Zusammenfassung
Neben den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten kommt für die Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter, die von Bilanzierenden nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG als Betriebsvermögen anzusetzen sind, der Teilwert in Betracht. Der Teilwert wird in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG als derjenige Betrag definiert, "den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt". Maßgeblich ist danach der Wert, den das einzelne Wirtschaftsgut als "Teil" (daher der Begriff "Teilwert") der wirtschaftlichen Einheit "Betrieb" hat.
Der Teilwert ist ein objektiver Wert, der nicht auf der persönlichen Auffassung des Steuerpflichtigen, sondern auf einer allgemeinen Werteinschätzung beruht. Bei der Teilwertermittlung handelt es sich um eine Schätzung nach § 162 AO, da es sich nur um den gedachten Erwerb des Betriebs handelt. Der Teilwert ist eine bestimmte feste Größe und darf deshalb nicht nach einer Bandbreite bestimmt werden.
Die Rechtsprechung hat für die Wertermittlung bestimmte Grenzwerte aufgestellt. Der Teilwert von betriebsnotwendigen Wirtschaftsgütern entspricht höchstens den Wiederbeschaffungskosten für ein Wirtschaftsgut gleicher Art und Güte am Bewertungsstichtag. Wertuntergrenze ist i. d. R. der Einzelveräußerungspreis. Das ist praktisch der gemeine Wert oder der Verkehrswert des Wirtschaftsguts.
Der "Teilwert" wird in einer Vielzahl von gesetzlichen Vorschriften erwähnt, z. B. in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 2 – 4, Nr. 2 Sätze 2, 3, Nr. 4, Nr. 5, Nr. 7, Abs. 5–6 EStG. Darüber hinaus aber auch in § 2a Abs. 1 Nr. 3a EStG; § 3 Nr. 40 EStG; § 5a Abs. 4 und 6 EStG; § 6a Abs. 3 EStG; § 7 Abs. 4 Satz 4 EStG; § 11c EStDV; § 10 BewG.
Verwaltungsseitige Erläuterungen finden sich u. a. in R 6.7 EStR 2012 (Teilwert), R 6.8 EStR 2012 (Bewertung des Vorratsvermögens), R 6a Abs. 11 EStR 2012 (Rückstellungen für Pensionsrückstellungen), R 7a Abs. 5 EStR 2012 (Anzahlungen auf Anschaffungskosten) sowie R. 6.7 "Teilwert" sowie H 6.7 "Teilwert" EStH 2023 und im BMF, Schreiben v. 2.9.2016, BStBl 2016 I S. 996, das sich mit Teilwertabschreibungen befasst.
1 Begriff des Teilwerts
1.1 Legaldefinition des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG
§ 6 EStG sieht vor, dass Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens von bilanzierenden Steuerpflichtigen prinzipiell mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten sind. Als dritten Bewertungsmaßstab nennt das Gesetz den "Teilwert". Es handelt sich um einen steuerlichen Wert, der jedoch eine ähnliche Funktion hat wie der im Handelsrecht geltende "niedrigere Wert" nach § 253 Abs. 3 Satz 5 bzw. § 253 Abs. 4 Satz 1 HGB.
Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG enthält eine eigene Legaldefinition des Teilwerts. Danach ist Teilwert der anteilige Betrag für ein einzelnes Wirtschaftsgut, den ein gedachter Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des gedachten Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Dabei ist davon auszugehen, dass er den Betrieb fortführt.
Der Teilwert soll dem objektiven Wert der im Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen befindlichen Wirtschaftsgüter entsprechen. Zu diesem Zweck bedient sich die Legaldefinition des Teilwerts des "gedachten Erwerbers". Dieser wird lediglich, sozusagen als objektiver Bewerter, an die Stelle des jeweiligen Steuerpflichtigen gesetzt.
Der Teilwert kommt als Bewertungsmaßstab sowohl für aktive als auch für passive Wirtschaftsgüter in Betracht. Von Bedeutung ist er auch für die Bewertung von Entnahmen, von Einlagen und von verdeckten Einlagen.
Schließlich muss nach der Rechtsprechung ein Gesamtkaufpreis für mehrere Wirtschaftsgüter i. d. R. – in Ermangelung einer Aufteilung durch die Vertragsparteien oder im Falle der Zweifelhaftigkeit einer solchen Aufteilung – im betrieblichen Bereich nach dem Verhältnis der Teilwerte aufgeteilt werden.
1.2 Höhe des Teilwerts
Der Teilwertbegriff stellt maßgeblich auf die konkrete betriebliche Funktion des jeweiligen Wirtschaftsguts ab. Jedenfalls dann, wenn ...