB) gestellt werden. Dazu muss der Urkundsbeamte die Wirksamkeit der Zustellung prüfen. Die Bescheinigung muss unter Angabe der Dienstbezeichnung unterschrieben sein. Die Erteilung der Bescheinigung wird in den Akten vermerkt. Die Bescheinigung ist öffentliche Urkunde iSd § 418 I (zu den Anforderungen an den Beweis des Gegenteils s § 418 Rn 14). Rechtsbehelf: Erinnerung gem § 573 I. Zu Besonderheiten im Mahnverfahren s § 703b. Für die Zustellung auf Betreiben der Parteien ist § 193 III Sondervorschrift.
B. Abs 2.
I. Beglaubigungsbefugnis.
Rn 2
Die Geschäftsstelle hat die Beglaubigungsbefugnis für die bei der Zustellung zu übergebende beglaubigte Abschrift des zuzustellenden Schriftstücks. Vom Anwalt eingereichte Schriftstücke kann gem S 2 auch dieser beglaubigen. Darüber hinaus hat der Rechtsanwalt keine Beglaubigungsbefugnis (BGHZ 92, 76, 79 = NJW 84, 2890). Der GV ist bei der Parteizustellung beglaubigungsbefugt (vgl § 192 II 2). In welchen Fällen die Zustellung einer beglaubigten Abschrift ausreicht, regelt § 169 nicht (s hierzu § 166 Rn 8).
II. Beglaubigte Abschrift.
Rn 3
Sie ist eine Zweitschrift (meist Fotokopie oder zweiter Ausdruck), auf der bescheinigt ist, dass sie mit der Urschrift inhaltlich völlig übereinstimmt (vgl BAG NJW 15, 3533 [BAG 25.02.2015 - 5 AZR 849/13] Rz 35). Umfasst sie mehrere Blätter, kann die Beglaubigung auf einem mit der Abschrift derart verbundenen Blatt erfolgen, dass die Verbindung als dauernd gewollt erkennbar und nur durch Gewaltanwendung zu lösen ist (zB Heftung, vgl BGH NJW 74, 1383, 1384 [BGH 27.05.1974 - VII ZB 5/74]). Der Beglaubigungsvermerk muss deutlich machen, dass alle Seiten bei der Beglaubigung vorgelegen haben und von ihr umfasst sein sollen (BGH NJW 04, 506, 507 f; NJW 17, 3721 [BGH 13.09.2017 - IV ZR 26/16] Rz 14f). Die Abschrift kann bei einem Urt abgekürzt sein, muss aber auch dann die Unterschriften der Richter umfassen (vgl im Einzelnen BGH Rpfleger 73, 15). Wird die Abschrift von einer Ausfertigung des Urteils erteilt (§ 317 II–V), muss sich dies aus dem Beglaubigungsvermerk ergeben. Zur Abschrift eines elektronischen Dokuments s § 317 III, § 298. Der Beglaubigungsvermerk muss handschriftlich unterschrieben sein (zu den Anforderungen an die Unterschrift vgl BGH NJW 85, 1227 [BGH 11.10.1984 - X ZB 11/84]). Beglaubigt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle, muss dies erkennbar sein.
Rn 4
Ohne Beglaubigung ist die Zustellung unwirksam (BGH NJW 52, 934; BGHZ 55, 251, 252 = NJW 71, 659 mN; BGHZ 208, 255 Rz 13 = NJW 16, 1517; 19, 1374 Rz 11). Allerdings soll eine Heilung nach § 189 durch Zustellung einer (inhaltlich mit der Urschrift übereinstimmenden) einfachen Abschrift nach stRspr des BGH möglich sein (BGH NJW 19, 1374 Rz 13; 17, 3721 Rz 17 f; BGHZ 208, 255 Rz 14 ff = NJW 16, 1517; BGHZ 212, 264 Rz 21 f = WM 16, 2307; s.a. § 189 Rz 2). Tw wird dies für bedenklich erachtet, weil das Beglaubigungserfordernis die (vom Empfänger nicht überprüfbare) Authentizität des Schriftstücks belegen soll und auf diese Weise faktisch obsolet wird. § 169 ist im Einklang mit der Zielsetzung des Gesetzgebers grds weit auszulegen. Er hat den Sinn, die förmlichen Zustellungsvorschriften nicht zum Selbstzweck erstarren zu lassen, sondern die Zustellung auch dann als bewirkt anzusehen, wenn der Zustellungszweck ...