Prof. Dr. rer. pol. Hanno Kirsch
Rz. 4
Der Anhang zum IFRS-Abschluss nimmt im Wesentlichen 3 Aufgaben wahr:
Der Anhang soll durch spezielle Angaben die Vorgehensweise bei der Abbildung von Sachverhalten in anderen Teilen des Abschlusses, insbesondere jedoch in Bilanz und (Gesamt-)Ergebnisrechnung, erläutern. Diese Funktion wird explizit in IFRS 18.113 a) angesprochen. Hiernach soll der Anhang aktuelle Informationen über die Grundlagen der Aufstellung des Abschlusses (IAS 8.6A–6N) und die besonderen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden gem. IAS 8.27A–27I enthalten.
Die Erläuterungsfunktion erlangt vor allem dann Relevanz, wenn die IAS/IFRS-Standards offene oder verdeckte Wahlrechte enthalten. Die Erläuterungsfunktion dient insbesondere dazu die in den primären Abschlussinstrumenten ausgewiesenen Abschlussposten zu verstehen.
Die Entlastungsfunktion des IFRS-Anhangs besteht darin, dass dieser Teil des IFRS-Abschlusses Informationen aufnimmt, deren Offenlegung von den IAS/IFRS gefordert wird, die aber in den primären Abschlussinstrumenten)) aufgrund deren Funktion eine nützliche strukturierte Zusammenfassung der im jeweiligen Abschlussinstrument auszuweisenden Rechenelemente und der damit einhergehenden Verdichtungsfunktion nicht wahrgenommen werden kann. Nach IFRS 18.113 b) sind im Anhang die nach IAS/IFRS erforderlichen Informationen zu geben, die nicht in den primären Abschlussinstrumenten enthalten sind. Diese Entlastungsfunktion schlägt sich insbesondere in der Disaggregation von Abschlussposten der primären Abschlussinstrumente nieder; allerdings darf die Disaggregation nicht dazu führen, dass im Anhang Informationen angegeben werden, welche unwesentlich sind.
IFRS 18.22 enthält nur sehr wenige Anforderungen an die Struktur der einzelnen primären Abschlussinstrumente, damit diese eine nützliche strukturierte Zusammenfassung der in ihnen enthaltenen Rechenelemente darstellen. Darüber hinaus finden sich sowohl in IFRS 18 als auch in einzelnen themenbezogenen Standards weitere nach IFRS geforderte Abschlussposten, z. B. in IFRS 18.75 bezogen auf die Ergebnisrechnung sowie in IFRS 18.103 bezogen auf die Bilanz. Dennoch stehen auch letztgenannte nach IFRS vorgesehene Abschlussposten unter dem generellen Vorbehalt, dass deren Ausweis notwendig ist um zu einer nützlichen strukturierten Zusammenfassung zu führen.
Umgekehrt müssen aber auch weitere Abschlussposten in die primären Abschlussinstrumente aufgenommen werden, selbst wenn diese nicht nach den IAS/IFRS als separate Abschlussposten gefordert sind, sofern die zusätzlich aufzunehmenden Abschlussposten erforderlich sind, um eine nützliche strukturierte Zusammenfassung der in den primären Abschlussposten ausgewiesenen Rechenelemente zu gewährleisten.
Daher können auch Checklisten in Bezug auf die in den primären Abschlussinstrumenten auszuweisenden Abschlussposten und die in den Anhang aufzunehmenden Informationen nur eine allererste Orientierung bieten und sind unternehmensspezifisch sehr genau zu prüfen und entsprechend zu modifizieren.
Nach IFRS 18.113 c) hat der Anhang zusätzliche Informationen zu liefern, die nicht in den primären Abschlussinstrumenten ausgewiesen werden, die jedoch für deren Verständnis und letztlich für das Erreichen des Ziels des IFRS-Abschlusses insgesamt erforderlich sind. Mit dieser Vorschrift verlangt der IASB vom Rechnungslegenden auch Erläuterungen, "wenn einzelne Standards bezüglich bestimmter Transaktionen und Sachverhalte keine hinreichenden Aussagen über die Auswirkung auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage erlauben."
Rz. 4a
Im Unterschied zur überwiegend vorherrschenden Meinung in der handelsrechtlichen Rechnungslegung besitzt der Anhang nach IFRS generell keine Korrekturfunktion. Sofern in äußerst seltenen Fällen eine bestimmte Anforderung eines IFRS bzw. IAS (oder eines auf der gleichen Ebene wie die IFRS/IAS stehenden IFRIC bzw. SIC) so irreführend wäre, dass es zu einem Konflikt mit der Zwecksetzung des Abschlusses käme, ist von dieser Anforderung eines IFRS/IAS (oder eines IFRIC bzw. SIC) abzuweichen, sofern die geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen eine solche Abweichung zulassen. Zusätzlich sind in diesem Falle die nach IAS 8.6F vorgeschriebenen ergänzenden Angaben (u. a. Angabe der aus Sicht des Managements irreführenden Vorschrift sowie die Auswirkungen bei hypothetischer Anwendung dieser als irreführend eingestuften Vorschrift) im Anhang zu machen.
Allein in dem Falle, dass die geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen (insbesondere Landesrecht) eine Abweichung von den IFRS/IAS bzw. IFRIC/SIC-Normen selbst in dem Falle untersagen, dass durch die Beachtung einer einzelnen Norm ein Widerspruch zur Zwecksetzung des IFRS-Abschlusses vorläge, sind die IFRS/IAS bzw. IFRIC/SIC in Ergebnisrechnung und Bilanz vollständig zu befolgen. Um in einem solchen Fall die Wirkung der als irreführend erachteten Anforderung bestmöglich zu verringern, hat ...