Leitsatz (amtlich)

Zur Schadensersatzpflicht des Reiseveranstalters bei unterlassener Information über Überbuchung vor Reiseantritt

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 679,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.06.2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites tragen der Kläger zu 72 % und die Beklagte zu 28 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, soweit nicht die jeweils andere Seite zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe geleistet hat.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte, eine Reiseveranstalterin, auf Schadenersatz, hilfsweise auf Reisepreisminderung, in Anspruch.

Der Kläger buchte im November 2009 bei der Beklagten für sich, seine Ehefrau und ein seinerzeit 12 jähriges Kind eine Reise in die Türkei in das Hotel SE/ Antalya in der Zeit vom 15.10.2010 bis 25.10.2010. Der Gesamtreisepreis belief sich auf 2.442,00 Euro. es war geplant den Urlaub gemeinsam mit Bekannten im selben Hotel zu verbringen. Der Kläger trat die Reise an. Vor Ort wurde dem Kläger mitgeteilt, dass das Hotel SE überbucht sei. Der Kläger wurde in dem Hotel P untergebracht. Das Zimmer war bereits am 14.10.2010 für den Kläger gebucht worden. Die Bekannten erhielten ihre Zimmer im Hotel SE. Die Unterbringung in dem Hotel P unterschied sich von der Unterbringung in dem Hotel SE, dass der Kläger kein ultra-inclusive erhielt, das Zimmer sehr klein war, ein direkter Meerblick fehlte, die Minibar nur mit Wasser gefüllt war, für Handtücher Kaution hinterlegt werden musste, Safe und Säfte bezahlt werden mussten und Luna- bzw. Aquapark fehlte. Der Kläger rügte die abweichende Unterbringung am 16.10.2010 bei der Reiseleitung. Dem Kläger wurden drei alternative Unterbringungen ab dem 18.10.2010 in den Hotels L Beach, BCN und BC Resort angeboten, die er ablehnte. Nach Reiseende machte der Kläger mit Schreiben vom 28.10.2010 Ansprüche geltend. Die Beklagte übersandte dem Kläger zwei Verrechnungsschecks in Höhe von jeweils 175,00 Euro, von dem der Kläger einen zurücksandte und einen behalten, aber nicht eingelöst hat.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagte den Kläger aus dem Gesichtspunkt einer Informationspflichtverletzung zum Schadenersatz gemäss § 651 f Abs. 1 BGB verpflichtet sei, hilfsweise sei der Reisepreis gemäss § 651 d Abs. 1 BGB zu mindern. Dazu behauptet er, dass die Beklagte bereits vor seinem Reiseantritt Kenntnis von der Überbuchung gehabt habe. Bei der Ankunft im Hotel SE habe ihm der Hotelmanager mitgeteilt, dass die Beklagte das Hotel ausgebucht habe. Der Kläger behauptet weiter, dass er die Reise wäre er über die Überbuchung informiert worden, nicht angetreten hätte. Er habe nach Kenntnis von der Umbuchung zurückfliegen wollen, es habe aber keine Rückflugmöglichkeit gegeben. Der Kläger ist der Ansicht, dass der gesamte Reisepreis zurückzuzahlen sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.442,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.06.2011 zzgl. vorgerichtlicher Mahnkosten in Höhe von 148,33 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, dass sich erst einen Tag vor Anreise des Klägers herausgestellt habe, dass möglicherweise das Hotel SE überbucht sei. Die Buchung des Zimmers im Hotel P sei daher am 14.10.2010 lediglich vorsorglich vorgenommen worden.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäss Beweisbeschluss vom 10.10.2011 (Bl. 56 f. d.A.) durch schriftliche Vernehmung der Zeugen U und H. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Aussagen Bl. 66/67/71/72 d.A. verwiesen.

Es wird weiter Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere die eingereichten Katalogbeschreibungen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadenersatz gemäss § 651 f Abs. 1 BGB in Höhe von 648,50 Euro zu. Weitere Ansprüche bestehen nicht.

I.

Die Reise des Klägers war mit einem von der Beklagten zu verantwortenden Reisemangel gemäss § 651 c BGB dergestalt behaftet, dass die Beklagte ihre dem Kläger gegenüber bestehende Informationspflichten verletzte, indem sie ihn nicht vor Reiseantritt von der Überbuchung des Hotel SE in Kenntnis setzte.

Ein Reisemangel nach § 651 c BGB liegt nach gefestigter Rechtsprechung auch dann vor, wenn Informationspflichten verletzt werden. Der Reiseveranstalter schuldet dem Reisenden nicht nur eine ordnungsgemässe Erbringung der geschuldeten Reiseleistungen sondern auch die Beseitigung von Hindernissen, die dem im Wege stehen und bei deren Fortbestand eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise zu befürchten ist. Ist dem Veranstalter eine Beseitigung von Hindernissen nicht möglich, darf der Reisende darauf vertrauen, dass ihm der ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge