Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmung zur Umstellung auf ein abweichendes Wirtschaftsjahr bei Nutzung von Verlusten im Rahmen einer Organschaft vor einem Anteilseignerwechsel i.S.v. § 8c KStG. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: I R 20/24)
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Umstellung des Wirtschaftsjahrs kann auch dann in Betracht kommen, wenn sie allein aus steuerlichen Gründen erfolgt und der Steuerpflichtige durch die Umstellung steuerliche Folgen erreicht, die nach Sinn und Zweck einer bestimmten steuerrechtlichen Vorschrift gerade für die in Rede stehende Sachverhaltskonstellation vorgesehen sind, damit aber keine missbräuchlichen Zwecke verfolgt werden.
2. Werden durch die Umstellung des Wirtschaftsjahres gesetzliche vorgesehene oder erwünschte steuerliche Folgen erreicht und liegen auch keine anderweitigen gegen eine Umstellung sprechende Gründe vor, ist das Ermessen der Finanzbehörde im Rahmen ihrer Entscheidung über die Erteilung der Zustimmung auf Null reduziert.
3. Eine Umstellung auf ein abweichendes Wirtschaftsjahr nach § 7 Abs. 4 Satz 3 KStG, um dadurch einem Organträger zu ermöglichen, bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nach § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG noch nicht genutzte Verluste mit Gewinnen der Organgesellschaft auszugleichen, ist kein von Gesetzes wegen nicht vorgesehener Steuervorteil, sondern entspricht vielmehr dem Sinn und Zweck von § 8c Abs. 1 KStG.
Normenkette
KStG § 8c Abs. 1; AO § 5; FGO § 102; KStG § 7 Abs. 4 S. 3
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Zustimmung des Beklagten (im Folgenden Finanzamt –FA–) zur Umstellung ihres Wirtschaftsjahrs auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum vom 1.5. bis 30.4. des Folgejahrs gemäß § 7 Abs. 4 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) hat.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mit dem Ort der Geschäftsleitung in A, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts B unter der Registernummer HRB xxx. Sie ist Teil der C-Unternehmensgruppe. Laut Handelsregisterauszug ist Unternehmensgegenstand der Klägerin, „…”. Alleinige Anteilseignerin der Klägerin ist seit dem …11.2013 die C Holding GmbH (CD). Unter dem Datum vom …12.2014 schlossen die CD als herrschendes Unternehmen und die Klägerin einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ab. Zwischen der CD und der Klägerin bestand im hier maßgeblichen Zeitraum eine ertragsteuerliche Organschaft. Daneben ist die CD ebenfalls zu 100 % an der CEF GmbH (CEF) beteiligt. Zwischen der CD und der CEF besteht seit dem …12.2015 ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Auch zwischen der CD und der CEF bestand im hier maßgeblichen Zeitraum eine ertragsteuerliche Organschaft. Die Klägerin ist ihrerseits wiederum alleinige Gesellschafterin der CG1 GmbH (CG1 GmbH) sowie der CG2 GmbH (CG2 GmbH). Daneben bestehen 29 G KGs. An jeder dieser 29 G KGs ist die CG1 GmbH jeweils als Komplementärin und die CG2 GmbH als Kommanditistin beteiligt. Alleinige Anteilseignerin der CD und Obergesellschaft der gesamten C-Unternehmensgruppe ist die H GmbH.
[…] (Zwecks Neutralisierung wurde das hier eingestellte Schaubild entfernt.)
Abb.: Beteiligungsverhältnisse
Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG (bzw. für die Gewerbesteuer § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes –GewStG–) i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Das Geschäftsjahr der Klägerin entsprach zunächst dem Kalenderjahr. Mit Gesellschafterbeschluss vom …4.2020 wurde das Geschäftsjahr der Klägerin auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum vom 1.5. des Jahres bis zum 30.4. des Folgejahres umgestellt. Der Zeitraum vom 1.1.2020 bis zum 30.4.2020 bildete dadurch ein Rumpfgeschäftsjahr. Auf die notarielle Urkunde des beurkundenden Notars J mit dem Amtssitz in K vom 4.2020 (UR-Nr. …/2020) wird Bezug genommen. Die Umstellung des Wirtschaftsjahrs wurde am …4.2020 ins Handelsregister eingetragen. Mit Gesellschafterbeschluss vom …9.2020 wurde das Geschäftsjahr der Klägerin sodann wieder auf das Kalenderjahr umgestellt. Dadurch bildete der Zeitraum vom 1.5.2020 bis zum 31.12.2020 wiederum ein Rumpfgeschäftsjahr. Auf die notarielle Urkunde des beurkundenden Notars J mit dem Amtssitz in K vom 23.9.2020 (UR-Nr. …/2020) wird Bezug genommen. Die erneute Umstellung des Geschäftsjahrs der Klägerin wurde am …10.2020 ins Handelsregister eingetragen.
Mit Schreiben vom 4.2020, beim FA eingegangen am 4.2020, beantragte die Klägerin beim FA die Zustimmung zur Änderung ihres Wirtschaftsjahrs auf den 30.4. gemäß § 7 Abs. 4 Satz 3 KStG. Zur Begründung führte die Klägerin aus, die Umstellung erfolge vor dem Hintergrund, dass die L GmbH am …2.2020 einen Vertrag über den Erwerb sämtlicher Anteile an der H GmbH, der Muttergesellschaft der CD abgeschlossen habe. Der Vollzug des Vertrags erfolge voraussichtlich Mitte Mai 2020. Die Umstellung des Wirtschaftsjahres erfolge zur korrekten Abgrenzung der zu erwartenden Gewinne der Kläger...