Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung für Dachlawinen
Leitsatz (amtlich)
Pflicht des Hauseigentümers bei bekannter Eis- und Schneelage Maßnahmen zum Schutz gegen Dachlawinen zu treffen. Mittverschulden des Fahrzeugeigentümers bei erkennbarer Gefahrenlage
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.291,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.02.2010 sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 169,99 € zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten Ansprüche aus der streitigen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht. Die Beklagte ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft für das Haus auf dem Grundstück E T2 in #### C. Der Kläger ist Mieter einer im Dachgeschoss dieses Hauses gelegenen Wohnung, die ihm durch den Eigentümer dieser Wohnung, Herrn T, vermietet wird. Mitvermietet ist dem Kläger ein Einstellplatz für ein Kfz unmittelbar vor dem Haus links neben dem Eingangsbereich unterhalb des Traufbereiches des Daches liegend.
In der Nacht vom 05. auf den 06.02.2010 löste sich vom Dach des Hauses oberhalb des Einstellplatzes des Klägers eine nicht näher bekannte Menge von Schnee und Eis, die auf die darunter stehenden, geparkten Fahrzeuge, insbesondere auf das klägerische Fahrzeug fiel. Das klägerische Fahrzeug wurde hierdurch beschädigt (vgl. Lichtbildaufnahme auf Seite 4, Schriftsatz des Klägers vom 01.04.2010). Unstreitig ist, dass keinerlei Maßnahmen zur Entfernung der auf dem Dach liegenden Schnee- und Eismengen seitens der Beklagten ergriffen wurden.
Der Kläger ließ den Schaden durch einen Sachverständigen, den Sachverständigen T3, am 10.03.2010 begutachten. Herr T3 bezifferte den Schaden für Reparaturkosten in Höhe von 2.097,55 € netto. Das klägerische Fahrzeug wurde durch den Schnee und durch das Eis im vorderen Bereich in Höhe der Motorhaube und der Kotflügel beschädigt. Der Sachverständige rechnete gegenüber dem Kläger für seine Tätigkeit 485,00 € brutto ab. Der Kläger ist nicht vorsteuerabzugsberechtigt.
Die Gebäudehaftpflichtversicherung der Beklagten lehnte auf eine Zahlungsinanspruchnahme seitens des Prozessbevollmächtigten des Klägers eine Einstandspflicht ab.
Der Kläger beantragt,
die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger 2.582,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.02.2010 sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 169,99 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, sie habe ihre Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt. An dem fraglichen Tage habe sich nur wenig Schnee auf dem Dach des fraglichen Hauses, allenfalls in Höhe von wenigen Zentimetern befunden. Selbst wenn die Schneedecke anscheinend angetaut und dann wieder gefroren sei und sich hierdurch einige Schnee- und Eisplatten gebildet hätten, so sei diese Gefahrenquelle für die Beklagten nicht zu erkennen gewesen. Deshalb habe auch keine Verpflichtung bestanden, insbesondere Schneefanggitter zu installieren.
Auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen, insbesondere auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2010 wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der klägerischen Partei steht der titulierte Zahlungsanspruch in Höhe von 1.291,28 € sowie die titulierten Zinsen als auch angefallene Rechtsanwaltskosten in Höhe der geltend gemachten Summe zu. Im Übrigen war die Klage als unbegründet abzuweisen.
I.
Der klägerische Anspruch auf Zahlung von 1.291,28 € ergibt sich aus § 823 BGB. Der Beklagten ist vorzuhalten, dass sie eine Verkehrssicherungspflicht, die sie zu wahren hatte, pflichtwidrig verletzt hat.
1.
Als Hauseigentümerin besteht für die Beklagte hier die Verkehrssicherungspflicht, dass von dem Hausdach des Hauses keine Schnee- oder Eismassen auf unter dem Haus stehende Fahrzeuge herunterfallen, insbesondere wenn für diese Kraftfahrzeuge ein entsprechender Einstellplatz vorgesehen ist.
a)
Selbst wenn hier ein Schneefanggitter für das Dach des Hauses baupolizeilich nicht vorgeschrieben sein sollte und im Hinblick auf eine etwaige Schneearmut in der Region auch nicht ortsüblich sein könnte (vgl. hierzu z. B. OLG Zweibrücken, Urteil vom 09.07.1999, Aktenzeichen 1·U 181/98), so eröffnete die hiesige Wettersituation in dem fraglichen Zeitraum jedoch eine Verkehrssicherungspflicht zu Lasten der Beklagten. Denn es ist gerichtsbekannt, dass zum damaligen Zeitpunkt derartige Schneeverhältnisse geherrscht haben, die - einhergehend mit einem Wetterwechsel - zur Folge hatten, dass die Hauseigentümer auf eine Befreiung der Hausdächer von Schnee- und Eismassen zur Vermeidung von abtaubedingten Abstürzen auf den etwaigen Gehweg oder - wie hier auf Parkplätze - derselbigen zu achten hatten. Die durchaus außergewöhnliche Wettersituation zum Jahreswechsel bzw. bis in das Frühjahr 2010 hinein hat es hier erforderlich gemacht, eine erh...