A. Einleitung
Rz. 1
Am 1.5.2006 trat in Japan ein Gesetz in Kraft, das das Recht einiger der den Rechtsformzusatz kaisha tragenden Rechtsträger teilweise neu regelt. In diesem ist die Gesellschaftsform, die der deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung am ehesten entspricht, nämlich die yūgen gaisha, nicht mehr vorgesehen. Vielmehr wurde das Gesetz, das diesen Rechtsträger regelte, nämlich das yūgen gaisha hō (Gesetz über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung), durch das die Neuregelung begleitende Ausführungsgesetz ausdrücklich aufgehoben.
Rz. 2
Gegenstand dieses Beitrages können deshalb nicht Fragen der Gründung und Unterhaltung einer GmbH japanischen Rechts sein, sondern nur, welches Schicksal die existenten GmbHs ereilt hat und welche Rechtsformen nach der Neuregelung für Bedürfnisse in Frage kommen, die früher von der Gesellschaft mit beschränkter Haftung bedient wurden. Das wird nach einer kurzen Einführung in das japanische Recht der Rechtsträger, einer Retrospektive des GmbH-Rechts und einer Darstellung der Gründe für die Abschaffung dieser Rechtsform geschehen.
B. Recht der Rechtsträger
Rz. 3
Die Anzahl der Rechtsträger in Japan, die nicht natürliche Personen sind, ist kaum zu überschauen. Ein einheitliches Recht der Rechtsträger, das die Grundlagen sowohl der Rechtsträger des öffentlichen Rechts als auch der Rechtsträger des Zivilrechts regelt, existiert hingegen in Japan ebenso wenig wie in der Bundesrepublik Deutschland. Auch wenn man den Blick lediglich auf das Zivilrecht richtet, wird das Fehlen einer systematischen Aufarbeitung des Rechts der Rechtsträger in Japan schmerzlich bewusst. Noch eine gedankliche Ebene weiter ergibt sich derselbe Befund: Für das Gesellschaftsrecht als dem Recht der Personenvereinigungen des Privatrechts, die durch Rechtsgeschäft begründet werden, um einen bestimmten gemeinsamen Zweck zu erreichen, fehlt nicht nur ein einheitlicher Oberbegriff in Japan, sondern auch die zugehörige Dogmatik.
Rz. 4
Fälschlicherweise wird trotzdem der deutschrechtliche Begriff "Gesellschaftsrecht" immer wieder für die deutschsprachige zusammenfassende Behandlung der Rechtsträger verwendet, die auf Japanisch den Rechtsformzusatz kaisha tragen. Die kaisha genannten Gesellschaftsformen aber stellen nur einen, wenn auch bedeutenden Teil der japanischen Gesellschaftsformen dar. Das waren bis zum 31.4.2006 die gōmei gaisha (vergleichbar mit der deutschen Offenen Handelsgesellschaft), die gōshi gaisha (vergleichbar mit der deutschen Kommanditgesellschaft), die kabushiki gaisha (vergleichbar mit der deutschen Aktiengesellschaft), die yūgen gaisha (vergleichbar mit der deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung), die sōgo hoken gaisha (vergleichbar mit dem deutschen Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit) und die tokurei mokuteki gaisha, für die es im Deutschen keine Entsprechung gibt; sie stammt aus dem US-amerikanischen Recht und ist dort unter dem Namen special purpose company bekannt.
Rz. 5
Das Gesetz, das einige der Gesellschaftsformen, die den Rechtsformzusatz kaisha tragen, jetzt neu regelt, erhebt nicht den Anspruch, das Recht dieser Gruppe von Gesellschaften abschließend zu regeln. Im Gegenteil: Kriterien, die es erlauben, einem Rechtsträger die Verwendung des Rechtsformzusatzes kaisha zu gestatten, fehlen.
C. Retrospektive
Rz. 6
Zum 1.1.1940 wurde durch Gesetz Nr. 74 vom 5.4.1938 unter dem Namen yūgen gaisha hō (Gesetz über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung) der damals neue Rechtsträger yūgen gaisha begründet. Dabei stand die deutsche Gesellschaft mit beschränkter Haftung Pate, die schon 1892 eingeführt worden war. Aber auch die österreichische GmbH von 1906, die französische société à responsabilité limitée von 1925 und die englische private compa...