Einer der wichtigsten Begriffe zum Verständnis des KrWG ist der des Abfalls. Die Konkretisierung dieses Begriffs ist deshalb von Bedeutung, weil ein und dieselbe Sache je nach Betrachtungsweise entweder Abfall sein kann und damit unter das KrWG fällt, oder aber ein Wirtschaftsgut von Wert darstellt, wie das folgende Beispiel zeigt.
Scheunenfund
Der Scheunenfund eines nur noch teilweise vorhandenen und über Jahrzehnte durch Rostfraß beschädigten Autowracks einer bekannten Automobilmarke kann in seinem gegenwärtigen Zustand einerseits als Abfall betrachtet werden. Die vorgefundene "Rostlaube" kann aber auch die Basis für eine Restaurierung sein, an deren Ende ein wertvoller Oldtimer wieder zum Leben erweckt wird.
Dieses Beispiel macht deutlich, dass eine konkrete Begriffsbestimmung dessen, was Abfall ist, nicht nur von theoretischer, sondern durchaus auch von erheblicher praktischer und wirtschaftlicher Bedeutung ist.
1.1 Abfälle
Abfälle sind nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss.
Die Begriffe des Entledigens und des Entledigungswillens (subjektiver Abfallbegriff) sowie der Entledigungsverpflichtung (objektiver Abfallbegriff) werden in den Absätzen 2 bis 4 der Vorschrift näher konkretisiert.
Entledigung
Eine Entledigung im Sinne der genannten Vorschrift liegt nach § 3 Abs. 2 KrWG vor, wenn der Abfallbesitzer Gegenstände oder Stoffe etwa der gemeindlichen Müllabfuhr überlässt, sie zu einem kommunalen Wertstoffhof verbringt oder in sonstiger Weise die tatsächliche Sachherrschaft über sie unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung aufgibt.
Entledigungswille
Einen Entledigungswillen nimmt der Gesetzgeber nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG dann an, wenn es sich um Stoffe oder Gegenstände handelt, deren Zweckbestimmung entfällt, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt. Als Korrektiv für eine nur behauptete Verwendungsabsicht des Abfallbesitzers verlangt der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang nach § 3 Abs. 3 Satz 2 KrWG, dass unter Berücksichtigung der allgemeinen Verkehrsanschauung zu beurteilen ist, ob es für die Stoffe oder Gegenstände überhaupt einen neuen Verwendungszweck gibt, der in einem überschaubaren Zeitraum verwirklicht werden kann.
Entledigungsverpflichtung
Eine Entledigungsverpflichtung begründet der Gesetzgeber in § 3 Abs. 4 KrWG schließlich für Gegenstände oder Stoffe, wenn diese nicht mehr entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung verwendet werden, sie eine Gefährdung für die Allgemeinheit und insbesondere die Umwelt darstellen und dieses Gefährdungspotenzial nur durch ihre ordnungsgemäße und schadlose Beseitigung ausgeschlossen werden kann (sog. "Zwangsabfall").
Autowracks
Autowracks sind nach Meinung der Gerichte dann Zwangsabfall, wenn sie keinen Gebrauchswert mehr haben, weil sie in ihrem gegenwärtigen Zustand als Ganzes nicht mehr verwertbar sind und auch nicht alsbald mit wirtschaftlich vernünftigem Aufwand wieder hergerichtet werden können, und weil sie wegen der Gefahr des Auslaufens von Betriebsflüssigkeiten wie Öl, Benzin, Brems-, Kühl- oder Batterieflüssigkeit eine Umweltgefährdung darstellen.
Diese Gefahr ist vor allem für Autowracks typisch, die jahrelang unter freiem Himmel ungeschützt der Witterung ausgesetzt und auf unbefestigtem Untergrund abgestellt sind. Hier kann sich das Umweltrisiko des Auslaufens von Ölen und anderen Betriebsflüssigkeiten infolge von Beschädigungen oder altersbedingter Korrosion jederzeit realisieren. Eine abfallrechtliche Beseitigungsverfügung kann daher bereits dann ergehen, wenn ein derart begründeter Anlass zur Besorgnis eines solchen Umweltrisikos besteht.
Nach Meinung der Gerichte ist in so einem Fall aber auch der subjektive Abfallbegriff nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG erfüllt. Denn es widerspricht der nach § 3 Abs. 3 Satz 2 KrWG maßgeblichen Verkehrsanschauung, ein Fahrzeug, das als Oldtimer erhalten werden soll, bis zum Ablauf der viele Jahre dauernden Frist unter freiem Himmel so lange abzustellen, bis diese Frist abgelaufen ist. Denn eine solche Vorgehensweise hat regelmäßig Substanzschäden etwa durch Korrosion zur Folge, die bei einer späteren erneuten Inbetriebnahme des Fahrzeugs nach der Verkehrsanschauung unwirtschaftliche Reparaturaufwendungen in erheblichem Umfang bis zur vollständigen Restaurierung erfordern.
1.2 Siedlungsabfälle
Als Siedlungsabfälle werden in § 3 Abs. 5a KrWG gemischt und getrennt gesammelte Abfälle aus privaten Haushaltungen (Nr. 1) oder anderen Herkunftsbereichen bezeichnet, wenn diese Abfälle auf Grund ihrer Beschaffenheit und Zusammensetzung mit Abfällen aus privaten Haushaltungen vergleichbar sind (Nr. 2).
Zu den gemischt und getrennt gesammelten Abfällen zählen Papier und Pappe, Glas, Metall, Kunststoff, Bioabfälle, Holz, Text...