Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Dauer des Krankengeldes für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit
Leitsatz (amtlich)
Beschwerden in mehreren Wirbelsäulenabschnitten stellen ein einheitliches Grundleiden dar und sind damit dieselbe Erkrankung iS des § 48 Abs 1 S 1 SGB 5.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16. Juni 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine erneute Arbeitsunfähigkeit des Klägers auf derselben Krankheit wie eine zuvor bestandene Arbeitsunfähigkeit beruhte.
Der 1952 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Kläger, der als Versandmitarbeiter bei der Papierfabrik S. beschäftigt ist, war vom 26.11.2003 bis 06.01.2004 wegen eines Wirbelsäulenleidens arbeitsunfähig. Dabei gab der behandelnde Orthopäde B. folgende Diagnosen an: am 26.11.2003 “M54.2„ (Cervikalneuralgie), am 01.12.2003 und 03.12.2003 “M54.1„ (Radikulopathie - ohne nähere Angabe -), am 08.12.2003 “M54.1„ und “M54.2„ sowie am 15.12., 22.12. und 29.12.2003 jeweils “M54.1„.
Ab dem 19.04.2004 bis 16.05.2004 wurde dem Kläger erneut durch den Orthopäden B. Arbeitsunfähigkeit attestiert wegen eines Halswirbelsäulen-Syndroms (Diagnose: “M54.2„ - Cervikalneuralgie - und “M54.12G„ - Radikulopathie im Cervikalbereich -). In den Folgebescheinigungen ab 16.05.2004 bis 25.07.2004 lauteten die Diagnosen: “M54.2G„, “M50.2G„ (sonstige cervikale Bandscheibenverlagerung) und “G54.2VL„ (Läsionen der Cervikalwurzel , anderenorts nicht klassifiziert, Verdachtsdiagnose links). Letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit war der 25.07.2004.
Ausweislich der Verdienstbescheinigung des Arbeitgebers vom 13.05.2004 hatte der Kläger bis 16.04.2004 gearbeitet, bis 18.04.2004 sei das Arbeitsentgelt weiter gezahlt worden. Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts bestehe für weniger als 6 Wochen wegen Vorerkrankung aufgrund derselben Krankheit vom Oktober und November 2003.
Die Beklagte hatte dem Kläger Krankengeld (Krg) zunächst ab 29.04.2004, auf den Widerspruch des Klägers jedoch für die Zeit vom 19.04. bis 25.07.2004 in Höhe von täglich 45,69 € brutto (=39,37 € netto) - insgesamt 3.818,89 € - bewilligt nach Vorlage eines Auszahlscheins (Bescheide vom 13.05.2004 und 02.06.2004).
Dr. K. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK), dem die Beklagte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom November 2003 bis Januar 2004 und ab 19.04.2004 übersandt hatte, äußerte sich in seiner Stellungnahme vom 19.05.2004 dahingehend, die Diagnose Cervikalneuralgie (M54.2) sei bereits in der AU-Schreibung vom November 2003 bis Januar 2004 erwähnt worden, so dass die aktuelle Arbeitsunfähigkeit mit erneuter Diagnose Cervikalneuralgie damit in Zusammenhang stehe.
Mit Schreiben vom 25.05.2004 teilte die Beklagte dem Kläger hierauf mit, dass die aktuelle Arbeitsunfähigkeit seit April 2004 mit der Arbeitsunfähigkeit vom November 2003 bis Januar 2004 im Zusammenhang stehe.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch.
Die Firma S. setzte die Beklagte mit Schreiben vom 01.06.2004 in Kenntnis, dass der dem Kläger zuviel bezahlte Monatslohn April mit der Folgeabrechnung verrechnet werde, da die Krankheit ab 19.04.2004 eine Folgeerkrankung sei. Dem habe der Kläger widersprochen, weswegen um Äußerung gebeten werde, ob es sich um eine Folgeerkrankung handle oder nicht. Der Orthopäde B. vertrat in seiner Stellungnahme vom Juni 2004 die Auffassung, die Arbeitsunfähigkeit im Dezember 2003 sei durch ein chronisches LWS-Syndrom bei Z. n. NPP-OP bedingt gewesen, während es sich bei der Neuerkrankung um ein HWS-Syndrom handle. Zwar seien auch am 08.12.2003 Beschwerden im Sinne eines HWS-Syndroms (M54.02) aufgeführt worden, diese hätten jedoch nur eine Nebendiagnose dargestellt.
Hierzu führte Dr. W. vom MDK aus, zwischen jetziger und früherer Erkrankung bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang, da das gleiche Organ (Wirbelsäule) betroffen sei.
Dem widersprach der Orthopäde B. in einer weiteren Stellungnahme vom 07.07.2004. Seinerseits sei eindeutig festzustellen, dass es sich zwar um das gleiche Organ (Wirbelsäule) handle, jedoch um unterschiedliche Abschnitte des Achsenorgans. Hierbei würden auch zwangsläufig unterschiedliche Diagnosen gestellt und von der Krankenkasse zwingend verlangt. Im Herbst habe die Hauptbeschwerdesymptomatik im Bereich der Lendenwirbelsäule und seit 19.04.2004 in Form einer Cervikoneuralgie bestanden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.07.2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück: Der Zusammenhang der Arbeitsunfähigkeitszeiten Ende 2003 und ab 19.04.2004 sei vom MDK bestätigt worden. Da die Beklagte nach Vorlage eines Auszahlscheins jederzeit bereit sei, dem Kläger für die Dauer der beschwerten Arbeitsunfähigkeitszeit in voller Höhe Krg zu gewähren, der Kläger jedoch bisher keinen Auszahlschein vorgelegt habe, sei es nicht möglich, das für den Kläger bere...