Es ist anerkannt, dass die in Art. 9 Abs. 3 GG beschriebenen "Vereinigungen zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen" auf der Arbeitnehmerseite den Gewerkschaftsbegriff nicht ausreichend konturieren. Nach ständiger Rechtsprechung müssen weitere eingrenzende Kriterien erfüllt sein, um von Gewerkschaften im Sinne des Arbeitsrechts sprechen zu können:
- Gewerkschaften müssen "gegnerfrei"sein. Demzufolge muss die Koalition in ihrer Willensbildung frei und unbeeinflusst von der Gegenseite sein. Sie muss über ihre eigene Organisation und ihre Willensbildung selbst entscheiden können; sie darf nicht strukturell vom sozialen Gegenspieler abhängig sein. Daraus folgt, dass nur Arbeitnehmer Mitglieder einer Gewerkschaft werden können.
- Gewerkschaften müssen von einem Mitgliederwechsel unabhängig, also als Verein organisiert sein.
- Sie müssen freiwillig gebildet sein. Eine Zwangsmitgliedschaft, wie sie etwa bei Kammern gegeben ist, würde gegen die negative Koalitionsfreiheit (s. o.) verstoßen.
- Gewerkschaften müssen parteipolitisch neutral und unabhängig von Staat und Kirche sein.
- Sie müssen überbetrieblich organisiert sein und damit für eine Vielzahl von Arbeitnehmern offen stehen. Sie sind daher auch überörtlich tätig.
- Ihr Ziel muss es sein, Tarifverträge im Interesse ihrer Mitglieder zu schließen.
- Sie müssen das jeweilige Schlichtungsrecht anerkennen.
- Sie müssen Druck ausüben können, also über Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler verfügen. Dies geschieht insbesondere, aber nicht nur, mit den Mitteln des Arbeitskampfs. Nach der Rechtsprechung ist zumindest "wirkungsvoller Druck und organisatorische Leistungsfähigkeit" erforderlich. Eine tariffähige Gewerkschaft muss von der Gegenseite "ernst genommen werden". Es genügt die Durchsetzungsfähigkeit einer Gewerkschaft in einem zumindest nicht unbedeutenden Teil des von ihr in Anspruch genommenen Zuständigkeitsbereichs. Auf die Gewerkschaftsgröße kommt es nicht entscheidend an, wenn angesichts einer Schlüsselposition (beispielsweise Flugsicherung) bei Arbeitskampfmaßnahmen von geringem Umfang eine große Wirkung erzielt wird. Als infrastrukturelle Ausstattung reicht in diesen Fällen auch ein externes 270 m2 großes Büro mit Verwaltungskräften und einem Vorstandsassistenten aus.
Die Durchsetzungsfähigkeit ist bei den sog. Christlichen Gewerkschaften kritisch zu hinterfragen. Oftmals handelt es sich um Vereinigungen, die Tarifverträge mit schlechteren Arbeitsbedingungen vereinbaren als die Arbeitgeber mit den großen Gewerkschaften vereinbaren könnten. Eine Vielzahl von Christlichen Gewerkschaften sind daher nicht tariffähig. Dies gilt auch hinsichtlich der CGZP für die Vergangenheit mit der Folge, dass sämtliche von der CGZP geschlossenen Tarifverträge von Beginn an unwirksam sind.
Auch Vereinigungen, denen überwiegend oder teilweise Beamte angehören, können unter den allgemeinen Gewerkschaftsbegriff fallen. Erforderlich ist nur, dass sie hinsichtlich der bei ihnen organisierten Mitglieder bereit sind, Tarifverträge abzuschließen und sie müssen imstande und willens sein, ihre Rechte notfalls durchzusetzen.
Vereinigungen, die allein Interessen von Beamten vertreten, erfüllen den Gewerkschaftsbegriff i. S. d. Personalvertretungsrechts, obwohl sie weder den Abschluss von Tarifverträgen beabsichtigen noch die Durchsetzung ihrer Ziele notfalls mithilfe von Arbeitskampfmaßnahmen verfolgen. Andernfalls würde die Koalitionsfreiheit für Beamtenvereinigungen außer Kraft gesetzt, weil das Beamtenverhältnis nicht durch Tarifverträge geregelt ist und Beamte kein Streikrecht haben.
Strafgefangene im geschlossenen Vollzug sind keine Arbeitnehmer i. S. d. § 5 ArbGG und daher steht ihnen das Recht auf Koalitionsfreiheit nicht zu, d. h., sie können keine Gewerkschaft gründen.
Neben den Beschäftigten gehören vielfach auch Betriebsrentner einer Gewerkschaft an. Diese haben einen Anspruch darauf, an sie betreffenden Entscheidungen (etwa Tarifverträgen über Versorgungsleistungen) innergewerkschaftlich ebenso mitzuwirken wie Gewerkschaftsmitglieder, die noch aktive Beschäftigte sind (§ 18 AGG).
Der Zuständigkeitsbereich einer Gewerkschaft ergibt sich aus der in Ausübung ihrer Satzungsautonomie von ihr selbst beschlossenen Satzung und dem für diese geltenden Bestimmtheitsgrundsatz.
Bei Arbeitgeberverbänden hingegen ist die Durchsetzungskraft nicht Voraussetzung für die Tariffähigkeit. Auch ein einzelner Arbeitgeber ist tariffähig, da § 2 Abs. 1 TVG das Merkmal der Tariffähigkeit nicht voraussetzt. § 2 Abs. 1 TVG will damit die Existenz eines Tarifpartners sichern, wenn ein Arbeitgeberverband nicht besteht. Wenn der Gesetzgeber das Interesse daran, auf jeden Fall einen Tarifpartner auf Arbeitgeberseite zur Verfügung zu stellen, höher veranschlagt als die Frage der Durchsetzungsfähigkeit des einzelnen Arbeitgebers, so ist das nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden.