Tenor

Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung der S-Straße in E vom 26.06.2022 zu den TOP 2b, 3a, 4a, 4b, 6a, 7, 8a 8b werden für ungültig erklärt.

Die Kästen des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Dieses Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Der Streitwert wird auf bis zu 30.000 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Miteigentümerin der beklagten WEG. Die Verwalterin lud mit Schreiben vom 11.06.2022 zur Eigentümerversammlung am 26.06.2022. Die Klägerin nahm an der Versammlung nicht teil.

Unter dem TOP 2b wurde ein Beschluss zur Jahresabrechnung 2021 gefasst. Unter dem TOP 3a wurde ein Beschluss zum Wirtschaftsplan 2022 gefasst. Unter dem TOP 4a wurde ein Beschluss zur Verwalterwahl ab dem 01.10.2022 gefasst. Unter dem TOP 4b wurde ein stellvertretender Verwalter gewählt. Unter dem TOP 6a wurde ein Beschluss zum Austausch der Wasseruhren in den Badezimmern gefasst. Unter dem TOP 7 wurde ein Beschluss zur Installation von Geländern an den Außentreppen gefasst. Unter dem Top 8a und 8b wurden die Personenzahlen in der Wohnung der Klägerin sowie „Putzprobleme” mit den Mietern der Wohnung der Klägerin erörtert.

Wegen der Einzelheiten der Beschlussfassungen und der Erörterungen in der Versammlung wird auf das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 26,06.2022 (BI. 62 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie zur Versammlung nicht rechtzeitig eingeladen worden sei. Die Klägerin ist darüber hinaus der Ansicht, dass die angefochtenen Beschlüssen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageschrift sowie die Klagebegründung Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 26.06.2022 zu den TOP 2b, 3a, 4a, 4b, 6a, 7, 8a 8b für ungültig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat zunächst nicht in der gesetzten Frist auf die Klage geantwortet. Zuletzt überreicht die Beklagte ein Schreiben der Verwalterin (BI. 149 ff. d.A.) und macht sich diesen Sachvortrag zu eigen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Verwalterin Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die protokollierten Erklärungen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die angefochtenen Beschlüsse sind aufgrund der rechtzeitig erhobenen Anfechtungsklage zumindest für ungültig zu erklären.

Vorliegend wurde die Einladungsfrist zur Eigentümerversartimlung nicht eingehalten. Die Frist der Einberufung soll, sofern nicht ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt, mindestens drei Wochen betragen, § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG. Die angegriffenen Beschlüsse sind bei objektiver Betrachtung nicht so dringlich, dass eine Fristunterschreitung gerechtfertigt wäre. Weder der anstehende Verkauf einer Wohnung führt zur Dringlichkeit, noch die anstehenden Sommerferien. Der Sommerferientermin ist grundsätzlich länger bekannt, so dass eine Einladung kurz vor den Sommerferien nicht unter Hinweis auf die Ferien verkürzt werden kann. Insoweit wäre eine langfristige vorherige Planung möglich gewesen.

Soweit die Verwalterin zur Kausalität lediglich ausführt, dass die Mehrheit der bei der Eigentümerversammlung anwesenden oder per Vollmacht mitstimmenden Eigentümer für die Beschlüsse gestimmt habe und somit die Stimme der nicht anwesenden Klägerin keine verhindernde Wirkung auf die Mehrheitsverhältnisse gehabt habe, genügt dieser Vortrag nicht.

Ein Einberufungsmangel führt nach der Rechtsprechung nicht zur Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen, wenn bewiesen wird, dass er ohne den Einberufungsmangel ebenso gefasst worden wäre. Diese Feststellung lässt sich nicht allein darauf stützen, dass die Eigentümerbeschlüsse von einer bestimmten Mehrheit getragen worden sind und dieselbe Mehrheit die Eigentümerbeschlüsse in einer Wiederholungsversammlung erneut gefasst hätte. Es reicht auch nicht aus, dass die Wohnungseigentümer, die die Beschlussmehrheit getragen haben, sich dahin erklären, sie hätten auch bei einer ordnungsgemäßen Einberufung und in Kenntnis der mit der Anfechtungsklage gegen die Entscheidung vorgebrachten Argumente damals nicht anders abgestimmt hätten, denn diese Erklärung könnte nicht auszuschließend durch erst nachträglich eingetretene Umstände oder gar das Interesse am Ausgang des Verfahrens bedingt sein. Vielmehr muss klar zutage liegen, dass der Eigentümerbeschluss auch bei ordnungsgemäßer Einberufung und Durchführung der Versammlung gleichfalls zustande gekommen wäre, also die Möglichkeit, dass der durch den Mangel betroffene Wohnungseigentümer das Beschlussergebnis hätte beeinflussen können muss bei vernünftiger Betrachtung unter keinen Umständen in Betracht kommen, nicht nur bloß unwahrscheinlich sein. Diese Unwahrscheinlichkeit einer Beeinflussung des Abstimmungsergebnisses k...

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