Frank-Michael Goebel, Dr. Jochen Schatz
Rz. 313
Zur Geltendmachung des gepfändeten und überwiesenen Anspruchs braucht der Vollstreckungsgläubiger das Sparbuch oder die sonstige Sparurkunde, da er andernfalls keine Zahlung an sich erlangen kann. Deshalb ist der Vollstreckungsschuldner verpflichtet, nach der erfolgten Pfändung und Überweisung des Anspruches aus dem Sparguthaben das Sparbuch, bzw. die Sparurkunde, an den Vollstreckungsgläubiger herauszugeben. Leistet der Vollstreckungsschuldner nicht freiwillig, muss der Vollstreckungsgläubiger die Herausgabevollstreckung betreiben (§ 836 Abs. 3 S. 2 ZPO, § 106 GVGA), um in den notwendigen Besitz des Legitimationspapiers zu gelangen. Zuständig ist der Gerichtsvollzieher am angenommenen Auffindeort, regelmäßig aber nicht zwingend also am Wohnsitz des Schuldners. Vollstreckungstitel ist insoweit neben dem Titel der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, in den auf Antrag des Vollstreckungsgläubigers die Herausgabeanordnung der Urkunde aufzunehmen ist.
Rz. 314
Ist das Sparbuch beim Vollstreckungsschuldner nicht auffindbar, kann der Vollstreckungsgläubiger den Vollstreckungsschuldner zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 883 Abs. 2 ZPO laden lassen. Führt auch dies nicht weiter, bleibt dem Vollstreckungsgläubiger lediglich der Weg des Aufgebotsverfahrens mit der Möglichkeit der Kraftloserklärung.
Rz. 315
Wegen der Freizügigkeit des Sparbuchs ist der Vollstreckungsschuldner auch nach der Pfändung und Überweisung des Sparkontos nicht daran gehindert, Geld von seinem Sparkonto abzuheben. Das Kreditinstitut ist nicht zur Sperre des Sparkontos verpflichtet.
Rz. 316
Tipp
Der Vollstreckungsgläubiger muss versuchen, möglichst schnell an das Sparbuch heranzukommen. Die Wegnahme des Sparbuchs durch den Gerichtsvollzieher kann im Wege der Hilfspfändung bereits vor Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses erfolgen (§ 106 GVGA). Dann teilt der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger die vorläufige Wegnahme mit und bezeichnet die Forderungen, auf die sich das Sparbuch bezieht. In der Praxis ist ein verstärktes Bemühen der Gerichtsvollzieher um ein solches Vorgehen allerdings nicht zu verspüren. In Schulungen weiß regelmäßig kein einziger Gläubigervertreter von der Übergabe eines Sparbuches zu berichten.
Rz. 317
Hinweis
Das anlässlich einer Sachpfändung ergriffene Sparbuch ist dem Schuldner durch den Gerichtsvollzieher zurückzugeben, wenn der Gläubiger nicht spätestens innerhalb eines Monats den Pfändungsbeschluss über die Forderung vorlegt, die dem Sparbuch zugrunde liegt (§ 106 S. 5 GVGA).
Rz. 318
Der Pfändungsgläubiger kann die Auszahlung des gepfändeten und zur Einziehung überwiesenen Sparguthabens ohne Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist verlangen. Eine Ausnahme besteht nur dort, wo zwischen dem Schuldner und der Bank eine Vereinbarung dahingehend besteht, dass eine vorzeitige Verfügung über die Spareinlage ausgeschlossen ist. In diesen Fällen kann der Gläubiger eine eventuell notwendige Kündigung aussprechen. Das Kündigungsrecht ist Ausfluss der Rechtsstellung des Schuldners, bzw. des Pfändungsgläubigers, und daher als Nebenrecht nicht selbstständig pfändbar; es geht bei Pfändung und Überweisung des Hauptanspruchs automatisch auf den Pfändungsgläubiger über. Dass durch eine Auszahlung vor Ablauf der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfrist unter Umständen das Schuldnervermögen mit einem Vorschusszins belastet wird, steht dem vorzeitigen Leistungsverlangen des Pfändungsgläubigers nicht entgegen. Auch Kenn- oder Passwörter stehen dem Auszahlungsverlangen des Vollstreckungsgläubigers nicht entgegen.
Rz. 319
Nach Befriedigung seiner Forderung muss der Gläubiger das Sparbuch, wenn die Drittschuldnerin es nicht einbehält, dem Vollstreckungsschuldner unverzüglich zurückgeben.