Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Die Finanzverwaltung hat in einem insgesamt 20 Seiten umfassenden Schreiben zur Frage der zutreffenden Vorsteueraufteilung bei Kreditinstituten Stellung genommen. Die Inhalte des Schreibens werden nicht in den UStAE aufgenommen, da es sich um branchenspezifische Feststellungen handelt, die Finanzverwaltung verweist lediglich in Abschn. 15.2d Nr. 16 UStAE auf das Schreiben. Sie gibt neben allgemeinen Hinweisen, die auch die Kreditinstitute bei der Aufteilung von Vorsteuerbeträgen zu beachten haben, individuelle Möglichkeiten zur Vorgehensweise bei der Vorsteueraufteilung bei Kreditinstituten vor (z. B. Segmentierung als Möglichkeit der Zuordnung zu den Ausgangsumsätzen, Hinweise zu anderen Aufteilungsmethoden; Anwendung von Segmentschlüsseln zur Vorsteueraufteilung).
Neben den speziellen Hinweisen zur Vorsteueraufteilung bei Kreditinstituten hat die Finanzverwaltung in Abschn. 15.17 Abs. 2 UStAE eine Präzisierung der allgemeinen (für alle Unternehmen) anzuwendenden Grundsätze der Vorsteueraufteilung vorgenommen. Dabei wird herausgehoben, dass die Vorsteuerbeträge jedes einzelnen Leistungsbezugs und jeder Anzahlung zuzuordnen sind. Es ist eine nachvollziehbare Prüfung vorzunehmen, ob die Voraussetzungen einer direkten Zuordnung vorliegen. Kommt der Unternehmer dieser Zuordnungsverpflichtung nicht oder in nicht ausreichender Art und Weise nach, sind die den einzelnen Bereichen zuzuordnenden Vorsteuerbeträge nach § 162 AO im Wege der Schätzung zu ermitteln.
Hinweis
Grundsätzlich sind die Regelungen in allen offenen Fällen anzuwenden. Die Finanzverwaltung beanstandet es aber für Kreditinstitute nicht, wenn sich die Unternehmer bis zum 31.12.2025 noch auf andere Aufteilungsgrundsätze beziehen, die das BMF in einem Schreiben v. 12.4.2005 an den Bankenverband mitgeteilt hatte.
Konsequenzen für die Praxis
Das BMF-Schreiben ist vorrangig nur für Kreditinstitute für den Vorsteuerabzug und die Vorsteueraufteilung relevant. Hier werden die einzelnen Vorgaben und alternativen Möglichkeiten intensiv analysiert werden müssen. Bis Ende 2025 haben die betroffenen Unternehmen Zeit, sich auf die Veränderungen einzustellen.
Die allgemeinen Änderungen in Abschn. 15.17 Abs. 2 UStAE sind eher sprachlicher Natur und keine durchgreifende Veränderung.
Hinweis
Die Finanzverwaltung kündigt in dem Schreiben aber an, dass in einem gesonderten Schreiben (auf das in der Praxis schon seit fast 10 Jahren gewartet wird) zu den Besonderheiten der grenzüberschreitenden Organschaft Stellung genommen wird. In 2 Verfahren hatte der EuGH zur Frage Stellung nehmen müssen, ob eine in einem anderen Mitgliedstaat belegene, aber dort in einen Organkreis eingebundene Betriebsstätte mit dem in dem anderen Mitgliedstaat belegenen Unternehmer ein einheitliches Unternehmen darstellen kann. Der EuGH war dabei zu anderen Ergebnissen gekommen, als dies bisher von der Finanzverwaltung noch in Abschn. 2.9 UStAE vertreten wird. Eine Betriebsstätte kann danach nur Bestandteil eines Unternehmens sein. Auf die Umsetzung dieser Rechtsprechung durch die Finanzverwaltung kann gespannt gewartet werden, da sie auch über die Finanzdienstleistungsbranche hinaus Auswirkungen haben wird.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 9.12.2024, III C 2 – S 7306/19/10003 :004, BStBl 2024 I S. 1604