Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdeckte mündliche Treuhandvereinbarung: Wirksamkeitserfordernis der tatsächlichen Durchführung – Umgehung kartellrechtlicher Vorgaben – Nachweislast gem. § 159 Abs. 1 AO – Berücksichtigung der Gesamtumstände
Leitsatz (redaktionell)
- Eine mündlich getroffene verdeckte Treuhandvereinbarung über die Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft ist steuerlich anzuerkennen, wenn sie nachweislich tatsächlich durchgeführt worden ist.
- Das gilt auch, wenn das Treuhandverhältnis bewusst und gewollt zur Umgehung kartellrechtlicher Vorgaben vereinbart wurde.
- Für den Nachweis des Inhalts einer verdeckt gehaltenen mündlichen Treuhandvereinbarung können bei verbleibenden Unklarheiten das Gesamtverhalten und die Interessenlage der Beteiligten einschließlich der Begleitumstände herangezogen werden, ohne dass dem die Beweisregel des § 159 Abs. 1 AO entgegenstünde.
Normenkette
AO § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2, § 159 Abs. 1
Tatbestand
Mit seiner am 25.2.2021 erhobenen Klage wendet sich der Kläger gegen die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung für 2012 für die J.-GmbH Co KG (nachfolgend: J.), Beigeladene zu 2.
Streitig ist, ob der Kläger treuhänderisch an der J. beteiligt war und die Einkünfte deshalb der Beigeladenen zu 1., der P.-GmbH & Co KG, ehemals F. GmbH & Co. Q.-KG (nachfolgend: F.), als Treugeberin zuzurechnen sind.
Der in der Schweiz lebende Kläger ist Rechtsanwalt und im Wesentlichen tätig durch die V. AG, sowie durch die G. AG und durch die A. AG, deren Gesellschafter-Geschäftsführer er jeweils war. Kontakte zur F. Gruppe bestanden seit Anfang der 90er Jahre.
Der Kläger war von 2004 bis 2012 Kommanditist der J. mit einem Kapitalanteil von…Euro, was einer Beteiligung von 40 % entspricht. An der Komplementär- GmbH der J. war er ebenfalls zu 40 % beteiligt. Die J. gehörte zur F. Gruppe. Die dazu gehörende F. GmbH & Co. Q.-KG war neben dem Kläger in Höhe der übrigen 60 % der Geschäftsanteile beteiligt.
Der Kommanditanteil wie auch der GmbH-Anteil des Klägers wurden zum 31.12.2012 an die S.-GmbH verkauft (Vertrag vom 14.12.2012). Der Kaufpreis betrug…Euro. Er wurde später wegen einer Korrektur des Firmenwertes um…Euro gemindert.
Die einheitliche und gesonderte Feststellung für die J. für 2012 wurde zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß durchgeführt (Bescheid vom 29.3.2016). Der nach einer Prüfung durch die Groß- und Konzernbetriebsprüfung (Prüfungsbericht vom 13.12.2018) unter Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts geänderte Feststellungsbescheid wurde dem Kläger unter dem 12.8.2020 bekanntgegeben, nachdem er bestritten hatte, den zunächst auf den 27.3.2019 datierten Feststellungsbescheid erhalten zu haben. Darin wurde dem Kläger für 2012 ein Gewinn i. H. v.…Euro zugerechnet. Hierin enthalten ist ein Veräußerungsgewinn i. H. v.…Euro. Der verrechenbare Verlust wurde in dem Gewinnfeststellungsbescheid mit Null Euro berechnet; der ausgleichsfähige Verlust am Ende des Vorjahres betrug ebenfalls Null Euro. Im Hinblick auf die Höhe der festgestellten Beträge erhebt der Kläger keine Einwände. Allerdings hatte der Kläger zwischenzeitlich, am 26.2.2019, erstmals beantragt, ihm keine Einkünfte als Kommanditist der J. mehr zuzurechnen, da insoweit eine verdeckte Treuhand bestanden habe und die Einkünfte der F. als Treugeberin zuzurechnen seien. In den vorangegangenen Veranlagungs- bzw. Feststellungszeiträumen seit 2004 hatte er die Feststellungen, soweit es die Zurechnungsfrage angeht, akzeptiert. Die einkommensteuerlichen Angelegenheiten des Klägers wurden in dieser Zeit von der Steuerabteilung der F. (mit-) betreut.
Dem wiederholten Antrag des Klägers, im Hinblick auf das von ihm behauptete Treuhandverhältnis einen Grundlagenbescheid zu erlassen, kam der Beklagte nicht nach. Stattdessen wurde der Feststellungsbescheid vom 12.8.2020/ 27.3.2019 übersandt. Der dagegen am 9.9.2020 eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 1.2.2021).
Parallel zu dem Feststellungsverfahren in Deutschland hatte das schweizerische Steueramt bereits mit Bescheid vom 10.7.2017 ebenfalls eine Besteuerung des Veräußerungsgewinnes des Klägers geltend gemacht. Der Kläger hat erklärt, ein internationales Verständigungsverfahren wegen einer drohenden doppelten Besteuerung werde aus Praktikabilitätserwägungen nicht angestrebt. Gleiches gelte für ein zivilrechtliches Vorgehen gegen die Beigeladenen. Das Steuerstreitverfahren in der Schweiz ruhe derzeit im Hinblick auf dieses Klageverfahren.
Der F. ist es seinerzeit aus kartellrechtlichen Gründen nicht möglich gewesen, zu 100 % an der J. beteiligt zu bleiben. Die Beteiligung war unter Verstoß gegen kartellrechtliche Anzeigepflichten 1995 von der F. Gruppe erworben worden. Das Kartellamt hatte, nachdem der Erwerb bekannt geworden war, Ende 2003 eine Entflechtung angeordnet. Deshalb hat man den Kläger als Kommanditisten in die Gesellschaft aufgenommen. Der Kläger war wegen des Interesses der F. kartellrechtliche Bestimmungen zu umgehen, bereits zuv...